Der Teeweg im August.

Es ist der 15. August.
Wie oft schon wird es um diese Zeit kalt und der Sommer verabschiedet sich.
Mitten in der Fülle die Wende!
Dichte Regenwolken verhüllen das ganze Land.
Ein kalter Wind regt die Bäume auf und der kleine Hund, der sonst so gerne im Garten ist, verkriecht sich hinter dem Ofen und schläft.
Draußen riecht die Luft schon nach Herbst.
Seit Tagen schon reden die Bauern davon, dass nun bald der Winter kommt.
Die Felder sind schon abgeerntet, aber an den Bäumen reifen die Äpfel in den goldenen Herbst.

 Kalter Regen fällt,
lässt mich tief erschauern
mitten im Sommer.

 Die kalten Wolken
Verbergen das ganze Land.
Das Jahr wendet sich.

 Der Mond steht noch hell am Himmel, auch wenn er derzeit meistens von Wolken verborgen wird. Es ist der Meigetsu, der Namen-Mond. Mei-getsu ist wörtlich der ‘Namen-Mond’, der Mond, der einen Namen hat und den man deshalb benennen oder besingen kann. Besungen wird in Japan vor allem der Herbstmond. Das kann der Vollmond um den 15. August oder der Septembermond sein. Bashō hat wie viele Dichter Japans den Meigetsu besungen. Einerseits strahlt der Mond voll und schön, aber er bringt auch schon die ersten Nebel und den Dunst über den abgeernteten (Reis-)Feldern:

 Meigetsu ni
fumoto no kiri ya
ta no kumori.

Unter dem Herbstmond
Dunst am Fuße der Hügel,
Nebel auf dem Feld.

 Vorbei ist die Zeit der Sommerblumen, nur noch die blühende Baumwolle:

 Meigetsu no
hana ka to mie-te
wata – bataka

Unter dem Herbstmond
sah ich Blumen auf dem Feld.
Ach – nur Baumwolle!

(Alle diese Texte und mehr stehen im neuen Forum Haiku unter http://www.teeweg.de/blog/?forum=haiku Alle sind zum Mit-dichten und Denken eingeladen!)

 
Eröffnung der neuen Halle am 6. 7. September

Instrumente für KonzertHier im Myōshinan warten wir voller Spannung auf den Septembermond, denn dann werden wir unsere neue Meditations- und Veranstaltungshalle feierlich eröffnen.
Am Samstag, den 6. September - ein klein wenig zu früh für den Septembervollmond - eröffnen wir die Halle mit einer Feier und einem Konzert: `Lied unter dem Septembermond`. In Anlehnung an ein Haiku von Bashō habe ich dazu ein kleines Haiku verfasst. Bashō hatte den Mangetsuji, den Tempel des vollen Mondes am Biwasee besucht. Dort gibt es eine ‚schwimmende Halle‘, den Ukimido, von der aus man den Mond betrachten konnte, wie er sich im Wasser spiegelte. Im Namen der Halle liegt ein witziges Wortspiel. Ukimi heißt ‚schwimmend‘, das Betrachten des Mondes ist Tsuki-mi.

 kagi akete | tsuki sashiire yo | Ukimido
öffne den Riegel / lass das Mondlicht hinein in / den Ukimidō

 Das Haiku für das Konzert unter dem Septembermond:

Offene Türen.Das Mondlicht strahlt hell hinein
Segnet die Menschen. 

 Rainer Rabus, ein Musiker, der hier im Dorf ein paar Häuser weiter lebt, spielt japanische Trommeln, Klangschalen, Gongs und andere Instrumente, ich werde auf der Shakuhachi spielen. Gemeinsam mit dem Publikum werden wir auch einige Rezitationen machen und auch das Sitzen in Stille genießen. Wir werden um ein Dana ab 10 € bitten. 

Damit wird dann der weitere Ausbau der Halle finanziert.

Es war schon sehr viel Arbeit in den letzten Wochen. Das Schwimmbadbecken wurde mit einem Bretterboden geschlossen, die blinden Fenster wurden mit Shoji verkleidet, die Wände werden in den nächsten Tagen mit einem Lehmputz versehen, die Wasserleitung für die Toilette und die Dusche muss noch angeschlossen werden und und und ...
Aber wir nutzen die Halle schon regelmäßig für unsere Meditationen. Im Teeraum war es schon recht beengt. Hier können wir jetzt Kinhin, die Meditation im Gehen üben. Der Blick aus den geöffneten Shoji auf die Landschaft ist atemberaubend. Aber bei der Meditation schaut man ja eh nicht nach außen. Dafür wird sich die Landschaft aber am Konzertabend hoffentlich in voller Schönheit zeigen. Einlass ab 17.00 Uhr. Konzertbeginn 19.00 Uhr.

 
Am Sonntag, den 7. September ist dann hier ab 14.00 Uhr ein Tag der offenen Tür. Jeder kann kommen, bei unterschiedlichen Vorführungen wie Schwertkampf, einem Taiko Workshop oder bei der Teezeremonie mitmachen. Dazu wird es dann leckeres japanisches Essen geben. Ein Dana ist selbstverständlich willkommen, denn das Ganze muss ja finanziert werden. 

 
Dana.

Ich bin in der letzten Zeit oft gefragt worden, was denn eigentlich ein Dana ist. Darum hier eine kleine Erklärung.

Hier im Myōshinan verlangen wir keine festen Gebühren, sondern bitten um ein Dana, eine freiwillige Gabe als Gegengabe für das Erhaltene. Hier gibt es keine Dinge, die man greifen oder die einen unmittelbaren und greifbaren Nutzen haben. Wir geben keine Fische, sondern lehren das Fischen:

Schenkt man einem Menschen einen Fisch, so wird er einen ganzen Tag lang satt. 

Lehrt man dem Menschen das Fischen, so wird er ein Leben lang satt.

Dana ist ein wesentlicher Bestandteil buddhistischer Geistes- und Herzensschulung und entspricht auch dem Kern des Christentums, wo Großzügigkeit und Freude am Schenken und Helfen zentral sind.

Im Fernen Osten und Japan werden kulturelle Einrichtungen nicht vom Staat finanziert, sie leben vom Dana. Ohne Dana würde es viele Einrichtungen nicht geben. Das Myōshinan ist keine öffentlich geförderte Einrichtung. Es lebt von der Eigeninitiative und vom Engagement der Besucher.

Dana ist uns als Wort nicht so fremd, wie es auf den ersten Blick erscheint. Dana ist Sanskrit und bedeutet so viel wie «freie Gabe», «freies Spenden». Dana ist eng verwandt mit dem lateinischen «Dono» oder «donare», was ebenfalls Schenken oder Geben bedeutet.

Aber Dana ist kein mitleidiges Spenden. Es beruht auf Gegenseitigkeit. Ein Kloster oder ein Mönch, der in Japan ein Dana erhält, gibt im Gegenzug seinen Segen, seine Lehranweisungen oder er begleitet die Dana-Geber auf ihrem geistigen Weg in die Vollkommenheit. Der Geber übt das Loslassen vom Besitz, der Empfänger übet das Annehmen. Für ihn ist es wichtig, dass er nicht handelt, um Geld oder Materialien zu erhalten. Er gibt freien Herzens und er nimmt, was er bekommt, unabhängig davon, wie viel oder was es ist.

Dana ist eine der «sechs Paramitas (Vollkommenheiten)» im Buddhismus. Paramita bedeutet wörtlich »vom hiesigen zum anderen Ufer hinübergehen«. Das meint, vom hiesigen Ufer der Illusion zum anderen Ufer der Erkenntnis zu gelangen. Das Herzsutra endet mit dem alten Mantra in der indischen Sprache:

Gate gate Pāragate Pārasamgate Bodhi svāhā
Gegangen, gegangen, hinübergegangen, (gemeinsam) ganz hinübergegangen,
oh welch ein Erwachen!

Das Hinübergehen ist ein Ankommen in die vollkommene Freiheit, die Freiheit von Angst, Neid und Gier, die Freiheit, aus sich selbst heraus zu leben in Gemeinschaft mit den Menschen, aber ohne Anhaftung.

Im Menschsein sind wir bedürftig. Wir brauchen Luft, Wasser, Wärme, Nahrung, Zuwendung, Liebe, Schutz, Geborgenheit - so unendlich viel, um mit Körper und Herz-Geist lebensfähig und lebendig zu sein.

Mit unserem ersten Atemzug beginnt das Einüben von Empfangen und Loslassen, von Nehmen und Geben, das in jedem Bereich unseres Daseins lebenswichtig, ein Schlüssel zu wahrem Glück und erfülltem Leben ist.

Großzügigkeit als spirituelle Praxis ist das Üben des Gebens und Empfangens. Ein Auseinandersetzen mit den eigenen Prioritäten: Was ist mir wirklich wichtig in diesem Leben? Worin liegt wahres Glück für mich? Wie drückt sich dessen Erkennen in meinem Verhalten. In meinen Entscheidungen aus? Was unterstütze und ermögliche ich mit meinem Geld. Wofür setze ich es ein?

Die Lehrer brauchen eine finanziell gesicherte Basis für ihren Lebensunterhalt, den sie nicht anderswo verdienen können, wenn sie wirklich mit ganzem Herzen den geistigen Weg gehen wollen. Auch die Einrichtung muss unterhalten und wenn möglich verbessert werden. All das kostet Geld.

So sind alle Nutzer und Gönner aufgefordert, mit freiem Geist zu geben, was ihnen möglich ist. Nicht Geizig oder ängstlich aber auch nicht zu viel. Man gibt, was in der eigenen Lebenssituation möglich ist und was man für angemessen hält.

Bei manchen Veranstaltungen und beim Unterricht nennen wir als Orientierung einen angemessenen Preis, der selbstverständlich auch nach oben erweitert werden kann. Bei anderen Veranstaltungen sind die Geber völlig frei.

Man kann eine Einrichtung auch durch Samu unterstützen. Samu ist wörtlich die ‚Arbeit‘. Eine Einrichtung wie ein Zentempel, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, Angestellte zu bezahlen, kann nur bestehen durch tätige Mithilfe der Übenden. Eine Übungsstätte der geistigen Wege ist eben kein Hotel! Im rechten Geist ausgeübt ist Samu die Fortsetzung der Meditation im Werk. Das entspricht auch der westlichen Klosterregel ‚ora et labora‘ bete und arbeite!

Der chinesische Zenmeister Huai-Hai (jap. Hyakujō Ekai 8. Jhdt.) hatte den Spruch geprägt: »Ein Tag ohne Arbeit ist ein Tag ohne Essen.«

Einmal versteckten die Mönche die Gartengeräte des hochbetagten Meisters. Daraufhin hört er auf zu essen. Erst, als die Gartengeräte wieder auftauchten und er seiner Arbeit nachgehen konnte, nahm er wieder Nahrung zu sich.

Es ist auch eine Übung für die Besucher einer solchen Einrichtung, dass sie sich an den notwendigen Arbeiten beteiligen. Auch das ist eine Form von Dana.

TERMINE:

Jeden Donnerstag treffen wir uns zur Meditation im Stil des Zen. 
19.00 Uhr Zenmeditation
Gäste sind willkommen, aber wegen des geringen Platzangebotes bitte Voranmeldung!

Unterricht im Teeweg 

Im Myoshinan wie immer nach persönlicher Anmeldung und Terminabsprache jederzeit möglich. Auch individuelle Seminare über ein Wochenende oder in den Ferien sind möglich.

Teeweg im Benediktushof


autor: g.staufenbiel   | © myōshinan chadōjō / teeweg.de