Der chinesisch-japanische Kalender
Es gibt die unterschiedlichsten Zählsysteme auf der Welt, aber eines der kompliziertesten ist das System des chinesischen Kalenders.
Es kombiniert eine duales- und ein Fünfer- mit einem Zwölfersystem. Das im Westen bekannteste System ist das Zwölfersystem des chinesischen Tierkreises, nach dem die Jahre, aber auch die Stunden des Tages und die Monate gezählt wurden. Ursprünglich erfolgte die Zählung nach einem eigenen Zählsystem für Ordinalzahlen, das die Rangfolge zählt:
ko: Erstes-,
otsu: Zweites-,
hei: Drittes- Jahr usw.
Um sich die Jahre leichter merken zu können, wurden sie mit den 12 Tieren verknüpft:
ne: Ratte,
ushi: Rind,
tora: Tiger usw.
Nach der Legende sollte das Rind das System als erstes Tier anführen, bei der Auswahl setzte sich aber die schlaue Ratte auf den Rücken des Rindes und sprang bei der Zählung schnell auf den ersten Platz. Daher steht sie nun an erster Stelle des Tierkreises.
DER ZWÖLFERZYKLUS "JÛNISHI"
Tiere |
1 Ratte | 2 Rind | 3 Tiger | 4 Hase | 5 Drache | 6 Schlange | 7 Pferd | 8 Schaf |
9 Affe | 10 Hahn | 11 Hund | 12 Eber |
Stunde / Uhrzeit |
4 24:00 | 5 2:00 | 6 4:00 | 7 6:00 |
8 8:00 | 9 10:00 | 10 12:00 | 11 14:00 |
12 16:00 | 1 18:00 | 2 20:00 | 3 22:00 |
Himmelsrichtungen |
Norden | NNO | NO | Osten | OOS |
OS | Süden | SSO | SO | Westen |
NW | NNW |
Die zwölf Tiere werden nun der Reihe nach mit den fünf Metallen verbunden, die ihrerseits in ein duales System aufgeteilt sind. Jedes Element hat zwei Phasen, e und to, den "älteren und den jüngeren Bruder", dauert also z.B. zwei Jahre oder zwei Monate.
Der "Holz - Ratte" folgt das "Holz - Rind", diesem der "Feuer - Tiger" oder genauer:
"Holz - jüngerer Bruder - Ratte", dann "Holz - älterer Bruder - Rind" und "Feuer - jüngerer Bruder - Feuer" usw.
Auf diese Weise gibt es den Holz-, Feuer-, Metall- Erd-Drachen usw.
Will man den Zyklus eines bestimmten Jahres errechnen, so teilt man die Jahreszahl durch 12. Der Rest ergibt die Zyklusnummer. Das Jahr 2000 hatte 2000 / 12 = 166 Rest = 8. Das 8. Jahr des Zyklus ist Drache
Das Jahr 2001 hat 2001 /12 = 166 Rest 9. Das neunte Jahr des Zyklus ist Schlange.
DER ZEHNERZYKLUS "JUKKAN"
METALL: kin | WASSER: sui |
HOLZ: moku | FEUER: ka |
ERDE: to |
Herbst / Westen | Winter / Norden |
Frühjahr / Osten | Sommer / Süden |
Zwischenzeit / Mitte |
e | to | e | to | e |
to | e | to | e | to |
0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
6 | 7 | 8 | 9 |
Wenn 10 Tiere den Elementenzyklus durchlaufen haben, bleiben zwei übrig, da der Elementenzyklus ja nur 10 Jahre dauert. Die nächsten zwei Tiere beginnen den Elementenzyklus neu. 12 Jahre nach der Holzratte gibt es also das Jahr der Feuerratte. Nach 5 x 12 = 60 Jahren erscheint also erstmals wieder dieselbe Kombination von Tier und Element. Diese 60 Jahre bilden einen neuen Zyklus, kanreki. Deshalb beginnt für einen Menschen mit dem sechzigsten Jahr die Zeit neu wie bei seiner Geburt.
Will man das Element eines Jahres errechnen, so teilt man die Jahreszahl durch 10. Der Rest ergibt die Zykluszahl.
Das Jahr 2000 hat 2000/10=200 Rest=0. Das ergibt "Metall, älterer Bruder". 2000 war also Metall-Drache, älterer Bruder.
Das Jahr 2001 hat 2001/10=200 Rest=1. Das ergibt Metall, jüngerer Bruder. "2001 ist Metall-Schlange, jüngerer Bruder.
Nicht nur die Jahre, sondern auch die Monate und die Stunden durchlaufen den selben Zyklus.
Stunden des Tages
Der Tag hat ebenfalls 12 Stunden, die gleichmäßig über den Tag und die Nacht verteilt sind. Die erste Stunde des Tages gehört aber nicht zum ersten Tier des Tierkreises, der Ratte, sondern zum Hahn. Anders als im Westen setzt die Zählung der Tagesstunden also nicht zur Morgendämmerung, sondern mit dem Einbruch der Dämmerung ein. In der Nacht ist an den Sternen und dem Mond die Zeit leichter abzulesen, als am Tageshimmel. Die Nacht mit ihrem Dunkel gilt eher als der helle Tag als der Ursprung aller Dinge, die aus dem Dunkel ins Helle hervorkommen.
Während der Heian-Zeit war der gesamte Hofstaat "nachtaktiv". Der Dienst begann zur ersten Stunde, also zur Abenddämmerung und endete zur sechsten Stunde, also zur Zeit der Morgendämmerung. Der Tennô als Sohn der Sonne mußte eben Nachts leuchten, tagsüber tat es die Sonne selbst.
Wochen und Wochentage
Der Monat war eingeteilt in fünf Wochen mit je sechs Tagen, hatte aber 31 Tage. Der erste und der siebte Monat begann mit dem ersten Wochentag, die anderen Monate wechselten in einem regelmäßigen Rythmus durch.
Die sechs Wochentage waren seit dem 14. Jhd.:
Senhô: | "Vorn siegt" |
Tomobiki: | "Gefährten hinzuziehen" |
Senpu | "Vorn verliert" |
Taian | "Große Sicherheit" |
Butsumetsu | "Buddha-Vergehen" |
Shakku | "Roter Mund" |
Schon die Namen legen nahe, daß die Tage als mehr oder weniger glücklich bzw. sogar unglücklich aufgefaßt wurden.
- Senhô als erster Tag war "vorn" und damit besonders günstig für alles, was man am Vormittag erledigen konnte. Bereits der Nachmittag war nicht mehr so günstig.
- Tomobiki war sowohl günstig als auch ungünstig.
Alles was man an diesem Tag unternahm zog Gleichartiges an: "Gefährten hinzuziehen". Hatte man Glück in Geldgeschäften, so würde sich weiteres Glück ergeben.
Nahm man aber an diesem Tag etwa eine Beerdigung vor, so wurden "Gefährten hinzugezogen", d.h. es war sehr wahrscheinlich, daß es bald eine weitere Bestattung geben würde.
- Senpu ist selbstverständlich nur am Nachmittag günstig, da "vorne", also der Vormittag "verliert". Alles, was man an
- Taian, "Große Sicherheit" unternahm, konnte nur gut ausschlagen. Einen besonderen Tag stellte
- Butsumetsu dar. Zunächst war der Tag durchaus positiv, denn er erinnerte an das Eingehen Buddhas in das Nirwana, also an das endgültige Vergehen des Leidens. Unglücklicherweise ist "Butsu" - Buddha gleichklingend mit "Butsu" - Ding, Sache. So verstand man also diesen Tag als "Butsu-metsu", die Dinge vergehen. Selbstverständlich war es weise, an diesem Tag möglichst nichts zu tun, da alles, was man anfing auch wieder untergehen würde.
- Shakku. Rot hatte eine negative Besetzung und wurde eher mit "untergehen" verknüpft. Besonders im Baugewerbe galt dieser Tag als nicht besonders glücklich.
Auf diesem Hintergrund ist das Zen-Kôan
nichi nichi kore kô jitsu - Tag um Tag guter Tag eine rationale Erlösung von vielen Hinderungen und Hemmnissen.
Die Kalenderreform der Meiji-Zeit
Am 11.9.1872 ließ Tennô Meiji die Übernahme des Gregorianischen Kalenders in Japan verkünden. Seit dieser Zeit gilt in Japan
"Sei-reki", der westliche Kalender. Die Jahres- und Monatszählung wurde übernommen, die vier Wochen des Jahres haben jetzt sieben Wochentage.
Für die Tagesbezeichnungen übernahm man die Namen der fünf Elemente und fügte die Endung "yô", Gestirn an. Damit wurden die Elemente mit den Planeten verbunden, also Feuer mit Mars, Wasser mit Merkur usw. Sonne und Mond ergaben die fehlenden Tage. Die Tagesnamen, an die "hi" bzw. in der Zusammenziehung "-bi" = "Tag" angehängt wurden, lauten jetzt:
Nichi-yô-bi | Sonnen - Tag |
Sonntag |
Getsuyôbi | Mond-Tag |
Montag |
kayôbi: | Feuer-Stern-Tag |
Mars: Dienstag |
suiyôbi: | Wasser-Stern-Tag |
Merkur: Mittwoch |
mokuyôbi: | Holz-Stern-Tag |
Jupiter: Donnerstag |
kinyôbi: | Metall/Gold-Gestirn-Tag |
Venus: Freitag |
doyôbi: | Erd-Stern-Tag |
Saturn: Samstag |
Die alten Elemente sind damit zwar noch in den Namen der Tage enthalten, die klassische Reihenfolge der Elemente wurde aber zu Gunsten der Angleichung an die abendländische Zählung aufgegeben.
Die alte Wochentagszählung Senshô, Tomobiki usw. wurde außerdem noch beibehalten. Da sich die sechs Tage nur ungleichmäßig auf die siebentägige Woche verteilen und zudem die Monate unterschiedlich lang sind, kann der Wochentag nur noch mit einem gültigen Mondkalender ermittelt werden. Sie sind daher heute noch in ländlichen Tageszeitungen und vielen Kalendern verzeichnet. Viele Japaner richten sich auch heute noch nach den glücklichen oder unglücklichen Bedeutungen. Niemand wird an Butsumetsu eine Flugreise buchen oder an Tomobiki eine Bestattung durchführen. Für Hochzeiten ist selbstverständlich Taian angesagt
Feier- und Brauchtumstage
Brautumstage, die ursprünglich an einem bestimmten Tag des Mondkalenders begangen wurden sind heute nach dem westlichen System berechnet.
In der Welt des Chadô ist der November der Beginn des Winterhalbjahres. In diesem Monat wird die Winterfeuerstelle, der Ro geöffnet. Da die Feuerstelle im Boden eine besondere Gefahr für das Haus darstellt, ist ein Schutz angemessen. Der Eber gilt ganz besonders als Tier, das vor Feuer schützt. Der Eber ist das 12. Tier im Tierkreis. Um komplizierte Berechnungen zu vermeiden, wird der Ro am 12. Oktober geöffnet. Der Eber ißt nach dem Volksglauben gern eine Suppe aus süßen Bohnen. Da er auch als fruchtbares Tier gilt und Mochi aus Reis mit Fruchtbarkeit verbunden werden, ißt man zum Robiraki, der Eröffnung des Ro, süße Bohnensuppe mit Schweinemochi.