Feuer: Sumi


Feuer und Holzkohle
 

炭置くはたとえ習いに背くとも湯のよくたぎる炭は炭なり
"Sumioku ha tatoe naraini somukutomo yuno yoku tagiru sumi ha sumi nari."
Holzkohle, die anders als gelernt gelegt wird, ist Holzkohle, wenn sie das Wasser erhitzt.
Rikyû Hyakushû

Die Holzkohle wird nach festen Regeln auf das Feuer gelegt. Aber Rikyû durchbricht, wie er es sehr oft in den Hyakushû tut, das Regelsystem. Die wichtigste Regel, die niemals durchbrochen werden darf ist:

"Man richte alles so, dass sich der Gast im Sommer kühl und erfrischt fühlt, und es im Winter warm und behaglich ist. Die Holzkohle dient dazu, heißes Wasser zuzubereiten, und der Tee muss schmackhaft sein. Damit ist genug über die Geheimnisse der Teekunst gesagt."
Nambôroku

Die Holzkohle dient dazu, das Wasser zu erhitzen um einen schmackhaften Tee bereiten zu können.
Sumitori vorbereitet
für Ro Sho-Zumi
Alle Regeln, die für die Behandlung der Holzkohle ersonnen wurden, dienen diesem Ziel. Wenn jemand, fast schon ein Rebell, der das Regelsystem durchbricht, die Kohle so legt, dass das Wasser die rechte Temperatur hat, so ist dies ebenfalls "Holzkohle". Andersherum ist Holzkohle, die nach allen Regeln richtig gelegt wurde, die aber nicht gut brennt, eben keine Holzkohle, sie ist "tot".

Die Regeln beginnen schon bei der Auswahl der Holzkohle. Je nach Größe des Wasserkessels werden die unterschiedlich dicken Stücke in die richtige Größe gesägt, gewaschen, wieder getrocknet und dann in einer bestimmten Form in den Kohlekorb gelegt. Jedes Stück Kohle hat je nach Lage im Korb und der Funktion einen besonderen Namen:

do-zumi, marukuda, warikuda, wado, makurazumi, marugitcho, warigitcho, ten-zumi, kodai, eda-zumi.

Aber es sind nicht nur rein praktische Erwägungen, die bei der Auswahl und der Anordnung der Holzkohle eine Rolle spielen. Die Marukuda und die Warikuda bildet ebenso wie die Marugitcho und die Warugitcho jeweils ein Paar. Die Maru- Form ist eine ganze Kohle, die Wari- Form ist vorsichtig der Länge nach in zwei Teile gespalten. Um die Hitze zu reduzieren, würde es genügen, zwei kleinere gleich große Kohlen zu verwenden.
Aber die ganze und die halbe Kohle bilden ein Yin / Yang Paar. Betrachtet man die Form der Anordnung im Kohlenkorb genau, so sieht man ein Schriftzeichen, zu dem die Kohlen gruppiert worden sind, das Schriftzeichen Ei , Ewigkeit. Aber die Ewigkeit ist keine zeitlose Dauer des stets Selben. Alles was ist, wechselt ständig, Generation folgt auf Generation und so entsteht "Ewigkeit". Der Zen - Meister Dôgen sagte im Genjô kôan des Shôbôgenzo:

"Da brennt Holzkohle (Brennholz) und wird zu Asche. Neue Holzkohle wird ins Feuer gelegt und wird ebenfalls zu Asche. Die Asche wird niemals wieder zu Brennholz werden.
Trotzdem sollten wir nicht die Asche als das Spätere und das Brennholz als das Frühere ansehen. Ihr müsst nämlich verstehen, dass das Brennholz im Dharma seinen eigenen Platz als Brennholz einnimmt. Es hat ein Vorher und ein Nachher, aber trotzdem existiert das Vorher unabhängig vom Nachher. Asche nimmt im Dharma einen eigenen Platz ein. Sie hat ein Vorher und ein Nachher.

Wenn der Gastgeber in der Ro-saison mit der Kohlelegung beginnt, rutschen alle Gäste um die Feuerstelle, damit sie die Handlungen des Gastgebers deutlich beobachten können. Shri Yantra Der Gastgeber legt zuerst die vordere Shitabi nach hinten und dreht sie so, dass die glühende Seite nach außen zeigt. Damit wird das Feuer, das bisher zwischen den Shitabi gebrannt hatte, auf die weiteren Kohlen übertragen, die jetzt gelegt werden. Dabei entsteht ein Spiel von Dreiecken wie bei einem lebendig gezeichneten Mandala.
Zunächst bildeten die drei Shitabi ein Dreieck, dessen Spitze nach unten zeigt. Durch das Umlegen entsteht ein Dreieck mit der Spitze nach oben. Der Gotoko, der Dreifuß bildet mit seinen Spitzen ebenfalls ein Dreieck, das im Furo nach oben zeigt. Die weiteren Holzkohlen, die nun aufgelegt werden, bilden ihrerseits ein, wenn auch unregelmäßig geformtes Dreieck mit der Spitze nach oben.

Dieses Spiel von Dreiecken erinnert an das indische Mandala Shi-Yantra mit den Dreiecken von Shiva und Shakti, der männlichen und weiblichen Energie. Holzkohle im Furo

Das Legen der Kohle ist wie die Zeugung des zehntausend Dinge. Bei der fertig gelegten Kohle wird die Regelmäßigkeit des Dreieckes, das von den Kohlen gebildet wird, von der längeren Kuda-Zumi und den weißen Eda-Zumi durchbrochen. Die dünnen Eda-Zumi spielen eine besondere Rolle. Sie sollen die Hitze des Feuers auf die anderen Kohlen übertragen. Aber zugleich sind die weißen Kohlen ein wundervoller Anblick. Die Asche kontrastiert mit den rot leuchtenden Shitabi. Darüber liegen die tiefschwarzen, frisch gelegten Kohlen. Die weißen Edazumi leuchten hell aus dieser Gesamtkoposition hervor.

Die zweite Holzkohle-Legung, Go-zumi im Verlauf der Teeeinladung kann nicht so formalisiert werden, wie die erste Legung. Die zweite und letzte Legung wird nach dem Koicha, dem dicken Tee erforderlich. Wie diese Kohlen gelegt werden, hängt von Zustand des Feuers ab, der stark variieren kann.
Die erste Holzkohle wurde im Winter unittelbar nachdem die Gäste den Teeraum betreten haben gelegt. Danach serviert der Gastgeber ein kleines Essen, das Kaiseki. Nach dem Kaiseki gibt es eine kleine Unterbrechung. Danach wird der Gastgeber den ersten Tee, den Koicha servieren.
Im Sommer wurde die erste Holzkohle erst unmittelbar vor der Unterbrechung gelegt. Das Feuer hat also im Sommer und im Winter sehr unterschiedlich lange gebrannt. Die größte Schwierigkeit, die sich bei der zweiten Legung ergibt, ist aber ästhetischer Art.

Die Kohlen sind unterschiedlich stark abgebrannt, Asche hat sich in nicht vorhersehbarer Weise gebildet und vor allem sind die Edazumi zerbochen. Sie verbrennen oft nicht vollständig. Die weiße Außenschicht ist sehr hart, das schwarze Innere der Kohlen ist ausgebrannt und hohl. Einzelne Stücke der Edazumi liegen zerbrochen um die Feuerstelle.

In den Rikyû Hyakushû heißt es:

崩れたる その 白炭 を とりあげて 又 たきそえること は なきなり  
"Kuzuretaru sono shirozumi wo toriagete mata takisoeru koto ha nakinari."
Die zerbrochenen (gestorbenen) Eda-Zumi sollen nicht aufgehoben und zu den anderen Kohlen gelegt werden.

Die zerbrochenen Stücke der Eda-Zumi erinnern an Reste von Menschenknochen im Totenfeuer. Darum werden sie bei der zweiten Legung auch gesondert behandelt und die Gäste bleiben auf Ihren Plätzen, sie schauen nicht mehr in das Innere der Feuerstelle, weil der Gastgeber diesen unerfreulichen Anblick vermeiden will. Der Anblick der zerbrochenen Stücke der Edazumi wird geradezu wie ein Tabu behandelt.

Es gibt in der Urasenke Tradition in der Ro-Saison eine sehr komplizierte Form der Holzkohle - Legung, das Gôzumi Shômo. Der Gastgeber fordert einen der Gäste auf, die zweite Legung der Holzkohle vorzunehmen. Aber dazu bedarf es ausführlicher Vorbereitungen. Die gesamte Holzkohle, auch die zerbrochenen Eda-Zumi werden aus der Feuerstelle entfernt und das Aschenbett wird komplett gereinigt, sodaß die Feuerstelle wie unbenutzt wirkt. Erst dann beginnt der Gast das Feuer völlig neu zu legen. In diesem Fall werden auch die Gäste die neu gelegte Holzkohle im Ro betrachten. Aber die Erinnerung an die Totenfeuer, hervorgerufen durch die knochenänlichen Edazumi ist auf diese Weise vermieden worden.

Auch Zenmeister Dôgen verbindet das Feur mit Geburt und Tod. Er spricht im Genjo kôan nicht nur von Holz, dem Feuer und der Asche. Er nennt auch ausdrücklich das Problem von Leben und Tod:

Ebenso wie das Brennholz, das einmal zu Asche geworden ist, nicht wieder zu Brennholz werden kann, können auch die Menschen nach dem Tod nicht mehr leben. Deshalb wurde im Buddha-Dharma seit jeher gelehrt, dass Tod nicht zu Leben wird und so sprechen wir von "Nicht-Werden" (Fu Shô 不生 im Hannya Shin Gyô). Und nach Buddhas überlieferten Worten wird Leben nicht zu Tod, und so sprechen wir vom "Nicht-Vergehen" (Fu Metsu 不滅 ; ebenfalls im Hannya Shin Gyô). Das Gleiche gilt zum Beispiel auch für Winter und Frühling. Im Buddha Dharma denken wir nicht, dass Winter zu Frühling wird, und wir sagen nicht, dass Frühling zu Sommer wird.

Damit sagt Dôgen nicht, dass es keinen Tod und keine Geburt gibt. Aber Leben wird nicht zu Tod und Tod wird nicht zu Leben. Nur unsere Angst mit der wir das Drama von Geburt und Tod betrachten, reißt uns aus der Gelassenheit des Augenblicks. Bei einer Tee-Einladung vergeht die Zeit. Besonders deutlich wird dies bei der Betrachtung des Feuers. Aber zugleich verliert man jedes Gefühl von Zeit. Wir sind ganz im Augenblick, im JETZT. JETZT wird die Kohle ins Feuer gelegt. JETZT beginnt der Teekessel zu singen. JETZT duftet der Tee. Oh wie er duftet! Keine Betrachtung über Tod und Vergänglichkeit sollen dieses JETZT zerstören. Dann erwachen wir zu unserem Selbst. Dôgen schreibt weiter in einem wunderbaren Bild:

Der Mensch, der das Erwachen erlangt hat, gleicht dem Mond, der sich im Wasser spiegelt: der Mond wird nicht nass und das Wasser wird nicht bewegt. ... Der ganze Mond und der ganze Himmel spiegeln sich in einem einzigen Tautropfen auf einem Grashalm. ... Betrachtet die Weite und die Enge des Himmels und des Mondes.


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