DER TEEWEG
 

Können Nicht-Japaner den Teeweg verstehen?

Japanische Kinder - deutscher Teelehrer Können Nicht-Japaner den Teeweg verstehen?
Immer wieder wird mir diese Frage gestellt.
In meinen Augen besteht im Geist des Teeweges kein Unterschied zwischen Japanern und Nicht-Japanern.

Ich glaube sogar, dass sehr viele Japaner den Teeweg nicht verstehen, viele Nicht-Japaner sich ihm jedoch leidenschaftlich verschrieben haben und ihn mit großer Hingabe ausüben.

In diesem Sinne gibt es, was den Teeweg betrifft, meines Erachtens keine Unterschiede zwischen Osten und Westen.

Der Gedanke, dass der Teeweg ausschließlich den Japanern vorbehalten sei und anderen Kulturen unverständlich bleibt, hat keine Gültigkeit mehr.

Sôshitsu Sen XV
Großmeister der Urasenke

Japanische Germanistin beim Tee - Unterricht im Myoshin An

Im Herbst / Winter 2007 / 08 haben mehrere Japanerinnen den Weg ins Dôjo gefunden. M. San, eine Germanistik Studentin und Y. San mit abgeschlossenem Diplom in deutscher Philosophie. Beide haben hier den Teeweg gefunden als einen Übungsweg, den sie in ihrer Heimat niemals geübt hätten.

Zu Hause war für sie der Teeweg eine antiquierte Sitte, die nur alte Damen ausüben. Sie dachten, wenn sie einmal alt genug sind, werden sie sich auch dieser Freizeitbeschäftigung widmen. Aber den Tee als WEG? Auf diese Idee kommt man nur im Ausland. Oder wenn man die alten japanischen Texte unvoreingenommen liest! Aber wer liest die schon?

Muß man erst in die Fremde gehen, um das Eigene zu finden?

Viele Japaner oder vielmehr Japanerinnen, denn das sind diejenigen, die in Japan überwiegend die Teezeremonie üben, fragen nicht mehr nach der Bedeutung des Teeweges. Für sie ist es ein gesellschaftliches Ereignis, den Tee in der zeremoniellen Art zuzubereiten. Man trifft sich zum Plaudern, trägt zur Pflege der Traditon den Kimono, so wie man in einem bayerischen Trachtenverein die Tracht pflegt, zeigt kostbare Teegeräte und schwärmt von den Begegnungen mit berühmten Teemeistern, vielleicht sogar mit dem Großmeister selbst.

Tee und Zen - ? Was soll das denn! Tee ist Tee und Zen ist Zen. Ohnehin übt in Japan kein vernünftig denkender Mensch den strengen Zen als Sa - Zen, den Sitz - Zen.

Müssen wir heute vielleicht die Frage des Großmeisters Sôshitsu Sen umkehren?

Können Japaner den Teeweg verstehen?


autor: g.staufenbiel   | © myōshinan chadōjō / teeweg.de