Heute ist Samstag der 15. August.
Der Himmel ist blank geputzt und strahlt im reinen Blau.
Am Tag zuvor war endlich nach vielen Tagen drückender Hitze Regen gefallen.
Es ist wieder frisch und kühl und die Pflanzen atmen fühlbar auf.
Seit vielen Jahren schon beobachte ich, wie sich um den 15. August das Wetter ändert. Wie oft regnet es gerade um diese Zeit und wird kühl.
Immer wieder spüre ich: Jetzt kommt der Herbst.
Die Luft riecht schon ein ganz klein wenig nach Herbst.
Oder ist das nur Einbildung, weil sich die Bäume unter der Last der reifenden Äpfel und Birnen beugen und die Zwetschen schon ihren nebelblauen Schimmer entwickeln?
Draußen ist es still. Kein Verkehrslärm stört den ländlichen Frieden.
Nur aus dem Gemeindesaal klingt Blasmusik und ertönen fromme Marienlieder.
Die Bauern hier in der katholischen Rhön feiern Mariä Himmelfahrt und weihen der Maria ihre heilsamen Kräuter. Nur unsere Nachbarin, die sonst immer ihre Heilkräutersträße gewunden hat, fehlt heute. Sie ist im Krankenhaus gelandet.
Sieben oder neun Kräuter müssen es sein oder auch mehr, auf jeden Fall muss es eine magische Zahl von Kräutern sein, die zu einem Buschen gebunden und geweiht werden. Nach der Weihe wird der Buschen im Herrgottswinkel aufgehängt, damit er seinen heilsamen Segen ins Haus bringt.
In leichter Abwandlung von Hölderlins Dichtung kann ich nur sagen:
Möge ein besseres noch das menschenfreundliche August-Licht
Drüber sprechen, von selbst bildsamen Gästen erklärt,
Oder, wie sonst, wenns anderen gefällt, denn alt ist die Sitte,
Und es schauen oft lächelnd die Götter auf uns,
Möge der Priester seinen Spruch tun.
Ich jedenfalls schaue wieder voller Verwunderung auf den Umschlag des Wetters in der Mitte des Jahres. Und wie Hölderlin an seinen Dichterfreund schrieb kann ich nur sagen, dass mich die heimatliche Natur tief bewegt:
Die heimatliche Natur ergreift mich auch um so mächtiger, je mehr ich sie studiere.
Das Gewitter, nicht bloß in seiner höchsten Erscheinung, sondern in eben dieser Ansicht, als Macht und als Gestalt, in den übrigen Formen des Himmels, das Licht in seinem Wirken, nationell und als Prinzip und Schicksalsweise bildend, daß uns etwas heilig ist, sein Drang im Kommen und Gehen, das Charakteristische der Wälder und das Zusammentreffen in einer Gegend von verschiedenen Charakteren der Natur, daß alle heiligen Orte der Erde zusammen sind um einen Ort, und das philosophische Licht um mein Fenster ist jetzt meine Freude; daß ich behalten möge, wie ich gekommen bin, bis hieher!
Die heimatliche Natur ergreift mich auch um so mächtiger, je mehr ich sie studiere.
Das Gewitter, nicht bloß in seiner höchsten Erscheinung, sondern in eben dieser Ansicht, als Macht und als Gestalt, in den übrigen Formen des Himmels, das Licht in seinem Wirken, nationell und als Prinzip und Schicksalsweise bildend, daß uns etwas heilig ist, sein Drang im Kommen und Gehen, das Charakteristische der Wälder und das Zusammentreffen in einer Gegend von verschiedenen Charakteren der Natur, daß alle heiligen Orte der Erde zusammen sind um einen Ort, und das philosophische Licht um mein Fenster ist jetzt meine Freude; daß ich behalten möge, wie ich gekommen bin, bis hieher!
Hoffentlich gibt das philosophische Licht um mein Fenster die Kraft und die stille Sammlung, um endlich mein Buch über Hölderlin fertig schreiben zu können. Vielleicht wird es den Titel haben:
Hälfte des Lebens.
Die Natur und das Heilige.
Meditationen zu Hölderlins Dichtung.
Nachtrag:
Kaum habe ich diesen Text ins Internet gestellt, als ich einen freundlichen Gruß von Hölderlin bekomme.
Die Sonne verschwindet,
Wolken ziehen auf
und Blitze zucken und der Donner kracht.
Ich hoffe, es ist ein freundlicher Gruß!
Danke Hölderlin!