Heute habe ich bei „Lanz kocht“ gesehen, wie Ali Güngörmüş das – wie er sagte – Fleisch vom vägyu Rind vorgestellt. Er meinte, das sei einfach die japanische Bezeichnung für Rind.
Moment mal, Rind heißt gyū, was soll das ‚vä‘ davor? Das klingt so gar nicht japanische. Googeln hat auch kein Ergebnis gebracht. Bis dann der Aha-Effekt eintrat: er meinte das Wa-gyū, das ‚japanische Rind‘. Aber das kennt so in Japan niemand.
Das Schriftzeichen gyou 牛 zeigt als Bild ein Rind von oben gesehen. Da ist der Rücken, Schultern und Hüften und vorn noch ein Horn. Das Zeichen für wa 和 bedeutet ‚Harmonie‘. Ganz früh schon hatte ein chinesischer Kaiser eine diplomatische Note an den Herrscher des Landes Yamato geschickt, das ist heute die Region um die alte Hauptstadt Japan. Aus unerfindlichen Gründen schrieb er das Wort Yamato mit den Schriftzeichen 大和, die ‚Dai-wa‘ gelesen werden. Aber als Bezeichnung für das Land liest man es „Yamato“, so einfach ist das. Wenn man in Japan betonen will, dass bestimmte Dinge aus Japan und eben nicht aus China oder von sonst wo her stammen, setzt man gern die Silbe Wa 和 davor, die wird dann tatsächlich auch als ‚wa‘ gelesen. Also ist Wa-gyū ein japanisches Rind im Gegensatz zu einem indischen oder chinesischen Rind.
Und genau darum heißt es in Japan eben nicht Wa-gyou, weil man nämlich weiß, dass dieses Ring nicht aus Japan stammt sondern wohl aus Indien. In Japan heißen diese Viecher Tajima Ushi, das Rind aus Tajima. Der Klarheit und Einfachheit wegen wird jetzt das Zeichen für Rind 牛 nicht chinesisch als gyū, sondern japanisch als Ushi ausgesprochen. Alles klar?
Das Tajima Ushi war lange Zeit einfach nur ein Arbeitstier. Es ist ein mittelgroßes, meistens schwarzes Rind, das zum Ackern, zum Ziehen von Wagen und überhaupt für die Arbeit verwendet wurde. Es kam niemand auf die Idee, dass man die Viecher auch essen konnte, denn im Buddhismus war das Züchten von Tieren um sie zu töten und zu essen verboten. Erst mit dem westlichen Einfluss kam auch das Essen von Fleisch in Mode. Und siehe da, das Fleisch des Tajima Rindes war wunderbar gleichmäßig mit feinen Fett Adern durchzogen, die es sehr zart und saftig werden ließen. Bekannt wurde dieses Rind dann als Kobe Rind und man erzählte sich, dass die Tiere regelmäßig massiert wurden, damit sich das Fett so fein verteilt. Wenn das so wäre und die Bäurin, die massiert auch noch hübsch ist, dann wäre ich auch gern ein japanisches Rindvieh! Aber es ist ein netter Mythos mit dem man höhere Verkaufspreise für das Fleisch erzielen kann! Denn die Fettverteilung im Fleisch ist ganz einfach genetisch bedingt.
Weil das Fleisch, das sehr viel ungesättigte Fettsäuren enthält auch noch köstlich schmeckt, hat man die Rinder in Australien, Kanada und Amerika nachgezüchtet und dort bezeichnet man sie als Wa-gyū.
Erst seit 2014 kann man Embrionen und Samen dieser Rinder auch in Deutschland erwerben und mit der Zucht von ‚japanischen Rindern‘ beginnen. Ein einträgliches Geschäft, denn das Kilo wird mit bis zu 350 Euro gehandelt. Vielleicht steige ich um vom Teelehrer auf Wagyū-Zucht? Da kann man wenigstens Geld verdienen!
Da kann man mit Heinz Erhardt nur sagen: „Träumend und das Maul bewegend, schauste dämlich durch die Gegend, grad wie du, grad wie du.“