Griechenland und das Meer – Zenmeister Dogen und die Zeit

Ein alter Buddha sagt:
Zu einer Zeit auf dem hohen hohen Gipfel des Berges stehen
Zu einer Zeit auf dem tiefen, tiefen Grund des Meeres gehen

So beginnt ein Gedicht, das der japanische Zenmeister Dogen im 13. Jahrhundert niedergeschrieben hat. Aber eigentlich müsste es heißen:

Zu einer Zeit am Berg im Frankenland Kirschen essen,
Zu einer Zeit das Glück des Schwimmers im Griechenmeer genießen

Taverne Platanos /Lachania

Taverne Platanos in Lachania


Denn nun sind wir wieder einmal in Griechenland gelandet, wo wir auf der Insel Rhodos in dem kleinen Ort Lachania in einem vielleicht vielleicht 300 Jahre alten Haus leben und die Hitze und das Meer genießen. Zugleich aber ist hier der neue Monatsbrief über den Zenmeister Dogen und sein Gedicht über die Zeit entstanden.
Schon viele Texte auf dieser website sind in diesem Haus entstanden, so der Text über Rilke: Klang und Stille und einige Seminare mit Philosophie, Teezeremonie und Keramik haben hier statt gefunden. .
Das besondere an diesem Ort ist die Stille, die noch verstärkt wird durch das stetige Wehen des Windes, der aber anders als der Wind in Deutschland warm und erfrischend weht. Damals hatte ich mit einem Zitat Rilkes geschrieben: das Wehende höre, die stetige Nachricht, die aus Stille sich bildet. http://teeweg.de/de/varia/rilke/klang_stille.html
Lachania wird entweder von seinen Bewohnern und Gästen geliebt oder gefürchtet. Viele halten die Stille und den Wind keine zwei Tage aus, dann verlassen sie den Ort wieder fluchtartig, andere kommen immer wieder oder bleiben letztlich sogar für immer hier..

Lachania – der Name bedeutet „Gemüse“ und zeigt das reichhaltige Wasservorkommen, das eine gute Landwirtschaft ermöglicht – ist ein alter Ort. Viele Häuser sind um 1700 entstanden, nachdem ein starkes Erdbeben alle Ortschaften ringsum zerstört hatte. Die meisten Häuser haben einen Innenhof mit einem prachtvollen Eingangstor, das noch an die Architektur der Kreuzritter erinnert. Um den Innenhof verteilt liegen die Wohn- und Wirtschaftsräume. Die Sala – der große Wohnraum wird durch einen Spitzbogen unterteilt, weil man keine Baumstämme hatte, die lang genug waren, um die Decke in der gesamten Weite zu tragen. In der Sala ist auch die Panka, eine Art Hochbett. Das Bett liegt auf einem Podest von der Höhe von etwas mehr als 1 – 1,20 m. Dadurch entsteht unter dem Bett ein Stauraum, in dem man die Reichtümer verstauen konnte.

Lachania wurde allmählich immer mehr verlassen, weil die Lebensumstände zu hart geworden waren. Nach dem zweiten Weltkrieg wanderten viele Bewohner entweder nach Australien oder nach Kanada aus. Aber jeder ehemalige Bewohner von Lachania wollte wenigstens in seinem Heimatort begraben sein. So gibt es auf dem Friedhof eine große „Australien Abteilung“. Heute noch spenden die „Australier“ mehr oder weniger regelmäßig für die Entwicklung des Ortes. Von ihnen stammt ein „Park“, ein Kinderspielplatz, ein neuer Brunnen usw.
In den 60er Jahren wurde der nahezu vollkommen verlassene Ort mit vielen verfallenen Häusern von deutschen Rucksacktouristen wieder entdeckt. Es war schwierig, hierher zu kommen, weil niemand ein Auto besaß. So fuhr man mit dem Bus, der zweimal die Woche nach Genadi fuhr und wanderte in der glühenden Hitze die etwa 15 km bis Lachania. Viele Deutsch machten die Besitzer eines halb verfallenen Hauses in Australien ausfindig und begannen, die Häuser wieder herzurichten. Vereinzelt kamen nun Griechen aus dem Exil wieder zurück, um sich wieder hier in Lachania anzusiedeln. Inzwischen leben einige Deutsche und auch etwa 15 Engländer ständig in Lachania, wohin sie sich im Alter zurückgezogen haben. Unseren Nachbarn Tom habe ich vor etwa 8 Jahren kennen gelernt, als er sich hier ein kleines Häuschen kaufte. Seit letztem Mai lebt er für immer hier. Inzwischen hat er sich ein Grundstück gekauft und im alten Stil ein neues Haus gebaut. Wenn es ganz fertig ist, will er sein kleines altes Haus wieder verkaufen, vermutlich wieder an Engländer. So ist eine eigenartige Mischung von Griechen, Engländern, Deutschen und anderen Nationalitäten entstanden, die den Ort „bevölkern“. Jeder kennt jeden und weiß alles vom Anderen. Tom hatte einen Tag vor unserer Ankunft im Restaurant erzählt, dass da mal ein Deutscher war, der Shakuhachi gespielt hat, sich dann aber die Hand gebrochen hatte und schon stand ich wieder vor ihm.
Immer noch stehen die meisten alten Häuser leer und verfallen vor sich hin. Aber dennoch hat die moderne Zeit hat hier Einzug gehalten. In der Taverne an der alten Platane, dem Platanos, gibt es einen kostenlosen wireless Internetzugang für jedermann. Oft trifft man früh morgens im Platanos, noch lange bevor das Lokal geöffnet hat Leute, die mit dem Laptop im Internet surfen oder ihre mails abrufen. Die beiden jungen Söhne der alten Wirtsleute mit ihren jungen Frauen haben das Lokal sehr schön ausgebaut und es gibt jetzt dort wirklich gutes Essen. Und hier ist auch der einzige Ort, an dem man Touristen trifft, die hier zum Essen kommen. Ansonsten „gehört“ Lachania dem bunten Volk von Hausbesitzern oder regelmäßigen Gästen.

Jetzt muss ich aufhören zu schreiben, weil ich gleich wieder runter fahre ans Meer mit einem langen Sand- und Kiesstrand, der fast vollkommen menschenleer ist. Nur am Sonntag wird er von Griechen aus der Stadt bevölkert. Das Wasser ist klar und warm. Aber leider ist es, wie fast das gesamte Mittelmeer nahezu fischlos. Nur hin und wieder sieht man einmal ein oder zwei Fische, wo früher einmal ganze Schwärme zu sehen waren.

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