RIKYU HYAKUSHU

RIKYU: EINHUNDERT GEDICHTE Nr 3

こころざし深き人には いくたび も あはれみ 深く奥ぞ教ふる
Schreibung mit Kanji:
(志深き人には 何度 哀れみ 深く奥ぞ教ふる)
"Kokorozashi fukaki hito ni wa ikutabi mo awaremi fukaku okuzo oshiuru."
Einem Menschen mit tiefem Wunsch (soll man) immer wieder mit starkem Mitgefühl die Geheimnisse lehren.

Lernen

Die Hyakushu drei und vier behandeln das Verhältnis von Lernendem und Lehrendem. Zur Zeit Rikū's gab es noch keine Schulen und ein etabliertes Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler. Man "lernte" chanoyu, indem man als mittlerer Gast an vielen Tee-Einladungen teilnahm und genau schaute, was und wie der Gastgeber vorging. Im zweiten Hyakushu war bereits diese Art des Lernens angesprochen worden:

習いつつ / 見て こそ 習へ
Naraitsutsu / Mitekoso narae
Fort und fort lernen, unentwegt / Nur durch sehendes Lernen

Man lernt durch Hinschauen und Verstehen. Auch heute noch sind Japaner Meister im Lernen durch Hinschauen und Nachahmen. Einer der besten Flamencospieler der Welt ist ein Japaner, der seine Kunst gelernt hat, indem er immer wieder bei spanischen Flamenco-Spielern zugeschaut und diese nachgeahmt hat.
Kürzlich lief im Fernsehen ein preisgekrönter Film über das japanische Kaiseki, die festliche Küche. Dort wurde auch der Messerschmied gezeigt, der die kunstvollen Messer für dem Meisterkoch fertigt. Er sagte: "Um zu verstehen, muss sich der Körper an etwas gewöhnen!" Das ist das Lernen der Hand, die durch immer wieder Sehen und selbst Tun sich an etwas gewöhnt. Verstehen heißt, eine Sache oft und oft tun, solange, bis sich der Körper daran gewöhnt hat. Genau auf diese Weise war das Lernen im Chanoyu zu Riskyû's Zeiten.

Der wünschende Mensch

Im dritten Hyakushu ist von einem Menschen die Rede, der sich sehnlich etwas wünscht:
こころざし深き人には Kokorozashi fukaki hito ni wa
Kokorozashi kann im Japanischen die Bedeutungen haben von Wille, Absicht, Vorsatz, Ziel, Wunsch, Ehrgeiz, guter Wille, Aufmerksamkeit, Geschenk, Zeichen der Dankbarkeit. Nach unserem Empfinden ist der Wille, etwas zu tun und der Wunsch, seinen Dank auszudrücken vollkommen unterschiedlich. Aber beides treibt das Herz an, die nächsten Schritte zu tun.
Unglücklicherweise sind die Hyakushu irgend wann einmal überwiegend in Kana geschrieben worden, wohl damit die Aussprache klar ist.
kokorosashi
kokorosashi
Schließlich sind die Hyakushu klassische Renga Dichtung mit festgeschriebener Silbenzahl 5-7-5 / 7-7. Aber die Schreibung in Kana die zwar die Silben aber nicht die Bedeutung wiedergibt, erschwert manches Mal das Verständnis, so dass hier auch die Schreibung in Kanji wiedergegeben ist.
Das Schriftzeichen für kokorozashi zeigt in der etymologischen Bedeutung einen Schritt über einem ebenen Strich, darunter ein Herz. Es ist das Herz, das die Schritte voran treibt und führt.

fukaki: etymologie
fukaki
fukaki-etymologie
Fukaki:
Radikal rechts
Das kann Ehrgeiz sein, das kann aber auch ein Zeichen der tiefen Dankbarkeit in Form eines Geschenkes sein. Fukaki, 深き, gelesen shin oder fuka(i) heißt: dicht (Nebel), dunkel (Farben), sehr eng (Beziehungen), tief. Der Wunsch, der im Herzen empfunden wird und der die Schritte vorantreibt ist sehr tief und eng in der Beziehung auf das Gewünschte. In der alten Siegelschrift zeigt das Zeichen für fukaki auf der rechten Seite ein Feuer, das in einem tiefen Spalt oder einer Höhle brennt. Links wurde dann das Radikal für Wasser hinzugefügt. Tief im Inneren brennt ein Feuer, das so unendlich tief ist wie der Ozean, das Wasser. Der kokorozashi fukaki hito, der tief und innig wünschende Mensch hat ein innig wünschendes Herz (思う心 omou kokoro), wie es im ersten Hyakushu heißt. Kokorozashi ikutabi ist das tief und innig wünschende Herz, in dem ein unauslöschliches Feuer brennt, das den Menschen auf seinem Weg vorantreibt.

Mit-Leiden / awaremi

Diesem innig wünschenden Menschen entspricht auf der Gegenseite Derjenige, der die innersten Geheimnisse (奥ぞ okuzo)kennt. Diese Beiden werden durch das Wort ikutabi 何度 getrennt bzw. verbunden. Schreibt man das waka in Zeilenform, so ergibt sich folgendes Bild:
Kokorozashi
fukaki hito ni wa
ikutabi mo
awaremi fukaku
okuzo oshiuru
こころざし
深き人には い
くたび も あ
はれみ 深く
奥ぞ教ふる
Im vorderen Teil ist die Rede von dem wünschenden Menschen, im hinteren von dem, der die innersten Geheimnisse lehrt. Beide Teile werden getrennt bzw. verbunden durch das Wort ikutabi mo und spiegeln sich an diese Achse. Ikutabi heißt: jedes Mal, immer wieder. Es besteht aus zwei Kanji, dem - nani, welcher, welches und - tabi, jedes Mal, immer wenn, dieses Mal. Ikutabi: gleichgültig zu welcher Gelegenheit und zu welcher Zeit, jedes Mal wenn etwas zutrifft, immer wieder neu. In diesem Fall: jedesmal, wenn der Lernende und der Lehrende zusammentreffen. Aber sie müssen gar nicht real zusammentreffen. Es genügt, dass sie stets in Ihrem Wünschen und als Antwort dem Mit-Leiden zusammen treffen.

aware . Siegelschrift
aware
Siegelschrift
Der wünschende Mensch stößt immer wieder, jedes Mal auf das Mit-Leiden Dessen, der die Geheimnisse lehrt. Mitleid ist das Wort あはれみ awaremi in der alten Schreibung oder als Kanji: 哀れみ . Aware ist das Mit-leiden. Das Zeichen in der Siegelschrift zeigt einen Mund unter einem Dach, der weint oder schluchzt, der in seine langen Ärmel weint. Beim Prinzen Genji werden immer die langen Ärmel seines Gewandes nass von Tränen, wenn er vor Rührung oder aus Mitgefühl weint. Mit-Leiden ist ein körperlich vollzogenen Leiden mit dem Anderen. Dieses Mit-Leiden ist dem Menschen angeboren. Schon kleine Kinder und Säuglinge zeigen diese Art des Mit-Leidens. Berührt die Mutter Feuer und ruft "Au", so weint schon das kleine Kind mit. Wir können diese Art des Mit-Leidens durch Mitleid übertönen. Wir haben Mitleid mit den armen Kindern in fremden Ländern und beruhigen unser Gewissen durch eine milde Gabe. Aber echtes Mit-Leiden leidet die selben Schmerzen wie unser Gegenüber.

Aware kann auch ein fast schreckhaftes Auf-schrecken in einer unvermuteten Wahrnehmung sein. Mono no aware 物の哀れ - oder traditionell もののあはれ geschrieben - ist eine Sache (mono), die man unvermutet wahrnimmt, die aber im gleichen Augenblick auch schon wieder verschwunden ist. So kann "Aware!" auch einfach ein Ausruf des Erstaunens sein, bayerisch könnte man das ganz gut mit "Ui!" übersetzen.
"Da! Am Wegesrand die Hibiskusblüte!" dichtet Bashô, als er von seiner geliebten Bananenhütte auf eine lange Reise aufbricht. Wie ein Erschrecken ist die Wahrnehmung der Schönheit der Blüte. Aber das Haiku geht noch weiter: "Und schon hat sie mein Pferd gefressen!"
Ist das ein lustiges Gedicht oder ein tief trauriges? Das mono no aware ist ein plötzliches, fast schreckhaftes Erkennen einer Sache in ihrer Vergänglichkeit, im MUJÔ. Die Vergänglichkeit der Dinge trifft mich, weil es mein eigenes Schicksal ist.

Die ersten Verse des Heike monogatari sind ein tiefer Ausdruck des aware:

Im Klang der Gion Shoja Glocken tönt das Echo der Vergänglichkeit aller Dinge.
die Farbe der Sala Blüte offenbart, daß die Erfolgreichen fallen müssen.
Die Übermütigen sind nicht von Dauer, sie gleichen dem Traum in einer Frühlingsnacht.
Die Mächtigen fallen zuletzt, sie sind wie Staub vor dem Wind."

Der mit-leidene Lehrer

Aber in unserem Vers ist nicht von der Trauer über die Vergänglichkeit die Rede, es ist wie das schreckhafte Erkennen im Herzen dessen, der die tiefen Geheimnisse kennt. Er erschrickt, weil er sein eigenes Bemühen und seinen eigenen Wunsch im Spiegel seines Gegenübers, des Schülers wieder erkennt. Der "Lehrende" erkennt im Gegenüber sein eigenes Streben in der Vergangenheit, als er selbst begonnen hat, den Weg zu gehen. Aber er erkennt zugleich, dass er keineswegs schon am Ende angekommen ist. Er ist ebenso noch immer unterwegs, wie der Anfänger, der ihm gegenübersteht. So erkennt der Wissende sein eigenes Unvermögen und sein fortwährendes Bestreben bis heute.
Das ist wahres Mit-Leiden. Nicht das "mitleidige" und überhebliche Lächeln dessen, der es besser weiß und der sein Wissen als Almosen weitergibt. Es gibt durchaus Lehrer, die auf dem Standpunkt stehen "Ich habe hart und lange für mein Wissen und Können arbeiten müssen. Warum soll das mein Schüler einfacher haben?" Aber da kann man dann durchaus die Frage stellen, ob es sich bei einer solchen Person wirklich um einen Lehrer handelt. Ein wahrer Lehrer steht nicht auf einem Sockel und lehrt von oben herab in der Überzeugung, dass er es ohnehin besser weiß, als der Schüler. In seinem Herzen ist das aware, das mit-leidende Erschrecken der Erkenntnis der Unvollkommenheit und Vergänglichkeit. Weil er sein eigenes Streben und sein Bemühen um Vollkommenheit im Schüler wieder erkennt, kann er dem auf dessen Weg helfen, helfen Schritt für Schritt voranzugehen und nie den Mut zu verlieren. Im Text drückt sich die Spiegelung aus in der Wendung:

志深き - 哀れみ深く kokorozashi fukaku - awaremi fukaki

Auf der Seite des Lernenden ist der innige Wunsch, Auf der Seite des Lehrenden das innige Mit-Leiden. Sie sind wie ein Spiegel, ja letztendlich verschwindet der Unterschied wie Gast und Gastgeber im Spruch "kein Gast - kein Gastgeber MU HIN SHU"

Okuden: Das Geheimnis der Schulen / Iemoto: Hüter des Geheimnisses
Im Text ist die Rede vom 奥ぞ教ふる okuzo oshiuru, dem Lehren des Geheimnisses. Alle modernen Teeschulen haben ihre geheimen Überlieferungen und Traditionen, die Oku-den, die geheimen Überlieferungen, die sorgfältig gehütet werden und nur demjenigen anvertraut werden, der zum innersten Kreis gehört. Bestimmte Zeremonien und Formen werden nur an den Schüler weitergegeben, der für diese Weitergabe "würdig" ist. Das ist nicht der Schüler, der die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat, sondern derjenige, der sich den Regeln des innersten Hauses fügt.

Das ist und war nicht nur im Chanoyu so. Sogar der Eid des Hippokrates enthält eine entsprechend Wendung:

Ich werde den, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleich meinen Eltern achten, ihn an meinem Unterricht teilnehmen lassen, ihm wenn er in Not gerät, von dem Meinigen abgeben, seine Nachkommen gleich meinen Brüdern halten und sie diese Kunst lehren, wenn sie sie zu lernen verlangen, ohne Entgelt und Vertrag.
Und ich werde an Vorschriften, Vorlesungen und aller übrigen Unterweisung meine Söhne und die meines Lehrers und die vertraglich verpflichteten und nach der ärztlichen Sitte vereidigten Schüler teilnehmen lassen, sonst aber niemanden.

Ein wesentlicher Bestandteil des Hippokrates-Eides ist die Fürsorge für den Lehrer, dem man bis an sein Lebensende verpflichtet bleibt und das Versprechen, das Wissen nicht an Außenstehende weiterzugeben. Da passen eigentlich die Gesundheitssendungen, in denen Ärzte ihr Wissen für die Allgemeinheit ausplaudern, nicht ins Bild. Aber ihr eigentliches Wissen wird wie im Eid behandelt: man gibt es nur an Insider weiter.

Einen ähnlichen Eid mußten Teelehrer noch vor gar nicht allzu langer Zeit gegenüber dem Iemoto der verschiedenen Schulen leisten. Sie durften ihr Wissen um die innersten Geheimnisse der Schule nicht ohne Genehmigung des Iemoto weitergeben und sie blieben bzw. bleiben heute noch ihr Leben lang gegenüber den Iemoto verpflichtet.

Das Iemoto - System ist älter als der Teeweg und ist aus anderen Kunstformen auf den Teeweg übertragen worden. Der Iemoto 家元, wörtlich Wurzel des Hauses, ist im vollständigen Besitz der Überlieferung eines Kunstweg. Er ist verantwortlich dafür, dass die Überlieferung in der geeigneten Weise weiter gegeben wird. Die Kunst oder der Weg wird in Formen - kata oder wie man im Teeweg sagt
tenmae 手前 zergliedert, die hierarchisch aufgebaut sind. Die höheren kata können nur erlernt werden, wenn der Iemoto die entsprechenden Erlaubnisse in Form von Menjô oder "Diplomen" erteilt. Es gibt keine Prüfungen der Fertigkeiten, die menjô werden nach Gutdünken erteilt. Eine weitaus größere Rolle beim Erteilen der menjô als das Können spielt der Grad der Angepassheit an das System. Es gibt durchaus auch Fälle, in denen der Iemoto, wenn es aus politischen Gründen angemessen erscheint, totalen Anfängern die höchsten menjô erteilt und in denen absolute Könner keine Bestätigungen erhalten.

Im Iemoto-System gibt es zwei Typen des Systems, das System mit der "vollständigen Überlieferung" und das mit der "unvollständigen Überlieferung". Bei der "vollständigen Überlieferung" kann der Schüler nach einer gewissen Zeit sämtliche möglichen Formen erlernen, er ist dann im Besitz der gesamten Überlieferung und ist damit selbst ein Iemoto. Im System der unvollständigen Überlieferung kommt nur derjenige in den Besitz der gesamten Überlieferung, der als der nächste Iemoto ausersehen ist. Sehr häufig ist dieses Amt erblich, es wird vom Vater auf den Sohn weiter gegeben. Die Ausbildung des neuen Iemoto beginnt dann dementsprechend schon im Kindesalter. Für einen Schüler innerhalb dieses Systems bleiben die innersten Geheimnisse des Weges prinzipiell unzugänglich.
Das Iemoto-System gewährleistet in gewisser Weise die Weitergabe der Tradition. Aber es gibt genügend Beispiele aus der Geschichte, wo eben diese Weitergabe nicht gewährleistet war. Einige Grundlagen über das Iemoto-System finden sich in dem Buch von Gretchen Mittwer "What is chanoyu".

Selbstverständlich haben alle Wissenschaften und Künste ihre Geheimnisse, die sorgfältig gehütet werden. Aber auch ein Außenstehender kann eine Mathematikvorlesung besuchen. Er wird nicht verstehen, was dort abgehandelt wird, aber wenn er sich bemüht, wird er allmählich Zugang gewinnen. Die Wissenschaften haben ihre geheimen Sprachen entwickelt, die nur derjenige verstehen kann, der die Sprache gelernt hat und der bis zum Innersten Kreis vorgestoßen ist. Aber vom Grundverständnis her steht das Wissen der Naturwissenschaften jedem offen, der sich darum bemüht. Es gibt niemanden, der darüber wacht, dass das Wissen nur an eine bestimmte Gruppe weitergegeben wird. Der Fortschritt im Lernen wird durch objektivierbare Prüfungen dokumentiert. Wenn man sich bemüht, die Sprache der Physik oder der Mathematik zu erlernen, wird man unversehens zum innersten Kreis der Mathematiker oder Physiker gehören: durch das Lernen der Sprache wird man eben ein Mitglied des inneren Kreises.
Von ihrem Selbstverständnis her sind aber die Wissenschaften im Prinzip offen für Jeden, der lernen will. Das ist in einem geschlossenen Iemoto System vom Ansatz her nicht so. Die letzten Geheimnisse kennt nur der Iemoto oder gerade noch dessen auserwählter Nachfolger. Bei einem erblichen System kann eben das letzte Geheimnis nur an den eigenen Sohn vermittelt werden.

Rikyû und das Geheimnis

Aber zu Rikyū's Zeiten gab es weder ein Iemoto-System im Tee noch ein etabliertes System von Lehrer und Schüler. "Schüler" war, wer in einer persönlichen Beziehung zum "Lehrer" stand, der schlichtweg weiter fortgeschritten im Weg war, als sein Schüler. Man hat auch kein Geld mit dem Teeunterricht verdient.
Als Rikyû in die Dienste Hideyoshi's eintrat, schrieb er an seinen Teefreund Yabonouchi Kenchū Jōchi (1536 - 1627), einem gemeinsamen Schüler von Takeno Jōō, dass er ihn um seine Freiheit und Unabhängigkeit beneide und dass er es sehr bedauere, mit dem Tee seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Aber auch die Nachkommen von Yabonouchi betreiben heute eine Teeschule in Kyoto, die Yabonouchi Ennan. Rikyū's Weggefährte Jamanoue Sōji schrieb in seinen Aufzeichnungen:

Seit Rikyū benutzen wir chanoyu für unseren Lebensunterhalt. Das ist höchst bedauerlich!"

Das Geheimnis (Okuzo 奥ぞ, von dem im Hyakushu 3 die Rede ist, kann kein sorgsam gehütetes Geheimnis sein, das deshalb geheim gehalten wird, weil es zur Machtausübung und zum Geldverdienen nützlich ist. Freilich beginnt diese Geheimhaltung schon zu der Zeit, als Rikyū im Dienste Hideyoshis stand. Hideyoshi erließ eigens ein Gesetz, dass nur derjenige in die letzten Geheimnisse des Daisu eingeweiht werden durfte, der von ihm persönlich die Erlaubnis erhalten hatte. Es existiert heute noch eine schriftliche Notiz Hideyoshis, in der gerade mal sieben Personen aufgelistet sind, die in diese Geheimnisse eingeweiht werden durften. Das ist die Verwaltung des "Geheimnisses" zum Zwecke der Machtausübung.
Aber die Hyakushu sind vermutlich viel älter als Rikyū. Sie gehen vermutlich schon mindestens auf Takeno J奥ぞ奥ぞ oder noch weiter auf Murata Juko zurück, in Zeiten also, als es diese Machtstrukturen im Tee noch nicht gab.


Oku -
Innen
Aber worum bemühen sich beide Seiten, Schüler und Lehrer wirklich? Um das 奥ぞ okuzo, das Geheimnis.
Oku ist das Innere. In der alten Siegelschrift erkennt man unter einem Dach zwei Hände, die nach etwas greifen. Dieses Etwas sind Getreide- oder Reiskörner: . In China spielt das Essen eine große Rolle. Kein Mensch kann glücklich sein, wenn er nicht genügend zu Essen hat. - Kichi, Glück ist ein voll bis zum Rand gefüllter Topf. Wenn die Hände unter dem Dach zu den Reiskörnern greifen, so verspricht das Innere des Hauses den Schutz und die Geborgenheit, in dem man das Essen zusammen mit den Anderen, die ins Innere gehören genießen kann. Kein Fremder betritt das Innere, niemand stört den häuslichen Frieden. Die Oku-sama - 奥様 ist diejenige Person, die das Innere hütet und verwaltet, die selber aber - zumindestens früher - von Außen nicht zu sehen war: die Ehefrau (des Anderen). Das Innere des Hauses, das kein Fremder betreten darf, ist das wohlgehütete "Geheimnis".

Letztendlich geht es im "Geheimnis" um das Zu-Hause-Ankommen, Ankommen im Inneren des Hauses des Teeweges, wo man Nahrung findet, keine Nahrung für den Leib, sondern Nahrung für das Herz. Dort im Inneren ist Schutz und Geborgenheit, dort herrscht Friede und Einigkeit.


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