Schwarz und rot: Teeschalen im wabi-cha

[sensei]

Kiun meinte, das Rikyû schwarze und rote Teeschalen benutzt hat und dass diese Farben für Chawan im wabi-cha angemessen seien.
Das ist nur bedingt richtig! Rikyû hat rote Teeschalen verwendet, das stimmt, aber nur, weil er von Hideyoshi dazu gezwungen wurde. Es gab einen heftigen Streit zwischen den Beiden. Hideyoshi haßte schwarze Raku chawan und er verbot Rikyu deren Verwendung. Für Rikyu war der schwarze chawan ein absoluter Ausdruck der Farblosigkeit.
Es war überhaupt nicht einfach, schwarze Raku Schalen herzustellen und Rikyu experimentierte sehr lange mit Chojiro, bis es gelang, einen befriedigenden schwarzen Chawan herzustellen. Daran schon sieht man, dass Schwarz die absolut bevorzugte "Farbe" Rikyus für Chawan war. Rot war zunächst einfach eine Notlösung, weil Chojiro keine schwarzen Schalen herstellen konnte.
Es gab nur eine einzige Ausnahme, bei der Rikyû einen roten chawan bevorzugte, und das war im Taian Teeraum. Der Taian ist ein winziger Teeraum, in der heutigen Form mit zwei Tatami. Die Wände waren mit Kakisaft geschwärzt und die Ecken rund geputzt, so das der Eindruck einer dunklen Unendlichkeit entstand, zumal der Raum nur ganz winzige Fenster hat, die gerade so ausreichten, damit man überhaupt etwas sehen kann. In diesem Raum wäre die Verwendung eines schwarzen Chawan unpassen gewesen, weil man ihn kaum gesehen hätte. Also erlaubte Rikyu für diesen Raum einen roten Chawan. Als AUSNAHME!

[Kiun]

nein das hat kiun nicht so gemeint...VEEEEEEEEEEEEEEEEEEEETO!!! :D ich hab das schwarze/rote raku bloss als beispiel, im sinne einer unvollständigen aufzählung erwähnt und auch dies eher am rande. in erster linie gings mir v.a. um die frage, ob zu joo's/rikyu's zeiten die schwarzen/roten natsume bereits bemalt waren und wie man sich die wabi-cha utensilien von damals vorstellen kann. *puhh!* konnt' ich mich nochmal rausreden ;)

aber da wir schon bei roten/schwarzen chawan sind. also wenn rikyu rotes raku im taian verwendet hat, so denke ich da auch an den yobanashi no cha. soweit ich weiss, sind kerzen beim yobanashi no cha ja die einzige lichtquelle und schwarzes raku wäre da ja auch weniger vorteilhaft, oder?

[caro]

[sensei]

Nicht so viel Denken, keine Fragen stellen, einfach nur Tun!
Wer sagt denn sowas?
Zum Beispiel die großen Zenmeister wie Lin-Ji / Rinzai oder Hakuin. Aber die wahr hoch gelehrt!

Und woher stammt denn das Zitat? Vom Mönch Dschü-Dschih (oder Chü-Chi) aus dem Biyänlu - oder japanisch Hekiganroku.

Der Mönch Chü - Chi saß einmal in Meditation, als eine wandernde Nonne kam und nicht einmal ihren Strohhut abnahm."Wenn du nur ein einziges Wort zu sagen hast, nehme ich meinen Hut ab!" Aber er wußte nicht was er sagen sollte. Es war schon spät am Abend und er lud deshalb die Nonne ein, über Nacht zu bleiben. "Wenn du nur ein einziges Wort zu sagen hast, bleibe ich über Nacht!" Aber wieder wußte Chü-Chi kein Wort. Später besuchte ihn ein weiser Mann in seinem Tempel und er fragte den Weisen, was er denn hätte sagen sollen. Der Weise hob nur den Finger ohne ein Wort zu sagen. Da war CHü Chi schlagartig alles klar. Von da an antwortete er auf jede Frage, die man ihm stellte, indem er nur den Finger hob.

Die Gestalt des Mönches, der nur den Finger hebt ohne zu sprechen stammt aus dem Kegon-Sutra, dem Blumenschmuck oder Blumengirlanden Sutra. Dieses gewaltige Sutra stellt die Lehre Buddhas zum Beginn seiner Lehrtätigkeit dar. Buddha und eine Unzahl von Schülern sind versammelt um den Geierberg, auf dem Buddha sitzt, ohne auch nur ein einziges Wort zu reden. Auf den umliegenden Gipfeln sitzen die Boddhisattvas und halten Lehrreden über alle Aspekte der Lehre Buddhas. Dann tritt ein schlichter alter Mann auf, der mitten unter all den Boddhisattvas steht. Er spricht wie Buddha nicht ein einziges Wort. Aber als er den Finger hebt, schweigt der gesamte Kosmos vor Ehrfurcht.

Die eigentliche Lehre Buddhas ist wortlos. Aber: warum reden denn all die Boddhisattvas?
Ohne Fragen und ohne Worte ist die Lehre eben doch nicht zu vermitteln. Erst wenn man genug gefragt und nachgedacht und geübt hat, genügt der erhobene Finger! Aber nur dann!

In den Rikyu Hyakushu ist die Rede davon, dass man nur geschickt (上手 - jo de) werden kann im Tee, wenn man fragt!

Die Geschichte von Chü - Chi und seinem erhobenen Finger geht noch weiter. Im Mumon Kan wird erzählt, dass Chü-Chi einen jungen Novizen in seinem Kloster hatte. Immer wenn Besucher kamen und den Novizen nach der Lehre von Chü - Chi fragten, hob der Novize einfach nur den Zeigefinger. Als er dies wieder einmal tat, hieb ihm Chü - Chi mit einem großen Messer den Finger ab. Der Novize war völlig erschüttert und fragte den Meister, warum er das getan hatte. Aber der hob nur den Finger hoch. Da erwachte der Novize.

Es genügt also nicht, den Finger zu heben. Es kommt darauf an, WER den Finger hebt!
Nur wenn man verstanden hat, darf man wortlos den Finger heben!

[Kiun]

@ caro: ich werd' bestimmt nach rüsselsbach kommen, wenn auch nicht mehr im jahr des ochsen:)... ja es ist schon so, dass die unterrichtsatmosphäre sich schon sehr von jener eines teehauses/raumes unterscheidet. gerade letzthin habe meine temae nur mit kerzenlicht geübt und so eine idee und empfindung für den yobanashi-cha bekommen. das ist schon was ganz besonderes! die annektote von chü-chi, hat schon viel wahres an sich. dennoch ist chado, wahrscheinlich der komplexeste aller wege. aber das ist ja auch das schöne daran - man lernt (fast) jeden tag was neues dazu. fragen hin, antworten her, einer der beglückensten momente ist eben schon der, in dem man ein wirkliches gefühl für utensilien und temae bekommt und das gelernte wie ein teil von einem selbst wird, zumindest mir geht es so.

@sensei: betreffend der versammlung buddhas und seiner schüler auf dem geierberg aus dem kegon-kyo, ist mir noch etwas eingefallen:

im tibetischen vajrayana-buddhismus gibts eine darstellung des shakyamuni in welcher er die linke hand in der dhyana-mudra (meditations-mudra) hält und in der rechten, erhobenen hand eine blume. gemäss der ikonographischen erklärung die ich zur hand habe, wird der bhiksu mahakashyapa erwähnt, welcher als einziger shakyamuni's geste verstand und diese mit einem lächeln beantwortete. interessanterweise gibt es diese darstellung ausserhalb des tibetischen vajrabuddhismus nicht, weder im mikkyo, noch in anderen schulen des vajrayana.

ps: haben alle ihre zeigefinger noch?;)

[sensei]