Kakejiku

[Kiun]

n'abend allerseits:-)

dies habe ich vor einigen tagen auf flickr.com zufälligerweise gefunden:
http://www.flickr.com/photos/hyougushi/ ... 299248974/

wer weiss mehr über die herstellung der kakejiku?

[sensei]

Die Bilderserie ist sehr interessant. Wir haben sie zusammen mit einer Schülerin angeschaut, die als Papier - Rerstauratorin in einem großen deutschen Museum arbeitet. Die Arbeitstechniken sind auch in Deutschland bekannt, aber die Verfahrensweisen sind mustergültig dargestellt.
Wenn es zu einzelnen Arbeitsschritten Fragen gibt, können wir gern darüber diskutieren.

[Kiun]

buenos dias a todos:-)

...das anbringen der seide aufs papier gelang erstaunlich frustrationsfrei. ich hab' mir das echt schwieriger vorgestellt. bloss bin ich noch nicht ganz dahinter gekommen, wie's um die masse der jeweiligen einzelteile eines kakemono steht. augenscheinlich ist es ja so, dass der untere teil eines kakemono jeweils halb so gross/lang ist wie der obere teil und das man als basismass die ichimonji beizieht. kann das sein, dass sich die beiden ichimonji aus der breite des papiers ergeben, also wenn man z.b. ein bild von 20cm breite hat, das obere ichimoniji 2cm und das untere 1cm breit wird und sich daraus (jeweils X2 gerechnet) die weiteren teile des kakemono ergeben?

Mounting hyogu.jpg (52.84 KiB) 13091-mal betrachtet

[sensei]

Ich stelle die nächst Woche mal was zusammen.
Falls jemand bis dahin eine Antowert geben kann, danke!

[Kiun]

'tach miteinander:-)

zu den massen eines kakemono: bei hochformatigen bildern (bis ca. 130cm-140cm) gilt die grundregel dass der obere teil des rollbildes 60% und der untere teil 40% des honshi, also des eigentlichen bildes bzw. der kalligraphie ausmachen. dies betrifft den gesamten oberen teil, bestehend aus:

-ichimonji (begrenzung des eigentlich bildes)
-chujo (mittlere begrenzung oben)
-jo (oberer teil des kakemono)
diese werden zusammengenommen als "ten" - himmel bezeichnet und bilden zusammengenommen eben diese 60% des honshi

unten sind dies:
-ichimonji
-chuge (mittlere begrenzung unten)
-hashira (seitenränder)
-ge(unterer restanteil)
die unteren teile zusammen werden "chi" - erde genannt.

ICHIMONJI
das untere ichimonji ergibt sich auch ca 5% der papierbreite, für das obere 10%, als bei einer papierbreite von 25cm sind dies 1,25 cm unten und 2,5 cm oben

JOGE/CHUGE
die obere mittelbegrenzung (joge) entspricht dann der 4-fachen beite des oberen ichimonji. das selbe gilt für die untere mitelbegrenzung (chuge), hier gilt jedoch -logischerweise- das mass des unteren ichimonji.

HASHIRAI
die masse des chuge, gelten dann auch für die hashirai, die seitenränder.

(zwischenbemerkung: es gibt chagake, welche deren seitenränder nur halb so breit sind wie eben erläutert)

JO UND GE
...ergeben sich, wenn man vom oberen bzw. unteren ausgangsanteil des kakejiku, die anteile ichimonji und den "mittleren" begrenzungen abgezogen hat.

falls jemand ein honshi hat, welche über 130-140cm geht, gelten übrigens die anteile 30% und 15%

FUTAI

oft werden bei kakemono so genannte futai angebracht, diese schmalen streifen, welche in ihrer breite ,by the way, gleich sind wie das untere ichimonji.
solltet ihr euch entscheiden ein kakemono selber zu machen - und das lohnt sich wirklich (!!!) macht BITTE nicht den selben fehler, den ich gemacht habe :oops:

auf der bildsequenz zur herstellung eines kakemono hier im forum ist in den letzten bildern zu sehen, dass der hersteller am unteren ende der futai so kleine quasten angebracht hat - dort in weiss. weiss wird jedoch NUR für kalligraphien/sumi-e verwendet von künstlern, welche bereits verstorben sind. ansonsten verwendet bitte violettes seidengarn. man muss sich ja nicht unnötig blamieren... :D

AUSWAHL DER STOFFE

grundsätzlich gilt: für die ichimonij gold- oder silbergesticktes brokat verwenden (erhältlich z.b. auf ichiroya.com - fabric/jinken)

für die mittleren begrenzugen joge und chuge, seide etwas geringerer qualität und für jo und ge reicht einfache qualität aus. die futai werden aus dem selben stoff wie die ichimonji gefertigt. übrigens bietet silknature.de schöne dupionseidenstoffe an, welche mehr oder weniger deutliche fadenverdickungen aufweisen, für alle die, welche es eher wabi mögen...

SCHLUSSSTREICH
die obigen erläuterungen und masse gelten NUR für kakemono, welche im teeraum verwendet werden. es gibt einige variationen der kakemono, die etwas anderen regeln folgen, so z.b. wenn es sich um gemälde eines buddha/boddhisattva handelt. oder den bunjinga.

hmmm...jetzt fehlen nur noch die proportionsregeln für die kakemono im breitformat. bevor ich mich allerdings aufs glatteis begebe...
senseeeeeeeeeeeeeeei ihr einsatz bitte ;)

[sensei]

Toller Beitrag! Hoches Lob!

Gibt es eine Quelle, woher diese Angaben stammen?

Es stimmt, dass diese Angaben NUR für Kakaejiku im Teeraum gelten. Etwa für buddhistische Motive gelten völlig andere Regeln. Um die Verwirrung noch ein klein wenig zu steigern:

Es gibt verschiedene Stile für Kakejiku!

Shin - Stile - "formale Stile":
Shin no Shin, Shin no Gyō und Shin no Sō, die im wesentlichen für buddhistische Themen verwendet werden. Bei allen Shin - Stilen geht das Ichimonji um das gesamte Honshi ( also das Stück Papier, um das es eigentlich geht und das auf die Rolle aufgezogen wird) herum, also nicht nur oben und unten.

Gyō - Stile
Gyō no Shin, Gyō no Gyō und Gyō no Sō
Beim Gy no Gy ist das Ichimonji nur ober- und unterhalb des Hon-shi, beim Gyō no Sō gibt es überhaupt kein Honshi!

Sō - Stile
Sō no Gyō und Sō Stilen sind die chuberi rechts und links vom Honshi sehr schmal, beim Sō no Gyō ist ein Ichimonji vorhanden, beim Sō no Sō nicht.

Zur Auswahl der Stoffe:
Es muss nicht immer Seidenbrokat sein. Im Daitokuji ist ein Stil entwickelt worden, bei dem überhaupt nur Papier verwendet wird. Das Papier wird ähnlich wie bei der Shibori-Technik eingefärbt, so dass "Knitterlinien" über das gesamte Papier laufen. In diesem Fall sind die Futai, also die kleinen Steifen, die oben lose herunterhängen, auch nur aus gefärbten Papier. Die sind dann selbstverständlich nicht lose, sondern ebenfalls aufgeklebt.

Im Prinzip gelten die Maße auch für "breite" Rollen.

Ich stelle demnächst zwei Beispiele für Rollen ein, die mit Kalligrafien aus Korea in Japan speziell angefertigt wurden.

[yuki]

Soweit ich das beurteilen kann, gibt es so viele Kriterien und Stile, wie eine Hängerolle richtig montiert werden muss, dass es nicht sinnvoll ist, sowas selber zu machen.
Ich denke, nur ein ausgebildeter Rollenmacher mit langjähriger Berufserfahrung kann sowas machen.
Ich selbst würde das niemals versuchen.

[Kiun]

@sensei: vielen dank. freut mich sehr!

...hier die quelle. allerdings mit dem text auf japanisch.
http://taaedu.shinshu-u.ac.jp/~kinebuch ... jyuku.html

papier als ersatz für seide, muss ich unbedingt mal ausprobieren.

beflügelt von senseis lob werde ich mich daran machen eine umfassende doku/anleitung mit fotos zu schreiben. schon nur deshalb, weil sich in den letzten monaten eine beachtliche menge an infos angesammelt hat. ich fänds schade, wenn diese irgendo auf der festplatte verstauben würden...

@yuki: ich hatte vorerst auch grosse bedenken, aber es gibt einige kleine tricks, welche die montage wesentlich einfacher machen. schon alleine wenn man gutes und v.a. stabiles papier hat, macht dies das leben deutlich einfacher:-)

[sensei]

Eine Dokumentation zu erstellen wäre sicher ausgesprochen verdienstvoll.
Wir müssen dann überlegen, ob das Forum der richtige Ort ist, oder on wir das sonst auf der Webseite einstellen.
Wenn ich ein Textdokument mit Bilden bekomme, machen wir daraus eine Webseite!

[sensei]

Das Kamajiku oder richtiger Kake-mono hat natürlich auch seine Geschichte und macht verschiedene Entwicklungen durch. Die heute üblichen Formen sind Konventionen in einer bestimmten geschichtlichen Epoche. Hier nur ein paar Beispiele:

Die Stile Shin, Gyo So - formal, fließend und Grasstil richteten sich nicht nach dem Geschmack, den der Eigentümer des Kakemono bevorzugte, sondern nach dem Stoff der Darstellung bzw. nach dem sozialen Rang des Künstlers, der das Objekt geschaffen hatte. Buddhistische Themen sind Shin, Werke einer sozial hochstenden Person wurden im Shin - Stil montiert.

Sen no Rikyū:

Zu Rikyū's Zeiten war eine Kakemono unter Umständen so wichtig, dass sich die Teemeister passend zu der Hängerolle einen Teeraum bauten - nicht umgekehrt!
Die Montierungen, die Rikyū bevorzugte waren farblich weit intensiver, als das dem heutigen Geschmack entspricht. Er montierte (bzw. ließ montieren) die Rollen mit Stoffen in einem kräftigen rotbraun, wie man es heute viel zu schrill empfinden würde.

Oribe
Oribe schreibt in "Sayukata mokuroku", dass es wichtig ist, den sozialen Rang des Künstlers bei der Montierung zu berücksichtigen, sowohl im Stil der Montierung als auch in der Auswahl der Stoffe, die bei einem hochrangigen Künstler entsprechend wertvoll sein sollen.

Katagiri Sekishū
vertritt eine ähnliche Auffassung wie Oribe.

Damit ist also ziemlich klar, dass die Montierung den sozialen Status des Künstlers reflektiert. Das entspricht natürlich nicht dem wabi - Geist des Tee, in dem die Menschen gleich sind.

Es ist sicher überraschend - und ich kenne keine Abhandlung, in der das Thema behandelt wird - dass die Montierungsstile die soziale Wirklichkeit wiedergeben.
Dann könnten sich heute auch die Stile ändern und freier werden.