Gestern war ich in Oberfranken im kleinen Weiler Waltershausen. Schwer zu finden, denn wenn man bei Google Waltershausen eingibt, erscheint immer das Waltershausen bei Jena. Mit etwas Glück findet man dann das Waltershausen unter dem Ortsnamen Saal an der Saale. Waltershausen ist eben ein Ortsteil von Saal.
Aber was in aller Welt tut man in Waltershausen und warum sucht man ein solches Kaff so dringend? Ganz einfach: Dort war Hölderlin auf Vermittlung von Schiller als Hofmeister tätig und er unterrichtete den Sohn Fritz. Also wollte ich mir für die Arbeit an dem neuen Buch über Hölderlin gern den Ort anschauen.
Die Landschaft ist idyllisch, aber der Ort ist wirklich winzig. Er liegt geduckt in einer Senke, oberhalb eine weite Hochebene, über die sicher im Winter der Sturm fegt. Etwas oberhalb des Dorfes liegt das Schloss, das einmal der Charlotte von Kalb gehört hat. Aber schon wenige Jahre, nachdem Hölderlin hier weilte, verspekulierte sich der Herr von Kalb und das Schloss musste verkauft werden.
Im Dorf sagte man mir, dass man das Schloss nicht besichtigen kann, es ist Privatbesitz. Aber man kann ja mal fragen. Am Tor eine Klingel ohne Namen, dahinter eine Gedenktafel für Charlotte von Kalb. Es dauerte eine Weile, bis eine alte Dame kam und das Tor öffnete. Und zu meiner Überraschung wurde ich herzlich eingeladen, das Schloss zu besichtigen.
Es ist ein mächtiger quadratischer Bau mit vier Wohntürmen an den Ecken. Im östlichen Turm waren die Dienstboten untergebracht, ganz oben in einem hellen Zimmer mit Fenstern nach allen Seiten war das Zimmer Hölderlins. Die Besitzer haben es liebevoll wieder so hergerichtet, wie es vielleicht zu Hölderlins Zeit ausgesehen haben mag. Hier an dem kleinen Schreibtisch hat Hölderlin an seinem Hyperion gearbeitet.
Der große Saal, in dem man sich bei Gesellschaften traf, ist von dem Baumeister Balthasar Neumann gestaltet und mit prächtigen Stuckaturen verziert.
Wir hatten sehr gute Gespräche über Hölderlin, Charlotte von Kalb und die Geschichte des Schlosses. Ins Gästebuch habe ich dann die Zeilen von Hölderlin geschrieben, die aus dem Gedicht stammen, über das im Buch geschrieben wird:
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.