Gestern sind wir zurückgekommen aus Dachau.
Dort hat der Keramiker Genya Sonobe aus Seto eine Ausstellung mit seinen Teeschalen im Dachauer Rathaus.
Hashi-watashi: Brückenschlag, Fürbitte
Teeschale von Genya Sonobe, die in Dachau entstanden ist.
Wir hatten die Ehre, bei der Ausstellungseröffnung für den Künstler und die drei Bürgermeister der Stadt eine Schale Tee zuzubereiten. Wir durften uns zwei seiner Schalen aussuchen, die wir bei der Teezeremonie verwendeten. Teeschalen sind eben keine Kunstobjekte zum Anschauen. Im Geist des Zen und des Tee finden sie ihre Bestimmung nur, wen man sie verwendet.
Genya Sonobe war eigens aus Seto angereist und er hatte im Atelier der Dachauer Keramikerin Claudia Flach einige Teeschalen angefertigt. Im Fluggepäck hatte er einige Säcke Glasuren aus Japan mitgebracht, der Ton, den er verwendet hat, stammt aus Deutschland.
In den Tagen seines Aufenthaltes in Dachau hatte er auch schon einen Raku-Ofen gebaut und seine Schalen hier in Dachau gebrannt. Es sind also echt deutsch – japanische Teeschalen, die aus der Begegnung zwischen Japan und Deutschland entstanden sind.
Genya Sonobe fühlte sich besonders von Deutschland angezogen, weil er in Japan oft von der „deutschen Gestaltung“ gehört hatte. Dieser Begriff wird in Japan nicht übersetzt, sondern als deutsches Fremdwort benutzt. „Deutsche Gestaltung“ bezeichnet die Gestaltung im Geist des Bauhauses, dessen Schlichtheit in Japan oft mit dem Geist des Zen verbunden wird. Auch hier geht es um die äußerste Reduzierung und Schlichtheit.
Genya meint, dass sich für ihn im Schwarz der Teeschale der Geist des Zen wiederfindet. Das Schwarz ist für ihn eine sehr vielfältige Farbe. Es gibt ein „braunes Schwarz“, eine „blaues Schwarz“ und ein vielfältig schillerndes Schwarz, dass alle Farben in sich enthält. Schwarz ist ein Ausdruck für die Konzentration auf das Wesentliche und den Geist des Zen. Darum ist auch Schwarz auf der Teeweg-Seite die vorherrschende Farbe, wobei Grün für den Tee steht.
Weiß ist für Genya der Ausdruck der Reinheit. In letzter Zeit experimentiert er sehr viel mit der Kombination dieser beiden Farben der Farblosigkeit, die aber alle Farben in in sich enthalten.
Am nächsten Tag führten wir in kleinen Gruppen für die Keramiker, die von überall her zu einem Workshop mit Genya Sonobe angereist waren – von Italien, Holland und überall aus Deutschland – Teezeremonien durch. Dabei durften sich die Teilnehmer in der Zubereitung und im Schlagen des Matcha in verschiedenen klassischen und modernen Teeschalen versuchen. Und da war wieder die „deutsche Gestaltung“ im Denkansatz des Bauhauses: „form follows function“ wie es auf Neudeutsch heißt. Überrascht stellten die Keramiker fest, wie genau die Teeschalen auf den Ablauf der Teezeremonie und die Handhabung während der Teezubereitung abgestimmt sind. Am Schluß dieses Workshops war jedem klar, dass eine schlichte Teeschale eine ganze Welt in sich trägt, die Welt des Zen und des Teeweges. Überrascht waren die Keramiker auch, dass japanisches Raku keineswegs „niedrig gebrannte Ware“ ist. Genya Sonobe brennt seine Schalen bei einer Temperatur von ungefähr 1200 Grad!
Hoffen wir, dass Sonobes Teeschalen den neuen Geist von Dachau wiederspiegeln. Den Geist der Begegnung der Kulturen und der Offenheit für das Andersartige.
Wir hatten Genya als kleine Gabe aus Nürnberg ein Buch über Dürer mitgebracht. Immerhin waren Dürer und der Teemeister Sen no Rikyu fast Zeitgenossen. Dürer war nur wenige Jahre älter als Rikyu. Als Gegengabe durften wir uns eine der Schalen von Genya Sonobe aussuchen. Wir nahmen eine der Schalen, mit der wir bei der Eröffnung für die Bürgermeister den Tee bereitet hatten.
Ich habe dieser Schale, die von einem japanischen Künstler mit deutschem Ton in Dachau gefertigt worden ist, den Namen „Hashi watashi“ gegeben. Hashi ist die Brücke, watashi übergeben, übertragen, hinüber gehen, überqueren. Dieser Name steht für das Überqueren und das Hinübergehen und das Brückenschlagen zwischen den Kulturen.
Die Ausstellung ist noch im März im Dachauer Rathaus zu sehen.