Die Herstellung der Rakuware
Der Ton
Zu Chojiro's Zeiten wurde ein gelbliches, leicht eisenhaltiger Ton verwendet, so dass der Scherben nicht rein weiß war. Heute wird allerdings der traditionelle Ton aus Kyôto verwendet.
In Kyôto wird eine weiße Tonerde gefunden, aus der die traditionelle Kyôto-Ware, also jetzt auch die Raku-Keramik hergestellt wird. Es gibt verschiedene Lagerstätten von weißem Ton in Kyôto. Für die Rakuware wird vornehmlich ein leicht sandiger Ton verwendet, der sich sehr gut für das Formen von Hand eignet. Die anderen Tonsorten aus Kyôto sind sehr fein und eignen sich besser für die eleganten, sehr fein auf der Scheibe gedrehten und mit prächtigen Malereien verzierten Schalen im höfischen Kyôtostil. Der sandige Ton der Rakuware entspricht eher dem Wabi - Ideal Rikyus - er lässt sich nicht so elegant zu dünnwandigen Schalen verarbeiten.
Der Ton wird vorbereitet und in Tongruben eingelagert, wo er über mehrere Generationen reift. Der Ton, den Kichizaemon XIV verwendet, wurde von seinem Urgroßvater Konyû XII (1857 - 1932) vor etwa 90 Jahren eingelagert.
Kichizaemon lagert heute wieder soviel frischen Ton ein, wie er von dem alten und gereiften verwendet. Damit werden seine Urenkel über einen gut gereiften Ton verfügen können.
Durch die lange Lagerzeit, in der organische Substanzen in den Ton geraten und dort vermodern, wird der Ton sehr geschmeidig und leicht formbar, bleibt aber trotzdem sehr standfest. Außerdem wird der Ton beim Brennen angenehm leicht, weil die organischen Bestandteile der Tonerde herausbrennen. Dadurch liegen die Schalen sehr leicht und gut in der Hand.
Das Formen der Schalen
Zur Zeit Shojiro's war die Töpferscheibe allgemein in Japan verbreitet. Dennoch entschied er sich in Zusammenarbeit mit Rikyû, die Schalen von Hand, ohne Verwendung der Töpferscheibe zu formen.
Es ist vermutet worden, dass Shojiro als Hersteller von Ziegeln für den Palast von Hidêjoshi nicht über die Drehscheibe verfügte. In der Rakufamilie ist ein von Shôjiro geformter Abschlussziegel in der Gestalt eines Shishi erhalten. Dieser Ziegel zeigt eine herausragende bildhauerische Begabung. Vielleicht war diese Begabung auch der Grund, warum Rikyû gerade diesen Keramiker wählte, um seine Idee der Teeschale zu verwirklichen. Er wollte keine auf der Scheibe geformte Schale, sondern eine, die wie eine Skulptur geformt war.
Aufbaukeramik
Es gibt seit der Urzeit der Keramik verschiedene Techniken, Gefäße zu formen. Eine der ältesten ist die Aufbaukeramik. Hier werden Bänder aus Tonerde auf die Oberkante aufgesetzt, mit der bisher geformten Wand verbunden, indem man mit den Fingern den Ton ineinander arbeitet und anschließend die Oberfläche glättet. Anschließend wird mit einem Werkzeug der Ton glatt und dünner geschlagen, wobei auf der Gegenseite mit einem anderen Werkzeug gegengehalten wird. Auf diese Weise konnten schon sehr früh außerordentlich dünnwandige Gefäße hergestellt werden. Viele der sehr hochgeschätzte Stücke aus Südostasien sind auf diese Weise entstanden.
Die Keramiker in Kreta stellen noch heute ihre riesigen Tonkrüge in dieser Technik ohne Drehscheibe her. Der Töpfer hält den schweren, dicken Tonwulst von einigen Metern Länge im Arm und geht, von einem Helfer unterstützt, der den Tonwulst trägt, rückwärts um den Krug. Dabei drückt er mit den Fingern den Ton in die bereits vorhandene Wand ein und verbindet den neuen Ton auf diese Weise. Die Fingerspuren werden häufig als Dekorationselement im Ton stehen gelassen.
Tebineri
Eine andere Art, vor allem kleinere Gefäße zu formen, ist die Technik des Tebineri. Ein Tonklumpen wird mit dem Daumen von innen her aufgebrochen und der Ton allmählich immer weiter nach außen und oben getrieben. Bei dieser Technik werden vor allem die Finger verwendet, mit denen der Ton von innen nach außen getrieben wird. Die zweite Hand hält gegen den Druck der Finger die Außenseite. Durch Schlagen, schneiden oder Streichen erhält das Gefäß die endgültige Form.
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Der Tonklumpen wird mit dem Daumen aufgebrochen |
Die Schale wird geformt |
Die Raku-Technik
Shojiro hat eine völlig eigenständige Technik zur Formung entwickelt. Ein Tonklumpen wird auf einer runden Holzscheibe in die gewünschte Dicke gedrückt.
Der Durchmesser der Holzscheibe ist schon ein ungefähres Maß für die Größe der entstehenden Teeschale.
Allmählich wird der flache Ton von außen her nach oben gebogen. Beide Hände umschließen den Ton und formen die grobe Form der Teeschale. Nach einer Trocknungsphase wird die Schale mit einem Bildhauer-Werkzeug (Messer und Drahtschlinge) in die endgültige Form gebracht, indem überschüssiges Material weggeschnitten wird.
Man kann deutlich erkennen, das, anders als bei der Tebineri-Technik der Ton von Außen nach Innen geformt wird. Dabei wird der Ton nicht nur mit dem Daumen bearbeitet. Beide Hände halten den Ton, ähnlich wie beide Hände später beim Trinken die Schale halten werden. Hierdurch entsteht eine innige Beziehung zum Ton, der die Empfindungen beim Trinken vorwegnimmt. Der Keramiker spürt schon im Entstehungsprozess, wie die Schale später in der Hand liegen wird. Schon beim Formen ist die innige Beziehung zwischen Gast und Gastgeber beim Teilen einer Schale Tee vorweggenommen.
Das grobe Formen der Schale mit beiden Händen spürt der Empfindung beim Trinken nach und ist ein sehr spontaner Vorgang. Wie ein nachgeschalteter rationaler Prozess wird die Feinform dann aus dem fester gewordenen Ton herausgeschnitten. Die gelungene Rakuschale vereint in sich die Spontaneität der Empfindung und die rationale Kontrolle des bewussten Gestaltens. Sie vereinigt diese beiden Elemente in sich, so wie es dem gesamten Teeweg entspricht.
Farben und Glasuren
Die älteren Rakuschalen sind komplett mit einer Farbschicht überzogen, so dass der weiße Scherben nirgendwo zu sehen ist. Damit unterscheidet sich die Raku - Schale von der in Japan üblichen Schale, bei der man meistens mindestens den Fuß frei lässt, damit man beim Betrachten der Schale noch die Erde erkennen kann, aus der die Schale geformt wurde. Häufig ist gerade diese Erde ein Merkmal für die Herkunft der Keramik. Anders als im heut industriell vorbereiteten Ton kann man an den Verunreinigungen und Beimengungen die Herkunft des Tones erkennen. Bei den Rakuschalen wird erst bei Kakunyo der Scherben sichtbar. Kakunyo lässt aber nicht nur den Fuß der Schale frei. Er verwendet die von Farbe und Glasur ausgesparten Stellen als dekoratives Element. Dies stellt in der gesamten Japanischen Keramik eine Neuerung dar.
Rotes Raku
Die Farbe der roten Rakuschalen entsteht aus einer dünnen Schlickerschicht, mit der die gesamte Schale überzogen wurde. Der Schlicker ist nichts anderes als ein stark mit Wasser verdünnter, farbig brennender eisenhaltiger Ton. Diese Schlickerschicht wird wiederum mit einer farblosen Transparentglasur überzogen, die wegen ihres relativ hohen Alkali-Gehaltes Craqeliert. An den Stellen, wo die Glasur dicker aufliegt, bekommt sie einen leicht milchigen Glanz.
Die farblose Glasur wird aus Quarzit und Feldspat gemischt. Dies ist die einfachste Form einer Glasur, die allerdings recht hohe Brenntemperaturen verlangt, damit sie ausschmilzt. Bei diesen hohen Temperaturen würde aber der Schlicker zu einem dunklen Rostrot brennen. Darum wird der Glasur eine geeignete, leicht alkalische Fritte zugesetzt. (Fritte ist eine gemahlene fertige Glasur).
Die Lebendigkeit in der Farbe entspringt einerseits den nicht chemisch reinen Erden, die als Schlicker verwendet wurden. Andrerseits gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie eine größere Lebendigkeit erzeugt werden kann. Eine der wesentlichsten Elemente ist die Feuerführung beim Brennen.
Die Kawasaki - Familie, die ebenfalls Teeschalen im Rakustil herstellt, hat einige ihrer - früher geheimen - Verfahrensweisen erläutert.
- Die fertig geformte und getrocknete Schale wird leicht geschrüht, d.h. sie wird bei relativ niedriger Temperatur soweit gebrannt, dass sie nicht mehr wasserlöslich ist.
- Die geschrühte Schale wird mit einem rot brennenden Schlicker überzogen. Reiner Schlicker würde bei Trocknen und Brennen wieder vom Scherben abplatzen. Deshalb wird der Engobe (dem Schlicker) eine dünne Glasur zugesetzt.
- Die engobierte Schale wird erneut gebrannt, so dass die rote Glasur-Engobe am Scherben einbrennt.
- Diese jetzt rote Schale wird in ein heftig brennendes Holzkohlenfeuer gegeben. Hier nimmt die rote Engobe Kohlenstoff aus der Holzkohle auf, sodass sich die Schale mehr oder weniger dunkel färbt.
- Die nun teilweise schwarze Schale wird mit Glasur überzogen und anschließend gebrannt, indem die Schale in den glühenden Ofen gegeben wird. Dabei brennt der Kohlenstoff teilweise wieder heraus. Wenn die Glasur schmilzt, was man erkennen kann, wenn die Schale im Feuer zu glänzen beginnt, wird die Schale aus dem Ofen genommen und in kaltem Wasser abgekühlt. Andernfalls würde der Kohlenstoff noch weiter aus der roten Engobeschicht herausbrennen. Übrig bleibt eine rote Schale mit schwärzlich - blauen Schatten.
Schwarzes Raku
Der Hauptbestandteil in der schwarzen Rakuglasur bestand früher aus Gesteinsmehl, das aus der schwarzen Kieselsteinen im Kamo-Fluss hergestellt wurde.
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Kamogawa-Ishi Kieselstein aus dem Kamo-Fluß |
Damit die Schmelztemperatur entsprechend niedrig eingestellt werden kann, wurde dem Gesteinsmehl eine Fritte zugesetzt.
Früher hat man hierzu eine Bleifritte verwendet, die den Vorteil hat, dass sie gleichmäßig und glatt fließt. Weil bei einer bestimmungsgemäßen Verwendung als Teeschale die Glasur nie mit säurehaltigen Substanzen in Berührung kommt, besteht auch keine Gefahr, dass das Blei aus der Glasur herausgelöst wird. Tee ist alkalisch und löst kein Blei aus der Glasur.
Das stark eisen- und manganhaltigen Gesteinsmehl des Kamogawaishi wird beim reduzierenden Brand schwarz. Damit das Eisen -zwei-Oxyd beim langsamen Abkühlen nicht wieder zuviel Sauerstoff aufnimmt und zu Eisen-Drei-Oxyd umschlägt - dies würde die schwarze Farbe wieder umschlagen lassen in ein schmutziges Rostbraun - wird die glühende Schale aus dem Ofen herausgenommen uns sturzgekühlt. Wenn die Glasur erstarrt ist, nimmt das Eisen keinen Sauerstoff aus der Luft mehr auf und die Farbe der Glasur bleibt schwarz. Kichizaemon gibt für die Zusammensetzung der schwarzen Kamo-Ishi folgende chemische Analyse.
Kamogawa Ishi Analyse:
SiO² |
TiO² |
Al²O³ |
Fe²O³ |
MnO |
CaO |
MgO |
K²O |
Na²O |
47,88 |
2,33 |
14,12 |
14,80 |
0,52 |
7,08 |
4,12 |
1,34 |
3,92 |
Das Brennen
Im Westen herrscht die Meinung, Rakuware sei grundsätzlich bei niedriger Temperatur gebrannt. Das ist für die Ware der Raku-Famile nur bedingt richtig. Im Ofen für die schwarze Ware herrscht eine Temperatur von 1200 Grad. Das ist durchaus eine sehr hohe Temperatur. "Normale" Keramik wird bei 1000 bis 1100 Grad gebrannt. Nur die Temperaturen im Holzofen liegen bei 1200 Grad und höher, weil im Holzofen die Glasur durch anfliegende Asche entsteht. Asche braucht aber zum Schmelzen diese hohen Temperaturen. Aber Ein Holzofen erreicht nur sehr langsam die erforderliche Temperatur, die dann über eine sehr lange Zeit gehalten wird. Auch der Abkühlungsprozess zieht sich über viele Tage hin.
Im Gegensatz dazu wird die Rakuware bei voller Temperatur in den glühenden Ofen eingesetzt. Sie bleibt nur so lange im Ofen, bis die niedrig schmelzende Glasur flüssig wird. Dann wird die Ware mit langen Zangen aus dem glühenden Ofen herausgenommen und sturzgekühlt.
Diese heftigen Temperaturschocks hält nur eine besondere Keramik aus, normaler Ton würde bei derartigen Spannungen zerspringen. Der sandige weiße Rakuscherben ist ideal für diesen Prozess geeignet. Rakukeramik ist also durchaus hohen Temperaturen ausgesetzt. Sie wird aber nicht bis zum völligen durchsintern im Ofen gelassen, sondern sofort wieder herausgenommen und abgekühlt. Dadurch erhält sie die Charakteristik und Weichheit von niedrig gebrannter Ware.
Der Brennofen für rote Rakuware.
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Brennofen für rote Rakuware |
Rote Rakuware wird nicht bei so hohen Temperaturen in den Ofen eingesetzt wie schwarzes Raku. Die Temperatur im Ofen beträgt ungefähr 1000 Grad.
Die Öfen sind sehr klein. In die innere Muffel des Ofens passen maximal zwei Teile. Dagegen sind die Anagama, die großen, am Hügel aufsteigenden Holzbrennöfen so groß, dass sie begehbar sind und eine Jahresproduktion aufnehmen können. Der Brennvorgang im Rakuofen ist also immer ein individueller Vorgang für ein bis zwei Stücke.
Die Außenform des Ofens ist feuerfest gemauert. Im Inneren sitz eine feuerfeste Muffel, die mit einem Deckel mit Sichtloch abgedeckt ist. Der Ofen wird mit Holzkohle aus Hartholz auf 100 Grad vorgeheizt und dann die zu brennende Ware eingesetzt. Das brennen erfolgt überwiegend bei oxydierender Atmosphäre, wodurch die Farbe des eisenhaltigen Schlickers rot wird. Aber die Gase der Holzkohle ergeben eine mehr oder weniger reduzierende Atmosphäre, d.h. im Ofen ist für die Flamme zu wenig Sauerstoff vorhanden. Dadurch ist die Flamme gezwungen, sich den benötigten Sauerstoff aus dem Eisen-Drei-Oxyd der Engobe zu holen, wodurch das Eisen zu Eisen-Zwei-Oxyd reduziert. Die Farbe von Eisen-Zwei-Oxyd ist schwarz. Durch diesen überwiegend oxidierenden, manchmal aber auch in die Reduktion überschlagenden Brand entseht ein reiches Spiel der Rot-Töne, die bis ins blau-schwarze spielen kann. Dieses Spiel kann teilweise durch Sauerstoff Zufuhr bzw. Verringerung gesteuert werden. Aber letztendlich ist das Endergebnis des Brandes mehr oder weniger ein gesteuerter Zufall.
Brennofen für schwarze Raku-Ware
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Brennofen für schwarze Rakuware |
Die Temperatur für schwarze Ware liegt bei 1200 Grad. Die Außenwandung ist deshalb dicker als beim Ofen für die rote Ware, um den Kern besser zu isolieren. Der Ofen ist rings um die Muffel mit dem Brenngut völlig mit Holzkohle aus Eichenholz gefüllt, mit der man sehr hohe Temperaturen erzeugen kenn. Zusätzlich gibt es ein starkes Gebläse, das die Holzkohle stark zum Glühen bringt, um so sehr schnell die erforderlichen hohen Temperaturen erreichen zu können. Der Innendurchmesser der Muffel, in die das Brenngut eingesetzt wird, beträgt lediglich ca. 25 cm, ist also gerade groß genug für ein einziges Stück. Je nach Luftzufuhr, die durch das Gebläse geregelt werden kann, wird eine oxidierende oder eine reduzierende Atmosphäre im Ofen erzeugt. Das Stück wird in den bereits glühenden Ofen eingesetzt und wieder in dem Augenblick aus dem Ofen herausgenommen, wo die Glasur flüssig geworden ist. Eine Temperaturkontrolle ist dabei also nicht nötig, weil der Keramiker am Glanz des Brenngutes erkennen kann, wann die Glasur geschmolzen ist. Bei einem echten Raku-Stück kann man als Gütezeichen die Abdrücke der Zange erkennen, die entstehen, wenn die Ware bei flüssiger Glasur mit der Zange aus dem Ofen genommen wird.
Anders als heute im Westen üblich, wird das Stück nicht in Sägespänen, Laub oder altes Maschinenöl getaucht, um eine Nachreduktion zu erreichen. Allerdings ist bei einem Reduktionsbrand eine Sturzkühlung erforderlich, um die Nachoxydation in der Luft während der Abkühlung zu verhindern.
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