dogu marke eigenbau?

Teeschalen, Mizusashi und alles aus Keramik

dogu marke eigenbau?

Beitragvon Kiun » Montag 6. Juli 2009, 17:26

dogu marke eigenbau oder tabubruch?

hallo allerseits

hier ein beitrag zum thema dogu, welcher hoffentlich auf reges echo stossen wird.

wir teeleute haben es hierzulande doch echt nicht wirklich einfach! wie in einem anderen beitrag scheint sogar die beschaffung von kohle für den ro und furo ein schieres ding der unmöglichkeit zu sein - oder es artet preislich so aus, dass es mit "wabi und sabi" wohl auch nicht mehr viel zu tun hat.

an dieser stelle oute ich mich gleich als ziemlicher neuling in der welt des chado und somit mag folgende fragestellung bzw. folgendes thema leicht bis sehr naiv erscheinen.

für mich steht momentan zur debatte, ob ich mich daran trauen soll gewisse dogu aus keramik selber zu machen oder nicht.

bestimmt gibt es punkte, welche dagegen sprechen, aber meines erachtens viele, die dafür sprechen.

wahrscheinlich wird mir hier jeder zustimmen, dass eine schlichte schale schnell ein kleines vermögen kosten kann. wenn diese (tatsächlich) aus der hand eines (japanischen) meisters stammt, mag eine höheres oder hohes preisnivea durchaus seine berechtigung haben - keine frage. eine alternative sind "second hand-schalen" wie z.b. die von www.rikyucha.com, oder eben alljene schalen/mizusashi etc. welche in einer mittlerweile unzahl von online shops zu finden sind.

ersteres mag ok sein, wenn man den nötigen finanziellen hintergrund hat - bloss wer bezahlt schon 1500.- euro für ein mizusashi - und dies ohne mit der wimper zu zucken...??? problematisch mag dies dann werden, wenn dessen form und farbgebung per se nur zur sommerzeit passend ist. man braucht schon ein glückliches händchen, wenn man ein alljahres gefäss finden will.

unter den "second hand"-dogu gibt es wirklich schöne stücke, und auch hier ist an sich nichts einzuwenden. lediglich beim "koicha-dialog", können wir ggf. übelst in bedrängnis kommen. wenn jemand wissen will, wer die schale gemacht hat, kanns doch ziemlich eng werden. ist der schöpfer des guten stücks bekannt, so mag das gehen. aber wenn nicht - mal ehrlich leute sagt ihr dann: "die habe ich auf ebay gekauft"????? ich für meinen teil habe allerdings auch nicht den nerv, mir irgendwas aus den fingern zu saugen, auch wenn ich "nicht-teemenschen" auf der anderen matte knien bzw. sitzen habe und die keine ahnung von der materie haben.

bei der "allerweltskeramik" halte ich mich kurz - was in masse produziert wird, ist auch in masse vorhanden. demnach werden wir das lieblichblaue kensui bei vielen anderen finden und wenn nicht - dann halt die selbe ausführung in seto. ok...immer noch besser als nichts...

natürlich sind nun die jenigen angesprochen, welche schon mit keramik gearbeitet haben, oder sich das zutrauen...oder jemand entsprechenden zu hand haben.

aber angesichts des obigen, stellt sich doch ernsthaft die frage, inwiefern es sinnvoll sein kann, gewisse utensilien selbst herzustellen? ohne die achtung vor dem japanischen kunsthandwerk zu verlieren: für uns herrscht hier eine andere situation als in japan. rein sachlich gesehen haben wir hier die gleichen tonerden zur verfügung, wie in japan auch. die erden sind ohnehin chemisch ähnlich zusammengesetzt - wenn auch mit leichten unterschieden. das selbe gilt z.b.a auf für glasuren und engoben - obwohl diese industriell hergestellt werden.

ich für meinen teil habe recht lange hin und herüberlegt und bin nun geneigt es auf einen versuch ankommen zu lassen. womöglich habe ich persönlich den vorteil, dass ich gestalterisch doch recht aktiv bin und irgendwie macht sich bei mir das bedürfnis breit keramiken zur hand zu haben, welche (auch) meiner individuellen erfahrung auf dem chado mehr entsprechen, als anonym-industrielles steinzeug. es geht hierbei auch nicht darum konkurenzprodukte zu erzeugen - passender wäre vielleicht die bezeichnung "nischenprodukt".

was meint ihr?

viele grüsse
markus
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Re: dogu marke eigenbau?

Beitragvon sensei » Samstag 25. Juli 2009, 10:11

Dogu selbst herstellen?
Eigentlich keine schlechte Idee - soweit das handwerkliche Können dafür ausreicht.
Aber es ist sicher eine gute Erfahrung, einmal den Versuch zu machen, eine Teeschale oder ein Mizusashi selbst zu formen. Natürlich werden dabei zunächst keine Meisterwerke entstehen. Ein Keramiker hat halt schließlich sehr lange gelernt.
Das Problem bei einer guten Teeschale ist, dass man Erfahrungen damit haben sollte, wie man eine Teeschale im Teeweg handhabt. Erst wenn man die Funktion verstanden hat, kann man eine gute Teeschale machen. Darum sind viele Teeschalen von nicht japanischen Keramikern recht mangelhaft. Sie sehen zwar ganz hübsch aus, aber bei der Handhabung stellen sich eine Menge Mängel heraus. Wir haben selbst bei einem Seminar mitgemacht, bei dem der Keramiker Genya Sonobe europäischen Keramikern erklärt hat, was eine Teeschale ausmacht. Wir hatten zuvor Teezeremonie vorgeführt und die Keramiker hatten die Gelegenheit, selbst die Teeschalen in die Hand zu nehmen, Tee zu schlagen und zu trinken. Da war schon oft ein großes AHA! zu hören.

Eine gute Raku-Schale entsteht ohne Drehscheibe. Sie wird aus der Hand geformt, indem man ständig im Dialog mit der entstehenden Schale steht, solange, bis die Hände sagen: so ist es gut. Aber dazu sollte man vorher eine gute Schale in der Hand gehabt, damit Tee gemacht und ihn daraus getrunken haben. Eine gute Teeschale versammelt alle fünf Sinne in sich.

Ich denke, jeder Teeschüler sollte mindestens den Versuch gemacht haben, wenigsten eine Teeschale und ein Mizusashi selbst zu machen. Erst dann versteht man die Schale wirklich und weiß, welche Kunstwerke man in der Hand hat.
Darum machen wir hier im Myoshinan ja auch jeden Sommer, meistens im August, Keramik-Seminare. Wir formen unsere eigenen Teeschalen, Mizusashi, Kogo usw. Sicher geht vieles zu Bruch, die Glasuren sind nicht so, wie man sich das vorstellt usw. Aber zumindest lernen wir, was eine gute Teeschale ausmacht und wir lernen die Ehrfurcht vor einer wirklich gut gemachten Schale.
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Re: dogu marke eigenbau?

Beitragvon sensei » Samstag 25. Juli 2009, 10:29

Hier noch ein paar Gedanken zum Kauf von Dogu bei ebay und co.

Lieber Markus, sie schreiben, dass Sie auf dem Teeweg noch ein Anfänge sind. Dann bitte Vorsicht mit dem Kauf von Dogu.
Anfänger haben oft noch kein wirkliches Gefühl, was gute Dogu sind. Oft wird viel Geld ausgegeben für minderwertige Ware. Ich kenne das, weil es mir selbst auch so gegangen ist und weil ich das bei vielen Schüler genau so beobachte. Also am Anfang nicht zu schnell zu viele Dinge kaufen. Oft kann der Lehrer helfen beim Beurteilen von Teegeräten.

Früher war es in Europa weitaus schwieriger, an gute und preisgünstige Teegeräte zu kommen. Ich hatte einmal das "ungeheure Glück" einen Hishaku zu finden. Der hatte zwar einen Sprung, den konnte man aber kleben. Ansonsten gab es nur - wenn überhaupt - teuren Schund.
Heutzutage kann man in Japan in "recycle shops" gute Dogu für schandbar günstige Preise finden. Aber wer fliegt schon dauernd nach Japan?

Ich habe selbst schon viele Dogu bei ebay gakauft. Aber man muss da schon wissen, was man will. Wir können die Stücke nicht in die Hand nehmen, sondern sind auf Fotos angwiesen. Und dann die Preise. Manchmal steigen die Preise für Schund ins Aberwitzige, manchmal bekommt man phantastisch gute Stücke für ganz wenig Geld. Aber dann muss man sich wirklich auskennen, sonst kauft man da auch nur Schund zusammen. Und dann beim Tee sagen zu müssen: das hab ich bei ebay gekauft?
Dann lieber selber machen.

Aber warum soll man nicht in Europa nach guten und schönen Dingen suchen, die für den Tee geeignet sind?
Sicher recht schwierig, weil wir keine Teekultur haben. Ich habe einmal in Japan bei einem Chaji ein atemberaubend schönes Kogo gesehen. Es war aus Bein geschnitzt. So etwas Schönes hatte ich noch nie zuvor gesehen. Auf die Frage, woher das Kogo kam, sagte der Gastgaber: Das habe ich auf einem Flohmarkt in Boston gekauft. Es war aus einem Walfischzahn geschnitzt. Gemacht hatte es ein unbekannter Walfänger, der sich die lange Zeit auf See mit dem Schnitzen von Walfischzähnen vertrieben hatte. Also warum nicht auf Flohmärkten schauen?
Schließlich haben Rikyû, Take no Jôô und die anderen Teemeister auch nichts anderes gemacht.
Sie haben ein schönes Stück gefunden und dann überlegt, wozu man es im Tee benutzen kann. Also warum nicht auch schöne Dinge aus unseren Heimatländern benutzen?
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Re: dogu marke eigenbau?

Beitragvon Kiun » Samstag 25. Juli 2009, 18:46

...nun... ich habe relativ schnell festgestellt, dass ich doch etwas zu enthusiastisch war, was die eigenproduktion von dogu betrifft. jedenfalls bin ich von dieser idee abegekommen, trotz eines gewissen handwerklichen geschicks- für den moment zu mindest. vielleicht wäre ein keramikseminar in rüsselsbach doch ein versuch wert? :D...
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Re: dogu marke eigenbau?

Beitragvon Kiun » Samstag 25. Juli 2009, 18:52

tatsächlich ist es auffällig, dass es diverse stores gibt, welche einem das geld aus der tasche zu ziehen versuchen und als anfänger hat man tatsächlich so seine mühe den unterschied zwischen guten dogu und jämmerlichem "gescherbe" zu machen.

bloss, woran erkennt man gute dogu?
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Re: dogu marke eigenbau?

Beitragvon sensei » Dienstag 28. Juli 2009, 13:35

Ein Besuch beim Raqku - Seminar ist sicher einen Versuch wert. Es werden dabei sicher nicht die ultimativen Kunstwerke entstehen, aber es ist eine neue Erfahrung auf dem Teeweg, wenn man versucht, einmal selbst eine Teeschale zu formen.
Der Teeweg ist eben ein sehr reichhaltiger Weg.
Wir kommen in Kontakt mir dem Blumenstecken, der Keramik, der Schreibkunst, der Kochkunst und und und ...
Auf jeden Fall lernt man durch das eigene Tun, was eine gute Keramik ausmacht.
Vielleicht sehen wir uns ja mal auf so einem Seminar?
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Re: dogu marke eigenbau? Selbstgemachte Natsume

Beitragvon sensei » Dienstag 4. August 2009, 09:50

Bei dem Raku-Seminar kam ein Seminarteilnehmer mit einer selbstgedrechselten Natsume.
Die Natsume war aus Kirschholz aus dem eigenen Garten. Gibt es was schöneres?
Er sagte beim Seminar, dass er anstrebt, einen kompletten Satz aus Dogu selber zu machen.

Also ran an die Drehbank, den Brennofen, die Werkbank.
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