Auf unserem Weg zurück ins Ryokan entdeckte Karl Heinz kurz vor Ladenschluss einen Laternenmacher.
Es war ein unscheinbares, kleines Lädchen, aber Karl Heinz hat eben einen geübten Blick. Er ist schon vor 20 Jahren das erste Mal zusammen mit Irms mit in Japan gewesen, später dann noch mit Irms und Nicole, seiner Frau und seiner Tochter. Er hat auch selbst einige Reisen nach Japan organisiert und kennt das ganze Land sehr gut.
Außerdem hat er in den ganzen Jahren wundervolle Dokumentationen und Diashows über Japan zusammengestellt. Viele der Bilder von dieser Reise stammen denn auch aus seiner unermüdlichen Kamera.
Also kein Wunder, dass diesen unscheinbaren Laden entdeckt hat. Die meisten wären wohl einfach vorbei gegangen. Ich könnte mir vorstellen, dass Irms, wenn sie noch unter uns weilen würde, in diesem Laden ausgerastet wäre, hat sie doch immer aus japanischem Papier wundervolle Sachen gebastelt.
Es war schon recht spät und niemand war mehr im Laden, der eher wie ein Sammelsurium von Laternen, Papierschirmen, Arbeitsmaterialien, Lack und Pinseln usw. aussah, als ein Laden. Aber so leben die kleinen Handwerksbetriebe in Kyoto. Aus Platzmangel sind Laden und Werkstatt oft das Selbe. Weiter hinten im Haus lebt dann die Familie.
Hier sitzt der Besitzer des Landens dan ganzen Tag auf dem Boden und geht seiner Abeit nach.
Der ganze Laden roch nach Papier, Kleister und Lack.
Als der Besitzer dann erschien und begriffen hatte, dass wir nicht nur neugierige Touristen waren, sondern wirklich etwas bei ihm kaufen wollten, kramte er in seinen reichen Schätzen und zeigte uns verschiedene Modelle seiner Papierlaternen.
Nachdem wir unsere Wahl getroffen hatten, packte er nicht etwa die Laternen ein, sondern nun begann die Arbeit. Fertig war nur der Korpus der Laterne. Kerzenhalter, Aufhängung usw. mussten nun erst angepasst und befestigt werden, so dass wir bei der Entstehung der fertigen Laternen zuschauen konnten.
Kurz bevor wir den Laden verließen, entdeckten wir noch die Schirme aus Papier. Der Ladenbesitzer fragte uns, ob wir einen Schirm aus chinesischer oder aus japanischer Herstellung möchten.
Wo bitte liegt denn da der Unterschied? Beide sind aus Bambus hersgestellt und mit lackiertem Papier bespannt. Und dann gab mir der Ladenbesitzer zunächst einen chinesischen und dann einen japanischen Schirm.
Unwillkürlich entfuhr mit ein begeistertes „Poh!“ Beides waren Papierschirme, aber was war der japanische Schim für ein Kunstwerk aus Farben und Formen. Es war ein Genuss, zuzusehen, wenn man den Schirm langsam öffnete, wie sich die farbigen Fäden entfalteten und ein prachtvolles Licht- und Farbspiel entstand. Außen war der Schirm mit schwarzem Papier, innen mit einem dunkelblauen Papier bespannt, so dass unglaubliche Farbwirkungen entstanden. Farblich abgestimmt entfaltete sich das Gewirr von bunten Fäden, die beim geöffneten Schirm eine Symphonie voller harmonischer Farben entstehen ließ. Es war, als würde sich ein Hanabi – Feuerblumen, ein Feuerwerk von Farben wie eine bunte Blüte entfalten.
Stolz verneigte sich der Ladenbesitzer: „Nihon no kasa desu ne!“ (Ja, DAS ist ein JAPANISCHER Schirm!)
Leider ging unsere Reise zu Ende und es war einfach kein Platz mehr in den Koffern frei. Andernfalls wäre ein solches kleines Kunstwerk nun im Myoshinan in Oberrüsselbach.
Aber das nächste Jahr und die nächste Reise kommen bestimmt!
An Karl Heinz noch einmal ein großer Dank für die langjährige Freundschaft und die vielen schönen Bilder aus Japan.