BENTEN-SAN

 

Benten, die einzige weibliche Gestalt unter den sieben Glücksgöttern Japans, eng verwandt mit der indischen Sarasvati, Gattin des Brahma, Tochter des Nâgarâjâ, des Schlangen- oder Drachenkönigs.

 

Benten San von Sylvia Bittmann,
Kanazawa, Japan

BENTEN und SARASVATI

Sarasvati war mit ihren mondförmigen Augenbrauen wunderschön und Brahma verliebte sich in sie, aber Sarasvati entzog sich wie ein Drache in den Himmel. Daher ließ sich Brahma einen fünften Kopf wachsen, mit dem er zum Himmel schaute, damit er sie besser sehen konnte. Er zeugte mit ihr das Geschlecht der Menschen.
Brahmas fünfter Kopf wurde später von Shiva abgeschlagen, damit er sich wieder den Dingen der Welt in den vier Himmelsrichtungen zuwenden konnte.

Die NÂGAS und das Wasser

Als Tochter des Nâgarâjâ hat Sarasvati eine enge Verbindung zum Wasser, denn die Nâgas, die Schlangen oder Drachen, sind Wassertiere.

Auch in China lebten die Schlangen an den Flussläufen, die selbst wie Schlangen sind. Sie liebten ganz besonders Musik und Theater. Deshalb mussten regelmäßig Theateraufführungen an den Flüssen stattfinden, um die Schlangen günstig zu stimmen.

Der Shishi, der regelmäßig in Japan seinen Tänze (Shishimai) aufführt, war ursprünglich wohl mit Nâgarâjâ identisch. Auf seiner langen Wanderung nach China wurde er zum Drachen und dann in Japan zum "Löwen" mit Schlangenleib. Er schützt als Wassertier vor dem Feuer und bringt gerade die richtige Menge Regen, um den Feldern die Fruchtbarkeit zu geben.

MUSIK und GELEHRSAMKEIT

Sarasvati wurde in Indien als Tochter des Nâgarâjâ ursprünglich mit dem legendären Fluss Sarasvati gleichgesetzt, dessen ständiges Fließen wie Gesang und Musik klingt. Darum spielt Sarasvati - wie Benten - auch die Biwa und ist Schutzgöttin der Musik, des Gesangs und der Gelehrsamkeit, weil diese wie der Gesang ohne die Sprache nicht möglich ist.

UGA-JIN: die weiße Schlange

Am Biwa-See wurde Benten mit Uga-jinverbunden, einem shintoistischen Kami in Gestalt eines alten Mann mit dem Körper einer weißen Schlange, einem bärtigen Kopf und weißen Augenbrauen. Darum trägt sie häufig als Kopfschmuck einen Torii, unter dem zusammengerollt Uga-jin liegt, dessen Greisenhaupt eine Krone trägt.

Der Biwasee, auf dessen Grund Benten im Drachenpalast wohnt, ist auf mythische Weise mit dem "heiligen" Fuji-San verbunden. Wahrend eines fürchterlichen Erdbebens verschwanden alle Berge und Hügel innerhalb einer Nacht und ein riesiges Loch blieb zurück, das sich mit Wasser füllte - der Biwa-See. Am nächsten Morgen sahen die Menschen zu ihrem Erstaunen, dass sich ein neuer Berg aufgetürmt hatte - der Fuji-San. Unterirdische Gänge sollen noch heute auf geheimnisvolle Weise die Benten-Höhle auf Enoshima mit dem Fuji verbinden, sodaß Benten auch eine enge Beziehung zu der weiblichen Gestalt hat, die auf der Spitze des Fuji wohnt.

Die weiße Schlange Hakuja, auch Ryû-ja Sama genannt, ist die Botin aus dem Drachenpalast, die vom Drachenkönig nach Izumo geschickt wird, um das Kommen der Kami im Kamiari-tsuki anzukündigen, dem Monat, in dem sich alle Kami Japans in Izumo versammeln.

ENOSHIMA und die weiße Schlange

In Kamakura ist die Insel Enoshima unter Mitwirkung von Benten aus dem Meer aufgetaucht. Dort wird Benten in einer tiefen Grotte verehrt,die die Form eines Drachen hat (sie schlängelt sich, wird nach hinten zu immer enger und hat zwei Seitengrotten wie die ausgebreiteten Flügel des Drachen). Dort hatte ursprünglich eine fürchterliche fünfköpfige weiße Schlange oder auch ein weißer Drache gehaust, die regelmäßig die Menschen der Gegend verschlangen. Schließlich versprach Benten dieser Schlange, die in Wirklichkeit der Drachenkönig war, sie zu heiraten, wenn sie die Menschen unbehelligt lassen würde. Seit jener Zeit ist Ruhe eingekehrt, und Benten wird in der Drachenhöhle als Fruchtbarkeit bringende Göttin verehrt.

BENTEN und die Nahrung

Unter dem alten Namen "Toyo uke hime no kami" - die "Erste und Beliebteste unter den Kami" - ist sie die "Uke mochi no kami", die "Nahrung besitzende Kami" (uke= Nahrung, mochi = besitzen). Diese bringt den Menschen die fünf Getreide
Kome = Reis,
Mugi = Weizen,
Awa = Hirse,
Kibi = Moorhirse,
Goma = Sesam und
Mame = Bohnen,
die den fünf Elementen (und den fünf Köpfen ihres Gatten?) entsprechen.
Außerdem sendet sie wie der Mond den fruchtbaren Morgen- und Abend- Tau, das Lebenswasser.

Der Name

"Ben-" ist das Stammwort für Beredsamkeit, sprechen, reden
"Ten-" ist einerseits das japanische Wort für Himmel, andererseits das Ersatzwort für Sanskrit "Dewa", Gott, Göttin.

Der andere Name Benzai-ten geht nach einer Deutung auf das Etymon "zai" = Reichtum, Vermögen, Geld, Begabung, Fähigkeit zurück.
Darum bringt die "Goldglänzende Geberin" überreiche Gaben, nicht nur Nahrung, Geld und Reichtum, sondern auch Anmut, künstlerischen Sinn, Musikalität, Wissen und Einsicht.

Benten oder Ben-zai-ten: eine wunderbare Botin aus Japan im Jahr 2001, dem Jahr der Schlange!