Vor ein paar Wochen waren wir in der Rhön, wo wir eine Gruppe von hochbegabten Kindern im Alter von acht bis 15 Jahren in ihrem Ferienlager besuchten.
Wir haben dort Teezeremonie vorgeführt, gemeinsam mit den Kindern meditiert und das Hannya Shingyo rezitiert.
Die Kinder hatten uns schon gespannt erwartet und im Wald sogar ein kleines „Teehaus“ aus Zweigen gebaut. Leider schüttete es in Strömen, so dass wir auf die Terrasse der Waldhütte gehen mussten, in dem die Kinder wohnten. Bei der Teezeremonie – wir führten Chabako vor, eine Zeremonie, bei der alles in einem kleinen Kasten verstaut ist – war eine absolut gespannte und aufmerksame Stille. Obwohl es in Strömen regnete und ziemlich kalt war, schauten alle regungslos und gebannt auf jeden Handgriff der Zeremonie. Anschließend in der Hütte wollten alle probieren, das Fukusa, das seidene Tuch, mit dem die Teegeräte rituell gereinigt werden zu falten. Innerhalb kürzester Zeit hatten die Kinder die komplizierten Bewegungen begriffen und alle saßen ganz versunken und übten das Falten mit Papierservietten.
Im Anschluss an die Zeremonie hatte ich ein kleines Stück auf der Zen – Shakuhachi gespielt. Obwohl es eine völlig andersartige und fremde Musik ist, lauschten alle gebannt. Später, vor dem Abendessen kam eines der Kinder ganz verlegen zu mir: „Bei der Musik war mir ganz komisch. Ich hatte am ganzen Körper eine Gänsehaut, aber nicht von der Kälte und vom Regen. Es ist, als hätte ich diese Musik schon einmal irgendwo gehört.“
Am nächsten Morgen versuchten wir, gemeinsam das Hannya Shin Gyo zu rezitieren. Zunächst erklärte ich den Kindern den Text. Es geht um den Bhoddisattva des Mitleides, der zu sich selbst gefunden hat, aber aus Mitleid auf seinen Weg-Gang ins Nirvana verzichtet, um auch die anderen Menschen vom Leiden an sich selbst und der Welt zu erlösen. Besorgt fragte ich, ob der Text nicht viel zu schwierig zu verstehen ist, aber alle versicherten mir, dass sie sehr genau den Inhalt verstehen.
Nach der Rezitation des Textes verabschiedeten wir uns und fuhren hinaus in den Regen und die Waldhütte verschwand schon bald im dichten Nebel.
Später haben wir erfahren, dass die Teezeremonie und das Hannyashingyo ein „Erdbeben“ bei den Kindern ausgelöst hatte. Sie begannen, ihr Leben zu überdenken und sie übten Teezeremonie mit Tee, den sie aus Teebeuteln nahmen und klein zermahlten. Vielleicht haben sie erfahren, dass man das Leben als Gesamtkunstwerk gestalten und so einen Sinn im Leben finden kann.
Die Kinder fragten ständig, wann sie denn als Gruppe endlich zu den „Teeleuten“ fahren dürften.
Vielleicht gelingt es ja, dass wir das Ferienlager im nächsten Jahr hier im Teehaus machen können. Einige Kinder können Teezeremonie lernen, wir würden gemeinsam japanisch kochen, Blumenstecken üben und selbst eine Teeschale töpfern. Am Ende der Ferienzeit würde dann ein gemeinsam gestaltetes Chaji – eine komplette Tee Einladung stehen, das von den Kindern gemeinsam für ihre Eltern gestaltet würde.
Wir freuen uns schon jetzt auf diese Möglichkeit.