Der Teeweg im November.
In den herbstlichen Bergen
wo buntes Laub als Gabe
der Gottheit dargebracht –
selbst ich in meinem Hause hier
fühle mich wie auf der ReiseAus dem Kokin wakashu
Der Dichter Ki no Tsurayuki fühlt sich in der Zeit, in der die Blätter fallen wie auf einer Reise, auf einer Reise hin in den Bereich, wo die Götter wohnen. Das bunte Herbstlaub ist ein wunderbarer Anblick. Zugleich aber kommt die Wehmut, dass nun bald die Pracht vorbei sein wird und der Winter mit seiner Kälte kommt.
Der Zenmeister vom Wolkentorberg, den die Japaner Meister Un-mon, Meister Wolkentor nennen, wurde an einem Herbsttag von einem Schüler gefragt:
Was ist das für eine Zeit, wenn die Bäume sich verfärben und die Blätter fallen?
Unmon antwortete: Dann legt der goldene Wind das ganze Wesen bloß!
Das ganze, reine Wesen kommt zum Vorschein, wenn alle bunten Farben verschwunden sind, die uns ablenken und zerstreuen. Dann kommen wir wie in der Meditation zum eigentlichen Kern unseres Wesens. Friedrich Hölderlin beschreibt in einem seiner späten Wintergedichte die gleiche Erfahrung:
Der Winter
Das Feld ist kahl, auf ferner Höhe glänzet
Der blaue Himmel nur, und wie die Pfade gehen,
Erscheinet die Natur, als Einerlei, das Wehen
Ist frisch, und die Natur von Helle nur umkränzet.
Der Erde Stund ist sichtbar von dem Himmel
Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben,
Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel,
Und geistiger das weit gedehnte Leben.
Das `weit gedehnte Leben` ist ein Leben in der Stille fern vom Getriebe des geschäftigen Sommers oder der Zeit der Ernte. Es ist ein Leben der Besinnung, es ist `geistiger`. Schon immer hatten die Menschen das Empfinden, dass nun eine Zeit der Besinnung und des Nachdenkens gekommen ist.
Philosophisch literarischer Gesprächskreis in der NHG Nürnberg
Auch wir wollen wieder unsere alte Tradition aufnehmen und uns zu philosophisch – literarischen Gesprächen zusammenfinden. Wir treffen uns jeden ersten Sonntag im Monat im Seminarraum der Naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg am Marientorgraben 8 in der Norishalle.
Wir besprechen gemeinsam ausgewählte Texte aus Philosophie und Literatur aus Europa und Ostasien.
Wir beginnen mit Rilkes Duineser Elegien, dem wohl philosophischsten Werk Rilkes. Die Elegien sind eine tiefgehende Deutung des Menschseins. Elegien sind Klagegesänge. Und so beginnt die erste Elegie mit einem Aufschrei:
„Wer, wenn ich schriee hörte mich denn aus der Engel Ordnungen?“
Aber es ist keine Klage um des Klagens willen. Die letzte, die 10. Elegie beginnt mit den Worten:
„Dass ich dereinst, an dem Ausgang der grimmigen Einsicht,
Jubel und Ruhm aufsinge zustimmenden Engeln.“
Das Nachdenken über alle unsere Hemmnisse und leidvollen Erfahrungen setzt letztlich die Freude am Leben frei. Es ist wie der goldene Wind, der alle Hemmnisse fortweht. Die Gespräche über die einzelnen Elegien bieten einen Zugang zur Besinnung über uns selbst.
Weitere mögliche Themen: Friedrich Nietzsche, Philosophie Chinas (Laotse und Zhuangtse), Indische Upanishaden, Philosophie des japanischen Zenmeisters Dogen.
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Ein Neuzugang ist jederzeit möglich.
Sollte ein ausreichendes Interesse bestehen, dann können auch zusätzliche Termine vereinbart werden.
Beginn: Sonntag, 07.12.2014
Zeit: 10.00 bis ca. 12.00 Uhr
Seminar in Griechenland
Der Dichter Tsurayuki fühlt sich in der Zeit der fallenden Blätter wie auf einer Reise, einer Reise zu sich selbst. Aber der Herbst ist auch die Zeit, die Reisen für das kommende Jahr zu planen. Im Frühjahr möchte ich wieder einmal nach längerer Zeit ein Seminar in Griechenland anbieten. Auf der Insel Rhodos gibt es weit ab vom Tourismus ein kleines Dorf mit historischen Häusern. Dort werden wir uns mit der daoistischen Philosophie Chinas befassen, vorzugsweise mit den Schriften des Zhuangzi. Zhuangzi schreibt geheimnisvolle kleine Geschichte, die aber einen tiefen Einblick in das Leben aus dem Dao geben. Vormittags werden wir in gemeinsamen Gesprächen philosophieren, nachmittags können wir meditatives Töpfern betreiben. Ein kleiner Brennofen ist dort vorhanden. Am Abend werden wir Spaziergänge in der stillen Landschaft machen, meditieren, gemeinsam musizieren oder einfach auch nur den griechischen Wein bei lockeren Gesprächen genießen. Die Zeit für dieses Seminar steht noch nicht fest. Vermutlich Anfang April. Aber unverbindliche Voranmeldungen werden jetzt schon angenommen.
Japan zur Zeit der Laubfärbung
Für den Herbst zieht es mich wieder einmal in das ferne Japan. Die beste Reisezeit ist Ende Oktober bis Anfang November. Ende Oktober gibt es viele interessante Feste in Kyoto. Aber die Laubfärbung wird erst im November beginnen. Auch hier sind unverbindliche Voranmeldungen möglich.