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IDO CHAWAN "KIZAEMON":  INBEGRIFF DES WABI

Eine der berühmtesten Teeschalen Japans ist eine schlichte, kleine Ido-Schale, die von einem unbekannten Keramiker an einem unbekannten Ort zu einer unbekannten Zeit in Korea hergestellt worden ist.
Man weiß auch nicht, wann und unter welchen Umständen die Schale nach Japan gekommen ist. Sie gelangte aus anonymen Besitz in die Hände verschiedener Teemeister, wie Honda Noto 本多 能登 und Takeda Kizaemon 竹田 喜左衛門, nach dem sie ihren Namen erhielt.
Im Jahr 1778 erstand der Daimyô von Matsue, Matsudaira Fumai (1751 - 1809), ein bekannter Sammler und Teemeister die Schale für eine enorme Summe Geld. Die Schale erfreute sich der höchsten Wertschätzung Matsudaira's. Als er erkrankte, gab er die Schale als Stiftung an den Tempel Kohô-an, einem Subtempel des Daitokuji in Kyôtô. Dort wurde sie strengstens gehütet und bis in jüngste Zeit niemals aus ihrer schützenden Hülle herausgenommen.

Bericht von Sôetsu Yanagi

Die Aufbewahrungsboxen
der Kizaemon-Schale
"Kizaemon"
Koreanische Ido-Schale / frühe Yi Dynastie (15. Jhd)
aus dem Besitz der Matsudaira-Familie
jetzt im Kohô-an Subtempel des Daitokuji in Kyôtô

"1931 wurde mir und meinem Freund Kanjirô Kawai die Schale, Kizaemon, die "Essenz des Tee" gezeigt. Eine Holzschachtel nach der anderen wurde geöffnet, 5 insgesamt.  Da lag sie, vergraben in Wolle,  eingehüllt in purpurner Seide.

Als ich sie sah, sank mir das Herz. Eine gute Teeschale, ja, aber vollkommen alltäglich. So einfach - nichts einfacheres ist vorstellbar. ...

Ein typischer Gebrauchsgegenstand, der so gut wie nichts kostet, hergestellt von einem armen Mann, ohne jeden Anflug von hochmütiger Persönlichkeit, achtlos gebraucht von seinem Besitzer, gekauft ohne Stolz, etwas, das überall und immer zu kaufen ist.
Das ist die Natur dieser Schale.

Der Ton wurde am Hügel an der Rückseite des Hauses gegraben, die Glasur stammt von der Asche des häuslichen Herdes; die Töpferscheibe war unregelmäßig gelaufen. 

Die Form hat nicht außergewöhnliches, es ist eine von vielen. Sie ist schnell gearbeitet, rauh gedreht mit schmutzigen Händen, ohne Sorgfalt glasiert, so daß die Glasur in dicken Tropfen über den Fuß gelaufen ist.

Der armselige Ofen ist achtlos gefeuert worden; Sand ist angeflogen, aber niemand hat es beachtet.

In Korea wurden solche Arbeiten an die Ärmsten gegeben. Sie wurden achtlos in der Küche zerbrochen von Menschen, die ihren ungeschälten Reis aus ungewaschenen Schalen aßen."

Sôetsu Yanagi
The unknown craftsman - A Japanese insight into Beauty

Natur oder Kunst?

"Kizaemon"
Koreanisches Ido / frühe Yi Dynastie (15. Jhd)
Korea: altes Keramikerdorf

Die Schönheit der Schale entspringt nicht dem Willen,  ein besonderes Kunstwerk zu schaffen.
Absichtslos und spontan hat sie der namenlose Handwerker aus der Alltäglichkeit seiner gewöhnlichen Verrichtungen mit den natürlichen und ungekünstelten Materialien, die er in seinem unmittelbaren Lebenszusammenhang vorgefunden hat, ins Werk gesetzt.

Streng genommen ist sie überhaupt kein Kunstwerk.
Sie verdankt ihre Schönheit der Schlichtheit des Lebens des unbekannten Handwerkers, der in Einklang mit seinen Lebensumständen und der ihn umgebenden Natur ein Werk schafft, das wie die Natur selbst ist.

Die Wertschätzung dagegen, die der Schale entgegengebracht wird, entspringt einer hohen Reflektionsstufe. Menschen, die Reichtum und Wohlleben kannten, sich aber zurücksehnten in die ursprüngliche Natürlichkeit, schätzten dieses Werk gerade wegen seiner Kunstlosigkeit. So kommt sie zu ihrer besonderen Geschichte nicht unter den einfachen Menschen, für die sie geschaffen wurde, sondern bei den japanischen Teemeistern, die ihre Natürlichkeit erkannten und hoch schätzten.

Geschichte der Schale in Japan

Die namenlose koreanische Schale  wird in Japan zu einem "meibutsu", zu einem Ding mit  Namen und wird damit herausgehoben aus der Anonymität. Sie wird zu einem Individuum, ähnlich den Menschen, die in einem langen Übungsweg zu sich selbst gefunden haben.

Die Schale gehörte einst Takeda Kizaemon, einem Kaufmann aus Ôsaka, nach dem sie ihren Namen erhalten hat. Anfang des 17. Jhd. war sie im Besitz von Honda Tadayoshi, dem Fürsten von Noto. 1634 kam sie in die Hände von Nakamura Sôsetsu, einem Teemeister aus Sakai, 1751 zu Toshi Ieshige, um schließlich 1775 in den Besitz von Matsudaira Fumai, dem Fürsten von Matsue, zu gelangen. Matsudaira Fumai schätzte die Schale so hoch, daß er sie stets bei sich behielt. Erst 1818 übergab er sie seinem Sohn mit den Worten: "Dies ist eines der besten Stücke des Landes. Du mußt sie stets hochschätzen."

Untrennbar verbunden mit der Schale ist die Legende, daß sie ihrem Besitzer Krankheit und Tod bringt. Einer ihrer ursprünglichen Besitzer wurde vom Unglück verfolgt und geriet in bittere Not. Dennoch verkaufte er die Schale niemals. Schließlich starb er an der Pest.

Diese Legende wurde Matsudaira Fumai berichtet, er kaufte die Schale dennoch für einen immensen Preis. Später erkrankte er zweimal, und seine Frau beschwor ihn, die Schale wegzugeben. Als sein Sohn Gettan, nachdem er die Schale vom Vater erhalten hatte, auch erkrankte, wurde die Schale in die Obhut des Kohô-an Subtempels im Daitokuji gegeben, wo sie noch heute aufbewahrt wird. Noch während der Meiji-Aera durfte niemand ohne besondere Erlaubnis der Matsudaira die Schale sehen.

Diese Überlieferung zeigt, daß die Schale derartig mit einer individuellen Geschichte geladen ist, daß sie geradezu mit magischen Kräften begabt ist. Erst die Aufbewahrung im Zen - Tempel bricht ihre magische Kraft, Krankheiten zu bringen. Aber sie verliert ihre ursprüngliche Bestimmung, als Schale bei den einfachsten und alltäglichsten Verrichtungen des Lebens -Essen und Trinken - zur Hand zu sein.

Rikyu war der Meinung, daß man alte Teeschalen nicht wegen ihres besonderen Wertes oder ihrer Seltenheit benutzen sollte, sondern lediglich deshalb, weil sie den Geruch von neuer Keramik verloren haben und damit den Geschmack des Tee besser zur Geltung bringen.

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