Jeden Morgen in der Früh stehe ich auf und setze mich an meinen Mac. Immer mehr versinke ich in den Texten von Hölderlin. Heute habe ich ein Fragment in seiner Handschrift gefunden, das mich tief berührt hat:
Doch wie der alternde Winter gesanglos schläft
Zur beschiedenen Zeit aus blaichem Feld
doch grüne Halme sprossen
und ein einsamer Vogel klagt (singt)
Doch leider muss man manchmal „wissenschaftliche Texte“ lesen, denn hin und wieder könnte da ja eine Idee für meine Interpretation stehen. Aber das ist wie der tiefe Winter, in dem auf ‚blaichem Feld‘ nur Stroh zu sehen ist. Hier ein Beispiel, warum ich möglichst keine wissenschaftlichen Texte lese sondern lieber Hölderlin selbst:
Hölderlins Texte irritieren ihre ideologiekritischen Interpreten, weil sie immer schon wissen, was jene erst decouvrieren wollen. Gegenüber den szientifischen Diskursen, die Hölderlins Poesie zum Prädizierten ihrer regelgeleiteten (etwa psychoanalytischen, sozioöogieschen, strukturalistischen) Theoreme depotenzieren und so die Aitiologie seines Traumas: benannt zu werden, unerschrocken methodisch wieder herstellen, betreiben seine Texte die Subversion des „Ordo inversus“; statt dass die zum signifie der Signifikationskette würde, möchte Hölderlins Dichtung die sie vermeintlich objekti-vierende Diskurse gewaltlos umgreifen und deren Verfahrensweise zum Sachgehalt ihrer Deutung machen.
Kannte etwa der japanische Haikudichter Basho den Text? Hat er solche Texte gemeint, wenn er schreibt:
Unter dem Herbstmond
sah ich Blumen auf dem Felde.
Ach, es war nur Stroh!
Ach, armer Hölderlin! Was hätte er wohl dazu gesagt? Vielleicht:
„Weh mir, wo nehm ich, wenn ich solche Texte lese, die Luft zum Atmen?
Sprachlos und kalt steh ich, im Winde klirren die Druckfahnen!“