CHADŌ - DER TEEWEG

Vasen in Form von Booten haben in der Zeit Rikyū's eine große Rolle gespielt.
Das ist natürlich kein Wunder, waren doch viele der Teeleute Kaufleute aus der Hafenstadt Sakai, die ihren Lebnsunterhalt mit Schiffen verdienten.
Man unterschied zwischen einfahrenden und ausfahrenden Booten.

Es gibt eine ganze Reihe von "geheimen" Überlieferungen über die Verwendung von bootförmigen Vasen. Allerdings waren diese Vasen nicht aus Bambus, sondern aus Metall gefertigt und sie hingen - nicht wie die abgebildete Vase, die an einer Ranke aufgehängt ist - an einer dünnen Kette.

Salix caprea (Sal-Weide / Palmkätzchen)

Kamellia Japonica

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April:




Wenn das Wetter im April jeden Tag wärmer wird, fängt eine Vielzahl von Blumen an zu blühen.
Während der kalten Monate waren Blumen rar, doch mit dem Beginn der warmen Jahreszeit nimmt die Verschiedenheit von Blumen, die auf dem Felde wachsen, zu.

Material: Apfelzweig und Kamelie
Vase: Bambus

Ein Zweig eines treibenden Apfelbaumes, dessen rote Blütenknospen kurz davor sind, aufzugehen, ist senkrecht in Falllinie der schlichten Bambusvase platziert.
Als nejime wird eine gedrungene weiße Kamelie mit drei Blättern verwendet. Obwohl die Blumen ganz gerade zu stehen scheinen, wurden sie so am Rand der Vase angebracht, dass sie sich etwas nach vorne lehnen.
Dieses chabana steht auf einem rustikalen, angesengten Brett des So- Stils.

Paeonia (Pfingstrose)
Malus (Apfelzweig)

Vase: Bambus

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Woher kommt denn jetzt vor Ostern noch die Pfingstrose?

Aber Achtung!
Hier ist die Päonie so wie die Kamelie als nejime verwendet worden.
Aber es handelt sich um zwei total verschiedene Blumen.

Die Kamelie ist eine Verwandte des Teestrauches. Die Blüte bildet sich an relativ kurzen Stengeln, weshalb man sie nur als Basis verwenden kann. Dahinter muss ein aufstrebender Zweig das Gesteck auflockern. Kamelie ist eine hervorragende nejime!

Eine Pfingstrose ist eine Königin! Sie will und sie kann völlig allein stehen! Sie hat eine große, schöne Blüte, die auch - und gerade - als halb geöffnete Knospe schön ist und sie hat schöne Blätter, die eine gute Basis bilden.
Man kann eine einzelne Päonie in eine schlanke Shin Vase stellen.
Das wars! Mehr braucht es nicht.

Wenn es hier Päonien gibt, stelle ich mal ein Beispielbild ein.

hallo sensei,
hier gibt es einfach keine kamelien mehr, deshalb dachte ich, eine paeonie tut es auch.
wusste allerdings nicht, dass man die alleine anordnet.

haben sie noch tips als nejime? neulich habe ich eine anemone verwendet, darf man das?

liebe gruesse,
julian

Es ging hier nicht um Beckmesserei, sondern darum, dass man das Wesen der Blumen kennen lernt. Natürlich kann ich auch eine Päonie so stecken oder sie in einem bunten Strauss in einem Korb mit verwenden. Aber sie zeigt ihre stolze Schönheit erst, wenn sie allein steht.
Sie hat alles, was sie braucht: einen langen Stil, schöne Blätter, die eine Basis bilden und eine wunderbare Blüte, die besonders schon als Chabana ist, wenn sie sich gerade zu öffnen beginnt.
Eine einzige Blüte in eine Shin Vase: das läßt den Atem stocken! Aber gegen die Verwendung im April spricht, dass man die Blume wohl nur aus dem Treibhaus bekommen kann. Hm! "Verwende die Blumen, wie sie auf dem Felde wachsen!"

Als nejime würde sich derzeit der Pestwurz anbieten. Der ist klein und knollig und geht nur als nejime, weil er als Einzelblume viel zu kurze Stiele hat.



Petasites Japonicus (Quelle: Wikipedia)

Derzeit müsste der am Ufer des Eisbaches in Massen vorkommen, man muss nur hinschauen. Der Pestwurz lieb feuchte Wiesen um kleine Bäche. Bei uns gilt der Pestwurz als giftig, aber in Japan wird er gern gegessen.

Andere "Blumen", die jetzt oder bald blühen sind die Taubnesseln. Sie haben unter der Schichten von kranzförmig wachsenden Blättern kleine weiße oder blaue Blütenkränze. Einfach die obersten Blätter wegzwicken, dann komt der Blütenkranz zum Vorschein. Schönes nejime.

Nachteil von diesen Blumen: man kann sie nicht um Blumenladen kaufen.
Vorteil: man muss hinaus in die Natur, die Augen aufmachen und lernen, was es jetzt dort gibt.

Das ist mit ein Bestandteil des Teeweges: die Natur beobachten und von ihr lernen!

Was ist mit dem Buschwindröschen? Wäre das nicht auch eine Teeblume, die Schönheit wie Einfachheit in sich eint? Ich liebe diese Blume sehr. Jahr für Jahr ist sie die erste Künderin einer lichteren und wärmeren Zeit. Momentan sind die Wiesen voll davon. Ein schön älteres Buch über Ikebana, welches sich mit den einheimischen Blumen befasst, zeigt, dass wir nur raus gehen brauchen und alles da ist, was wir suchen.
(Hellmuth Sudheimer, IKEBANA, Kunst des Blumensteckens mit einheimischen Pflanzen, Verlag Paul Parey,1963)

Natürlich sind Buschwindröschen wunderbar!
Man kann sie gut als nejime verwenden. Einen Zweig mit Blattknospen darüber und ein wunderbares Chabana ist fertig.

Das Problem mit den japanischen Vorgaben für Chabana besteht eben darin, dass die Chabana in Kyoto entwickelt wurden. Blumen, die dort zu einer bestimmten Zeit blühen und damit geradezu zum Symbol für eben diese Zeit wurden, blühen selbst in Japan nicht überall zur gleichen Zeit. In Kyushu sind sie vier Wochen früher, in Hokkaido, das etwa das Klima von Bayern hat, vier Wochen später.
Ich glaube, ich habe schon einmal in diesem Thema erwähnt, wie eine Teelehrerin bei der Urasenke über ein neu erschienenes Buch über Chabana geschimpft hat: "Alles nur für Kyoto verwendbar! In meiner Heimat Hokkaido blüht alles gut vier Wochen später. Wenn es nach diesem Buch ginge, dürften wir in Hokkaido überhaupt keine Blumen mehr verwenden, es sei denn, sie kämen aus dem Treibhaus!"

Will sagen wir müssen das Wesen der bestimmten Blumen lernen und sie eben dann verwenden, wenn sie gerade bei uns blühen. Dabei kann es sein, dass wir völlig andere Blumen finden, als sie in Kyoto blühen.

Darum: mit offenen Augen durch die Natur gehen, Blumen und Blüten entdecken und experimentieren. Nur so lernen wir Chabana.

Noch ein Wort zum Unterschied von Chabana und Ikebana.
Ikebana folgt strikten Regeln. So werden z.B. die Linien Himmel - Mensch - Erde gebildet. Diese Linien gibt es nicht im Chabana.
Wenn es hier eine Regel gibt, dann die: "Stecke die Blumen so, wie sie im Felde wachsen!"

Dazu gehört, dass man keine Blumen ausserhalb ihrer Zeit verwendet. Probleme siehe oben.
Dazu gehört auch, dass man in einem kleinen Teeraum etwa Blumen, die unten auf der Erde wachsen auch unten auf dem Boden arrangiert, Blumen, die oben an Bäumen und Büschen wachsen so, dass man zu ihnen hinaufschaut - vorausgesetzt, man sitzt im Seiza am Boden.

Auch diese Regel bitte mit Augenmass anwenden. Die wichtigste Regel ist, dass die Blume zum Gast hinschaut und man mit ihr "reden" kann. Das geht eben besser, wenn man zu Bodenblüten hinunter und zu Baumblüten hinauf schaut.

Ich kann mir allerdings auch gut eine hängende Vase mit einem Buschwindröschen als nejime vorstellen, zu dem ich hinauf schauen muss. Das kommt auf den Raum und auf das Arrangemant der Chabana an. Vielleicht stellt jamand mal ein Bild einer Chabana mit Buschwindröschen ein?

Schwertlilie (Iris)

Rosmarin (Rosmarinus officinalis)

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