Das Volksfest, der Doppeldecker und der Tod – Lillingshof

Ich mag keine Flugschows!
Sie sind mir zu sehr eine Demonstration der Macht über Maschinen und PS.
Aber die Flugschau auf dem Flughafen Lillingshof hat sich förmlich aufgedrängt. Vom Teehausfenster des Myoshinan konnte man die Segelflieger und die Oldtimer am Himmel kreisen sehen, weil der Flughafen unmittelbar auf der Höhe des Berges über dem Myoshinan liegt.
Eigentlich ist es fast kein Flughafen, sondern nur eine schmale Startbahn im Wiesengrund. In der Regel fliegen hier auch nur Segelflugzeuge oder Paraglider, die von einer kleinen motorisierten Maschine in die Höhe gezogen werden.
Die Flugschau war eigentlich immer eine Art Volksfest. Man kannte sich, die Vereine schenkten Kaffee und Kuchen aus und natürlich gab es Bratwürste – wie könnte das auch in Franken anders sein!
Auch gestern war es nicht anders. Endlich, nach langer Regenperiode schien die Sonne und es war wunderbar, die drei Segelflieger des Trio Franken zu sehen, wie sie lautlos in kunstvollen Formationsflügen durch den Himmel zogen.
Dann warfen die drei Oldtimer – Doppeldecker, die Tigermoth, die Motoren an und rollten langsam auf die Startbahn zu. Und da geschah es. Die mittlere Maschine kam ins Trudeln und zog nach rechts ins Publikum, dorthin, wo wir noch vor 10 Minuten gestanden hatten.
Obwohl wir nur etwa 30 Meter entfernt standen, konnten wir die Ursache nicht erkennen – zuviele Menschen standen dazwischen.
Es war nicht so, dass die Maschine zu früh abgehoben hatte, weil sie ganz einfach noch auf dem Rasen in Richtung auf die Startbahn unterwegs war. Sie ist auch nicht in das Publikum „gerast“, sie war ja noch mitten in der feuchten Wiese. Vielleicht wurde sie von einer Windboe erfasst, vielleicht blieb ein Rad im feuchten Rasen hängen und sie kippte auf ihre Nase und dann ins Publikum?
Mir kam es so vor, dass die Maschine fast im Zeitlupentempo auf das Publikum zufuhr und sich dann, als sie die Menschen erreicht hatte über die eigene Nase auf die Menschen kippte. Das alles geschah so langsam, dass einige beherzte Menschen die Maschine an der Tragfläche festhielten, damit sie nicht vollends kopfüber weiter fiel.

Es war, wenigstens von meinem Standort aus beobachtet ganz still, geradezu beänstigend still. Keine Explosion, kein Krachen, niemand schrie, nichts knallte.

Und dann: keine Panik. Ein paar Leute liefen davon, weil sie Angst davor hatten, die Maschine könnte explodieren. Aber dann kam sofort die Hilfe. Von meinem Standort aus konnte ich nicht sehen, was unmittelbar an der Maschine geschah. Ich wollte auch nicht wie etliche Besitzer von Videokameras oder Handys die Szene unmittelbar aus der Nähe sehen. Wichtiger war, dass die Helfer sofort bei den Verunglückten waren.
Später konnte ich erkennen, dass der Propeller der Maschine bis auf einen kurzen Stummel abgerissen war. Vermutlich sind die Teile in die Menge geflogen.
Eine Frau starb am Unglücksort, ein Mann ringt noch mit dem Tod.

Die Flugschau wurde sofort beendet.

Ein absolutes Lob an die Zuschauer: Niemand drängte sensationslüstern zum Unglücksort, niemand behinderte die Hilfskräfte. In einem online-Artikel stand etwas von Panik unter den Zuschauer. Auf dem entsprechenden Bild waren lediglich die Hilfskräfte zu sehen, die herbei eilten.
Keine Rede von Panik. Alle standen still und nahezu bewegungslos und warteten auf die Anweisungen aus dem Lautsprecher. Still und konzentriert verließen die Zuschauer schließlich langsam und geordnet den Flughafen. Auf den Straßen hatte man den Eindruck, dass alle ganz besonders vorsichtig und rücksichtsvoll mit ihren Autos wieder nach Hause fuhren. Alle waren unter dem Eindruck des Ereignisses ganz still geworden. Der Tod sollte wohl nicht noch einmal zuschlagen dürfen.

Der Tod war unerwartet und eigentlich fast still mitten in ein Volkfest gekommen. Vielleicht hat dieses Ereignis den Menschen die stete Nähe des Todes vor Augen geführt. Jeden Augenblick kann es jeden von uns treffen.

Das war wohl das Ende eines Volksfestes mit langer Tradition.

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