Satsubako?

Praktische Fragen rund um den Teeweg

Satsubako?

Beitragvon Kiun » Donnerstag 28. April 2011, 15:01

hallo allerseits:-)

ziemlich erstaunt war ich heute morgen, als ich dies hier gefunden habe:
http://tea.genkisugi.net/index.php/Satsuubako_Temae

zwar scheint sich es hier um eine satsubako temae der omotesenke zu handeln. aber trotzdem: ist es nicht so, dass satsubako zu den shikaden und somit zu den "geheimen" temae gehört, oder ist dies nur bei der urasenke der fall?
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Re: Satsubako?

Beitragvon sensei » Donnerstag 28. April 2011, 18:15

Satsubako gehört in der Tat zu den Sōdenmono - 相伝物 - den "überlieferten oder vererbten Übertragungen", das heißt, man braucht eine spezielle Erlaubnis des Iemoto, um von seinem Lehrer Unterweisungen in den Sōden mono bekommen zu dürfen.
Meistens wird Satsubako zu den Shikaden gezählt, den "vier geheimen Überlieferungen", die ihrerseits die Grundlage für die okuden, die innerste Überlieferung bilden. Manchmal zählt man auch statt Satsubako die Wakin - Tenmae zu den Shikaden, das ist aber eigentlich nicht richtig.

Richtig ist, dass von den Shikaden keine Aufzeichnungen gemacht werden dürfen, weil die Tenmae ab Shikaden nur noch mündlich vom Lehrer auf den Schüler weitergegeben werden. So ändern sich eben die Zeiten, jetzt steht die Prozedur, wenn auch - wie ich nach flüchtiger Prüfung meine etwas fehlerhaft - im Internet.

Aber da scheint jemand nicht sehr professionell beliebige Tenmae beschrieben zu haben, wie überhaupt die ganze Seite keinen professionellen Eindruck macht.

Zum Ursprung der Tenmae:

Zu Rikyu's Zeiten benutzte man kleine Kästen aus Pauwlonia Holz, um darin frisch gemahlenen Tee an Teefreunde zu schicken. Powloniaholz deshalb, weil dieses Holz die überschüssige Feuchtigkleit absorbiert und den Tee klimatisiert und frisch hält. Der Tee wurde immer frisch gemahlen, Hideyoshi hatte angeordnet, dass man den Tee am nächsten Tag nicht mehr verwenden durfte, weil das "Ki" verschwunden war. Außerdem war es üblich, dass man nicht genau wusste, wieviele Gäste kommen würden. Deshalb wurde vorsorglich mehr Tee gemahlen. Den übrig gebliebenen Tee schickte man dann in diesen Holzkästen an Teefreunde, von denen man wußte, dass sie heute noch Gäste haben würden. Um die Teesorten zu unterscheiden, verwendete man auch unterschiedliche Gefäße. Die Natsume wurde ursprünglich nicht für Usucha verwendet sondern nur zum Transport von gemahlenem Tee. Dazu wurde sogar der Deckel mit einem dünnen Papiersteifen zugeklebt, der signiert und mit dem Namen der Teesorte beschriftet war. Oribe war wohl der Erste, der dann, als er einmal Tee von Rikyu in einer Natsume geschickt bekam, spontan die Natsume öffnete, und das Tuch, in dem die Natsume zum Transport eingewickelt war, also ein Furoshiki, zum Reinigen benutze. Daraus ist vermutlich die Verwendung des Fukusa, das ursprünglich ein Furushiki war entstanden.

In Anlehnung an diese Praxis verwendet man in der Satsubako Tenmae eine Chaire und eine Natsume in Otsubukoro mit zwei unterschiedlichen Sorten von Koicha, die nacheinander gereicht werden. Wie auf der Seite ganz gut beschrieben ist, wird Haiken für die Dougu des ersten Koicha getrennt vom Haiken des zweiten Satzes gemacht. Das macht die ganze Sache leicht kompliziert, aber ansonsten ist es fast nur zweimal Koicha nacheinander.
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Re: Satsubako?

Beitragvon Kiun » Donnerstag 28. April 2011, 22:01

...dann entstand das, was wir heute als "geheime temae" kennen aus einer situation heraus. eigentlich bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass so etwas heute undenkbar wäre. also zumindest nach gängiger lehrmeinung...

naja das "austratschen" von geheimen überlieferungen ist nichts neues. vor einigen monaten habe ich das .pdf-dokument eines buches gefunden, welches von anna berliner in den 1930er jahren verfasst wurde und sehr detailliert diverse temae beschreibt, diese a. berliner war eine gewisse zeit lang teeschülerin der omotesenke in japan. in diesem lesenswerten buch werden z.b. auch dogu eingehend beschrieben, sowie verschiedene typen von tana und daisu erklärt. in diesem buch beschreibt sie eben auch diverse "geheime temae" der omotesenke. ich hätte hier gerne den link plaziert. bloss bin ich im umgang mit quellen immer etwas schlampig und kann dann nicht mehr wirklich nachvollziehen woher ich die dokumente jeweils habe :oops: . aber wen's interessiert, dem schicke ich das .pdf gerne zu.
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Re: Satsubako?

Beitragvon sensei » Freitag 29. April 2011, 05:06

Bitte mir sofort schicken!

Anna Berliner ist ein Klassiker der Tee - Literatur!

Nachtrag zu den "geheimen" Überllieferungen:
Die meisten "geheimen Überlieferungen" sind nicht wirklich alt, sondern von Gengensai, Großmeister der Urasenke in der 11. Generation (1810 - 1877) entworfen. Gengensai wurde aus der weit verzweigen mächtigen und einflussreichen Matsudaira Familie mit vielen Daimyo's adoptiert. In seiner Jugend studierte Gengensai im Jikko In Tee in der Tradition von Sekishū. Dort waren viele Daisu Tenmai überliefert, die Urasenke als Daimyo Tee ablehnte. Gengensai wurde in die Urasenke adoptiert und führte umfangreiche Reformen durch. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Urasenke viel mehr Gengensai als Rikyū ist.

Entsprechend seines Briefes über den Tee an den Meiji Tennō richtete Gengensai feste Regeln ein. Nach seiner neokonfutianischen Auffassung mussten "ehrwürdigere" Geräte, also z.B. Dinge chinesischer Herkunft "ehrwürdiger" behandelt werden, sprich: die Zeremonien wurden entsprechend komplizierter. So gibt es heute den ganzen Satz von geheimen Überlieferungen mit entsprechend komplizierten Vorgängen.

Man denkt, dass etwa die Handhabung einer chinesischen Chaire im Karamono "alt" sei, aber diese Formen sind erst neueren Datums. Wie Rikyū selbsr Tee gemacht hat, ist heute weitgehend unbekannt. Es gibt verschiedene Schulen, die für sich in Anspruch nehemn, Rikyū's originalen Tee zu überliefern, aber das ist historisch nicht richtig. Nach Rikyū's Seppuku hatte Hidēyoshi verboten, Tee in Rikyū's Stil zu praktizieren. Erst etwa 70 Jahre nach seinem Tod begannen einzelne Teemenschen wieder, seinen Stil zu praktizieren, aber ganz viel Wissen war in dieser Zeit einfach verloren gegangen.

Die "geheimen" Überlieferungen haben im japanischen Iemoto System aeine lange Tradition, aber das Iemoto System hat sich im Tee erst sehr spät durchgesetzt, letztendlich erst mit Tantansai. Noch vor Tantansai bezeichneten sich Teelehrer, die die "vollständige" Überlieferung erhalten hatten als Iemoto. Erst Tantansai war der einzige Urasenke Iemoto. Heute gibt es einige so "geheime" Tenmae, dass sie nur der Iemoto kennen darf. Natürlich musses zur Sicherung der Tradition auch andere Teelehrer aus der unmittelbaren Umgebung des Iemoto geben, die einzelne der strengst geheimen Zeremonien kennen, aber eben nicht alle. Ein anderer wieder kennt eben andere geheime Tenmae.
Damit diesnt die geheime Tradition auch der Sicherung der Macht des Iemoto.
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Nachtrag zu geheimer Überlieferung

Beitragvon sensei » Freitag 29. April 2011, 07:35

Am 25. und 26. Juni werde ich am Benediktushof in Holzkirchen beim Zen - Fest von Pater Williges Jäger eine hoch geheime Daisu Zeremonie vorführen. Öffentllich! Natürlich nur für die Teilnehmer am Fest.
Aber bitte keine Hoffnungen machen: wenn man nicht die Shikaden aus dem ff. beherrscht und ebenso die Daisu Zeremonien, hat man keine Chance, sich den Ablauf zu merken. Der ist einfach zu kompliziert.

Warum ich das mache obwohl das alles andere als Wabi Cha ist?
Erstens ist das Thema des Festes Zen zwischen Tradition und Zukunft. Es werden auch der Abt und Mönche aus dem Kloster, in dem einst Rinzai gelebt hat dort sein. Diese Daisu - Zeremonien haben ihren historischen Ursprung in China, wenn sie auch in Japan entsprechend abgewandelt worden sind.

Zweitens möchte ich Zen in Bewegung und beim Tee Zubereiten zeigen.
Man diese Zeremonien als repräsentative Zeremonie verstehen, man kann sie aber auch als totale Zen-Meditation sehen. Wenn man vollkommen im Ablauf aufgeht und sich selbst und die Zuschaeur vergißt, dann ist das reiner Zen. Das möchte ich gerne vermitteln.

Deshalb übe ich diese Zeremonie derzeit beinahe täglich, nicht nur, um den Ablauf völlig zu verinnerlichen, sondern auch um den Zustand der völligen Leere zu trainieren und zu stabilisieren.
Wer Lust hat, kann gern am Zen Fest teilnehmen. Einfach am Benediktushof anmelden.
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