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DER TEEWEG IM MÄRZ
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春なれや / 名もなき山 / 薄霞  - Haru nare ya / na mo naki yama / usu gasumi
Es ist schon Frühling:  Namenlose Berge  verborgen vom leichtem Nebel

Dieses Haiku schrieb der großen Dichter Basho, als er Ende Februar - Anfang März 1685 auf dem Weg nach der alten Hauptstadt Nara war. Der Frühlingsnebel hüllt die Berge ein, aber er ist schon warm, und unter seinem Schutz beginnen sich die Knospen zu regen: bald werden die ersten Blüten an den Kirschbäumen zu sehen sein.

Der alte japanische Name für März ist Yayoi, abgeleitet von iya oishigeru - die Pflanzen wachsen prächtig.

Der März ist eine Umbruchszeit. Der Winter ist noch nicht richtig vergangen, aber das Frühjahr drängt mächtig heran. Wir spüren diese Zeit oft in der Frühjahrsmüdigkeit, die unseren vom Winter erschöpften Organismus ergreift. Kein Wunder also, dass diese Zeit eine Zeit der Frühjahrskuren und der Reinigungen ist.  Auch im alten Japan war es am Kaiserhof üblich, solche Reinigungen zu vollziehen.

Dazu fertigte man Puppen aus Papier oder Stroh an, damit sie alles Übel, das sich während des Winters angesammelt hatte, aufnehmen sollten. Dann warf man die Puppen in den Kamo-Fluß, der die alte Kaiserstadt Kyoto von Nordwesten nach Südosten durchzieht.

Der Brauch erinnert an die Strohhunde im alten China.Im Daodejing Nr 5 heißt es:

Himmel und Erde sind unparteiisch
Strohunde sind ihnen alle Dinge.

Die Stroh-Hunde oder vielleicht Hunde aus geschnittenem Gras wurden im alten China als Opfertiere genommen. Im Zhuangzi wird berichtet, das einmal Meister Kong (Konfuzius) in das Land Wey wandern wollte. Der Musikmeister Jin sagt voraus, dass diese Reise zum Scheitern verurteilt sein wird und er erzählt das Gleichnis von den Strohunden:

"Ehe die Strohhunde auf dem Altar dargeboten werden", antwortete Musikmeister Jin, "werden sie in Bambuskästen verschlossen gehalten, unter einer Hülle von Brokat. Sie sind so heilig, daß der Totenknabe und der Beschwörer sich erst durch Fasten und Enthaltsamkeit reinigen müssen, ehe sie die Hunde anfassen dürfen. Sind sie aber dargeboten worden, so vernichtet ein Tempeldiener sie und tritt darauf, die Straßenkehrer fegen alles zusammen und verbrennen sie, so sind sie für alle Zeiten dahin. Denn man weiß, daß, wenn sie nach ihrer Weihe in den Kasten zurückgelegt würden, unter die Hülle aus Brokat, so würde jeder, der in ihrer Gegenwart wohnte oder schliefe, fortgesetzt von Dämonen besessen sein, statt die erwünschten Träume zu erlangen. Was sind die alten Könige, denen dein Meister Beifall zollt, anderes als Strohhunde, die ihre Rolle ausgespielt haben?

Noch heute hat sich im modernen China in manchen Gegenden bei Bestattungen der Brauch herausgebildet, dass dem Totem auf seine Reise in die andere Welt alles mitgegeben wird, was er benötigt: Kühlschranke, Fernsehgeräte, Autos usw. Aber natürlich benötigt der Tote keinen wirklichen Kühlschrank. Ihm genügt eine Nachbildung aus Papier, die im Umriss so aussieht wie ein Kühlschrank. Am Grab wird dann dieser Papierkühlschrank verbrannt und die Essenz des Kühlschrankes begleitet den Toten in seine neue Heimat.

Die Strohpuppen am Kaiserlichen Hof wurden wie die chinesischen Strohunde in hohen Ehren gehalten, solange, bis die Zeremonien beendet waren. Danach waren sie wertlos, und man warf sie in den Fluss. Nun trugen sie alles Übel ins offene Meer hinweg.

Diese Sitte erscheint uns heute doch recht archaisch, ja ein wenig wie ein schamanistischer Zauber. Man überträgt das eigene Übel auf stellvertretende Puppen und vernichtet mit den Puppen zugleich das Übel. Aber tun wir nicht oft ähnliches? Wir "übertragen" das Schlechte auf die Anderen, die dann an unserer Stelle die Schuld tragen. Wenn das Kind in der Schule nicht die Leistung bringt, die wir von ihm erwarten, dann ist der Lehrer schuld. Wenn wir krank sind, ist der Arzt schuld, weil er unfähig ist, die richtige Medizin zu verschreiben. Und wenn wir in der Arbeit Probleme haben, ist der Chef oder sind die Kollegen schuld. Wir suchen halt nicht gern in uns nach der Ursache des Üblen. Dann doch lieber die Übertragung auf Strohpuppen, als auf andere Menschen!

Diese Übertragung Moschophoros des Üblen gab es auch in der abendländischen Antike. Der spätantike Schriftsteller Pausanias, der geradezu einen "Reiseführer" des untergehenden Griechenland geschrieben hatte, berichtet von der boiotischen Stadt Tanagra nahe des antiken Theben:

Dort gab es den Tempel des Hermes Kriophoros. ... Der Name stammt daher, dass  (der Gott) Hermes einst die Pest von der Stadt abgewendet hatte, indem einen Widder auf seinen Schultern rund um die Stadtmauern trug. ... Noch heute (zur Zeit des Pausanias) wählt man einen Jüngling aus, der stellvertretend ein Lamm um die Mauern der Stadt trägt.

Ein anderes antikes Bild, das vermutlich von diesen ähnlichen Bräuchen abstammt ist der Lammträger, der dann in der christlichen Zeit als der "gute Hirte" gedeutet wurde. Ursprünglich war es aber ein Jüngling, der den "Sündenbock" oder das "Opferlamm" um die Stadt trug, damit es alle Übel aufnahm. Anschließend wurde es gesteinigt und damit das Übel ausgerottet. Ein "Opferlamm", dass die Sünden der Menschen auf sich nahm, um dann am Kreuz geopfert zu werden, ist uns ja allen bekannt.

In Japan ist der Brauch, die Strohpuppen in den Fluss zu werfen verschwunden, weil sich die Puppen immer wieder in den Netzen der Fischer verfingen. Aber die Sitte, Puppen aufzustellen ist in der Edozeit vom Kaiserhof auf das gewöhnliche Volk übergegangen.

Heute stellt man am 3. März zum Hinamatsuri, dem Puppenfest, in vielen Familien einen Satz von bis zu 15 Puppen auf, die den kaiserlichen Hof zur Heian - Zeit um 1000 nachstellen.

Kaiserin aus dem Hofstaat zum Hinamatsuri

Auf einem treppenartigen Gestell werden ganz oben der Kaiser und die Kaiserin aufgestellt, darunter drei Hofdamen, die dem Kaiserpaar aufwarten. Auf der nächsten Stufe stehen nachgebildete Süßigkeiten und Speisen, gefolgt von fünf Musikern der Hofkapelle. Darunter sitzen die beiden wichtigsten Minister, der Minister zur Linken, der Saidai-Jin und der zur Rechten, der Udai-Jin, eventuell mit drei Hofbeamten als Beleiter, die Schirme oder Sonnenschirme bereit halten. Der Minister zur Linken war der wichtigste Mann im Staat, denn er war es, der die eigentliche Regierungsgewalt ausübte. Deshalb wird er immer als alter Herr mit Bart dargestellt, während der Minister zur Rechten ein junger Mann ist.

Hinamatsuri _ Hofstaat

Diese Anordnung des Hofstaates entspricht der idealen Ordnung, wie sie ein spezielles kaiserliches Hofamt der Heianzeit aus dem I Ging abgeleitet hatte. Die oberste Stufe nimmt der Tenno und die Kaiserin, die Dairi-Sama ein, die den ewigen Himmel repräsentieren. Hinter ihnen steht, wie im richtigen Thronsaal ein goldener Schirm. Rechts und links vom Kaiserpaar stehen kleine Laternen, die Kirschblüten im Frühjahrsnebel darstellen (siehe Basho`s Gedicht). Die unteren Ebenen repräsentieren die Welt der Menschen bis hin zu den Ministern, die im Menschenstaat handeln. Der Kaiser selbst kann und darf nicht in das Regierungsgeschäft eingreifen, weil er die kultische Reinheit repräsentieren muss, die der himmlischen Ordnung entspricht.

Die Kenntnis dieser Ordnungen sind durch die Handwerker, die im Auftrag des Hofes entsprechende Puppen herstellen mussten, ins Volk übergegangen. Daraus ist letztlich die hohe Kunst der Ningyo, der japanischen Puppen entstanden, die als eine der höchsten Handwerkskünste noch heute gepflegt wird. Es ist aber keineswegs so, dass man in Japan diese Ordnung versteht. Man hat niemals versucht, die Höheren zu verstehen, es genügt, sie nachzuahmen, um die Ordnung des Himmels herzustellen.

Heute werden die Puppen nur noch aufgestellt, weil es so der Brauch verlangt. Die tiefere Bedeutung des Festes ist längst verloren gegangen, so wie es bei unseren sogenannten christlichen Festen auch oft der Fall ist.

Eine komplette Sammlung der Puppen kann leicht den Wert von wenigstens 15.000 Euro übersteigen. Darum werden die Puppen in den Familien von Generation zu Generation weitergegeben.

Beim Fest selbst wird süßer weißer, nicht vollkommen vergorener Sake mit wenig Alkohol getrunken und besondere Süßigkeiten gegessen. Dazu singt man laut und fröhlich:

Ahari wo tsukemasho bonbori ni,
Ohana wo agemasho Momo-no hana
Laß uns Licht zu Bonbori (den Papierlaternen) bringen
und Puppen zusammen mit Pfirsichblüten dekorieren.

Anfang März werden wir im Dojo einen kompletten historischen Satz von Hinamatsuri Puppen aufstellen, die über 100 Jahre alt sind. Am Samstag, den 5. März sind die Puppen dann öffentlich zu besichtigen.Bei Interesse kann man dann auch an einer Teezeremonie teilnehmen.

Die Atmung spielt in allen Zen-Künsten eine ganz wichtige Rolle. Aber leider findet man in Japan keine Lehrer, die im Teeweg in der richtigen Atmung unterweisen. "Das ergibt sich von allein!" hat mein Lehrer einmal auf die Frage nach der Atmung geantwortet. Ja, vielleicht, wenn man dreißig Jahre fleißig übt!

Ende März wollen wir an einem Wochenende verschiedene Sitzhaltungen und Atemübungen ausprobieren, um den Tanden, das Energiezentrum im unteren Bauchraum zu entwickeln, das eine wichtige Voraussetzung für richtiges Atmen und eine tief empfundene Übung in den Künsten ist. Ja, die richtige Atmung ist Voraussetzung für Samadhi, den Zustand völliger Entspannung und des Eins-Seins. Das Üben des Teeweges und aller anderen Zen - Künste bekommt mit der richtigen Atmung eine vollkommen andere und tiefere Qualität. Die Teilnahme am Seminar ist auch Anfängern zu empfehlen, weil wir Übungen im Sitzen, Stehen und Gehen machen werden. Unterbringung im Dorfgasthaus ist zu empfehlen, weil wir sehr früh am Morgen mit den Übungen beginnen werden.

Termine

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Gerhardt Staufenbiel (Teezeremonie Lehrer, Leiter des Myōshinan Dōjō)
Carolin Höhn - Domin / Geschäftsführung

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