Das Jahr des Ochsen

Ochse

Am 26. Januar beginnt das Jahr des Ochsen.

Das chinesische Jahr des Ochsen wird viel Arbeit bringen, bei vollem Einsatz verspricht dieses Jahr aber auch reichen Erfolg.
Der im Zeichen des B[ffels geborene Mensch ist ein ruhiger, methodisch denkender, zielbewusster und sehr gebildeter Mensch. Alles, was er im Leben erreicht hat, ist durch harte Arbeit erkämpft. Diszipliniert und zielbewusst steuert er von einer Aufgabe zur nächsten.
Der Büffel- oder Ochsenmensch besitzt einen unbeirrbaren und logischen Verstand und ist geneigt, große Verantwortung auf sich zu nehmen. Wenn die Pflicht ruft, stellt er grundsätzlich seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung.
Vielleicht ist es ein gutes Omen, dass Barak Obama nach dem chinesischen Tierkreis ein Ochse ist. Wünschen wir ihm viel Glück bei seiner schweren Arbeit, die ihm nun bevorsteht.

Es scheint also, dass im Jahr des Ochsen das Thema „Arbeit“ im Vordergrund stehen wird. Umgangssprachlich heißt es ja auch, dass wir „ochsen“ oder die „Ochsentour machen.
Aber was ist „Arbeit“?

Jeder von uns meint, genau zu wissen, was Arbeit ist. Jeden morgen stehen wir auf und gehen zur Arbeit. Dort verbringen wir eine genau vorgeschriebene Zeit unseres Lebens, um dann wieder nach Hause zu gehen, um dort unsere Freizeit zu verbringen. Eine ganz klare Trennung: Arbeit und Freizeit. Die Freizeit ist diejenige Zeit, in der wir eigentlich LEBEN, der Rest ist – ja was? Sklaverei?

Im alten Griechenland gab es zwei Worte für Arbeit: Erga und Doulia . Erga war die Tätigkeit der Freien Bürger, Doulia die der Sklaven, des Doulos. Kein Freier wäre auf die Idee gekommen, Doulia zu verrichten. Der Töpfer, der an der Drehscheibe saß verrichtete sein erga, wörtlich eigentlich sein Werk. Sprachlich ist das griechische ‚Erga‘ und das deutsche ‚Werk‘ identisch. Werken ist Wirken, bewirken. Das ist die schöpferische Tätigkeit eines Freine, keine Doulia – Sklaverei.

Wir waren einmal auf Kreta zu Besuch. Dort wohnten wir in einem kleinen Häuschen, das dem Schneider gehörte. Er war, wenn er nicht gerade beim Essen saß, immer in seiner Werkstatt, wo er ‚werkte‘. Werktags, sonntags und am Feiertag. Auf die Frage, ob ihm denn seine Arbeit nicht irgend wann einmal zu viel würde und ob er denn keine Freizeit brauche antwortete er nur: „Was soll ich den tun, wenn ich nicht in meiner Werkstatt bin. Ich bin Schneider!  Hierher kommen die Leute, wenn sie mich treffen wollen, hier erfahre ich alle Neuigkeiten und Nachrichten aus dem Dorf, hier bin ich Mensch. Was sollte ich mit Freizeit anfangen?“ Unser Schneider war eben Schneider,  was er als Mensch war, wurde bestimmte durch sein Schneider-Sein. Hier in seiner Werkstatt wirkte und werkte er, hier lebte er und vermutlich ist er auch hier – na ja, jedenfalls nicht weit davon entfernt – gestorben.

Im alten Griechenland  schrieb der Töpfer Exekias, dessen kunstvoll gefertigten und bemalten Vasen wir heute noch in den Museen bewundern, stolz auf seine Werke

Signatur des Exekias
Exekias epoiese – Exekias hat es gemacht

Exekias war stolz auf das, was er in seinem Werk hervorgebracht hatte und zeichnete es mit seinem Namen. Eigentlich kennen wir ein solches Verhalten nur von einem Künstler, aber Exekias war – jedenfalls nach griechischer Auffassung kein Künstler, sondern ein „Techniker“, der mit seiner texhne – seiner Technik – Werke hervorbrachte als einfacher Hand-Werker. Er schreibt aber nichts von Werken oder Technik, er schreibt für das was er getan hat das Wort  epoiese. Darin ist das Wort Poiesis – Poesie enthalten. Sein Arbeit ist für ihn Poesie!
Das Wesen der Poesis war für die Griechen nicht, dass man poetische Gedichte schrieb, Poiesis war nicht auf den schöpferischen Umgang mit dem Wort beschränkt. Es war der schöpferische Vorgang überhaupt, auch die Schöpfung dessen, was der Techniker in seinem Werken hervorbrachte.
Wie weit sind wir heute von dieser Auffassung von Arbeit entfernt! Ist unsere heutige „Arbeitswelt“ nicht eher mit der Sklaverei der alten Griechen zu vergleichen, in der Unfreie unter Zwang ungeliebte Tatigkeiten lediglich gegen Brot und ein Bett, auf das sie ihr Haupt legen können verrichten? Wird nicht ständig die Peitsche der Sklaverei über uns geschwunden, damit wir – freiwillig? – unserer Arbeit nachkommen?
Aber vielleicht ist ja unser heutiger Begriff von Arbeit eher vom biblischen Denken geprägt. Als Gott Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben hat, verfluchte er sie mit den Worten: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen!“
Und weil die Bibelstelle doch so schön ist soll sie hier im vollen Wortlaut der Buberschen Ãœbersetzung die Worte Gottes an Adam (Adam  = der aus dem Acker – Adamas) wiedergegeben werden:
sei verflucht der Acker um deinetwillen,
in Beschwer sollst du von ihm essen alle Tage deines Lebens,
Dorn und Stechstrauch läßt er dir schießen,
So iss das Kraut des Feldes!
Im Schweiße deines Angesichtes magst du Brot essen,
bis du zu dem Acker kehrst,
denn aus ihm bist du genommen,
Denn Staub bist du und zu Staub wirst du kehren.
Bleibt nur noch die Frage, ob wir heutigen „freien Bürger“ unsere Arbeit als schöpferischen und poetischen Vorgang erleben wie die alten Griechen oder ob sie nicht eher eine moderne Form der Sklaverei ist? Liegt das an der Arbeit oder daran, wie wir unsere Arbeitswelt organisiert und strukturiert haben?
PS.: Mein Dank gilt Wikipedia, wo ich im Artikel über Exekias das Bild aus dem Louvre in Paris gefunden habe.
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