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Geschichte des Cha no Yu

 
Die chinesischen Anfänge
Ch'a ching des Lu Yu
 
 
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Die Teepflanze war  in Japan ursprünglich nicht heimisch. 
Sie wurde während der frühen Heian - Zeit   aus China, vermutlich in der Form von Saatgut nach Japan gebracht.
Während dieser Zeit herrschte in China die blühende Kultur der T´ang Dynastie . Hier spielte der Teegenuß eine bedeutende Rolle. Seine Popularität spiegelt sich in dem Teeklassiker dieser Zeit, dem Ch´a ching, oder japanisch dem Chakyo des 
Lu Yu (japanisch: Riku-u, +785) wieder, eines Mannes, der während der T´ang und der späteren Sung-Zeit geradezu als der Gott des Tee verehrt wurde. LU YÜS Werk Ch´a  ching beschreibt in 10 Kapiteln die gesamte Teekultur der T´ang Zeit, den Ursprung des Tee, seinen Anbau bis hin zu den verwendeten Teegeräten   Das Werk beginnt mit dem häufig zitierten Satz: 

„Tee ist ein segenspendender Baum des Südens“. 

Möglicherweise deutet dieser Satz auf die Herkunft des Tee aus Indien, von wo aus er nach China kam. Später ist es für die Teemenschen (japanisch: Cha-jin) Japans wichtig, daß der Tee ursprünglich aus der Heimat Buddhas kam

Ziegeltee: dancha
 
 
 
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5 Schalen Methode
 
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Schon lange vor LU YÜ wurde Tee in China getrunken, es ist aber nicht genau bekannt, wieweit sein Genuß zurückreicht.  In der Zeit der Sechs Dynastien hatte man Tee als Zusatz zu Fleisch- oder Fischgerichten verwendet oder mit Reisbrei vermischt. 
Die Methode des Ch´a ching ist die Methode des Ziegeltee, „dancha“. Die Teeblätter wurde gedämpft, im Mörser zerstoßen und in Formen gepreßt. Die so entstandenen Teeziegel  wurden über dem Feuer geröstet und anschließend zu Pulver vermahlen. 
Dieses Teepulver wurde in kochendes Salzwasser gegeben und verrührt. Die „Teeblume“, der an der Oberfläche entstehende Schaum wurde abgeschöpft und getrunken. 
LU YÜ schreibt im 10. Kapitel seines Werkes:
„Aus etwa 2 Liter gekochtem Wasser lassen sich fünf Schalen schöpfen. Solange der Tee heiß ist, soll er getrunken werden, da so der Satz nach unten sickert und die Teeblume an die Oberfläche steigt.  Kalter Tee verliert seine Blume und ist unverdaulich. Schon wenn man eine gefüllte Schale noch erst zur Hälfte getrunken hat, wird sein Geschmack dünn, wie erst, wenn er abgekühlt und schal ist.“ Die „Fünf Schalen Methode“ LU YÜ´S, bei der man aus einem Aufguß von 2 Litern maximal 5 Schalen Tee  schöpfte und trank, stellte offenbar auch das Maximum der genossenen Menge Tee dar.
Die Wirkung des Ch´a ching war derart groß, daß man sagen kann, daß die gesamte T´ang Zeit - nicht nur die Gelehrten, sondern offenbar auch das gesamte Volk -  Tee nach dieser „fünf Schalen Methode“ zubereitete. 
Der Dichter 
LU T'UNG

Seeligkeit durch Tee

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Auch das berühmte „Gedicht der sieben Schalen Tee“ des T´ang Dichters LU T´UNG bezieht sich eindeutig auf diese Fünf Schalen Methode, wenn auch in einer großartigen Übersteigerung:

„Die erste Schale netzt mir Lippen und Kehle. Die zweite verscheucht meine Einsamkeit, die dritte durchdringt mein unfruchtbares Innere, um darin nichts weiter als einige fünftausend Ideogramme zu finden. Die vierte Schale erregt einen leichten Schweiß - alles Schlechte des Lebens schwindet durch meine Poren dahin. Bei der fünften Schale bin ich geläutert; die sechste ruft mich ins Reich des Unvergänglichen. Die siebte Schale - ah, aber ich kann nicht weiterttrinken. Ich fühle nur den kalten Windhauch, der sich in meinen Ärmeln fängt. Der Hôrai - San , wo liegt er? Laßt mich mit diesem lieblichen Windhauch segeln und dorthin schweben.“

Geistigkeit des Tee
 
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Der Erfolg, den Lu Yü mit seinem Ch'a ching erzielte, lag wohl nicht nur darin, daß er den Tee als Getränk pries, sondern bereits eine geistige Dimension des Teegenusses entwarf. So war auch der Tee seiner Meinung nach besonders geeignet für Menschen, die "in ihren Handlungen überragen und zurückhaltend und tugendhaft sind". 
Sicherlich spielt es für diese geistige Auffassung eine Rolle, daß Lu Yü seine Kindheit in einem Zen-Kloster verbracht hatte.

Tee in Japan

Heian Zeit:
 

Saichô und Kûkai
 
 

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Japan blickte damals voller Bewunderung auf das T´ang China und manche Delegation kam hierher, um die Kultur zu studieren.

Die beiden wichtigsten Gestalten waren Saichô und Kûkai . Sie wurden zu den Begründern der beiden großen heianzeitlichen buddhistischen Schulen, dem Tendai und dem Shingon. die das religiöse und kulturelle Leben Japans für lange Zeit bestimmen sollten. 

Beide Gründer zogen sich zunächst mit ihren Klöstern auf hohe Berggipfel zurück, um dort mit dem Mönchen ihre religiösen Übungen zu praktizieren. 
Saicho gründete auf dem Hiei Berg in der Nähe der neuen Hauptstadt Heian-Kyo (Kyoto) die große Klosteranlage der Tendai. Später sollten von hier aus alle wesentlichen religiösen Erneuerungsbewegungen Japans ihren Ausgang nehmen. Durch die räumliche Nähe zur Hauptstadt war Saichos Einfluß auf den Hof und den Adel sehr groß. 
Kukai, der Gründer des Shingon, nahm seinen Sitz zunächst weit entfernt von der Hauptstadt auf dem Koya-San, gründetet später aber in der Hauptstadt einen weiteren Tempel, den Tô-ji, der noch heute der Hauptsitz des Shingon - Buddhismus ist.

In dem reichhaltigen Gepäck, das beide aus China zurückbrachten, waren sicher nicht nur bedeutende Kunstschätze und Sutren, sondern auch Teesamen.

Michizane
 
 
 

Tennô Saga
(786 - 842)
 
 

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Zwei wichtige Werke der damaligen Zeit, das Ruijuku kokushi, herausgegeben von Sugawara Michizane (845 - 903) und das Nihon kôki, einem der sechs Geschichtswerke Rikkokushi (Sechs Bücher über nationale Geschichte) erwähnen die Sitte des Teetrinkens.

Im Jahre 6 Kônin (815)  besuchte der Tennô Saga (786 - 842, Regierungszeit von 809 - 823) die berühmte Küste von Karasaki im Distrikt Ômi
Bei einer Rast im Sufukuji - Tempel wurde ihm vom Priester Eichû Tee serviert. Saga war von diesem Ereignis derart beeindruckt, daß er den Teeanbau im ganzen Land anordnete und das Teetrinken förderte. 

Japanische Anthologien von Gedichten im chinesischen Stil aus dieser Zeit, z.B. das Ryounshu und das Bunka shurei shu geben weitere Anhaltspunkte für die Sitte des Teetrinkens.

Dieser Tee der Ursprungszeit wurde sowohl in China als auch in Japan als "dancha" zubereitet. 
Dieser Dancha bestand aus gedämpf-ten Teeblättern, die in feste Platten gepresst wurde. Dieser Plat-tentee wurde zu Pulver geschabt und in heißes Wasser gegeben, manchmal auch mit Gewürzen vermischt. Dieser Tee wurde zwar in Japan getrunken, sein Genuss war aber sicherlich ein Privileg einer schmalen Adelsschicht und der Priesterschaft. 

Während der Kamakura Zeit verschwindet  die Erwähnung dieser Art der Teezubereitung in der Literatur  völlig, so daß man davon ausgehen muß, daß der Teegenuß  in Vergessenheit geraten war. 

Ein Blick zurück: Tee und Zen in China zur Sung-Zeit

China:
Sung Dynastie
und mo-cha
 
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In China war die T'ang Dynastie und mit ihr eine ganze Kultur untergegangen. 
Auch  die Zubereitung des Tee in der Form des dancha verschwand während der Sung Zeit in China. 

Die sorgfältig getrockneten und nicht fermentierten Teeblätter wurden zu einem feinen Pulver "mo-cha", japanisch ma-cha vermahlen und mit einem Bambusbesen verrührt und schaumig geschlagen.
Diese Methode der Teezubereitung ist noch heute in der Japanischen Teezeremonie üblich. 
Im Sung - China wurde die Methode der Teezubereitung unter Verwendung von erlesenen Teegeräten ritualisiert. Diese Methode der Zubereitung entwickelte sich in Zen-Klöstern. 
Gleichzeitig wurde der Tee Teil des allgemeinen Lebens  des  Volkes.
Tee wurde während der Ahnenfeiern geopfert und anschließend auch von den Anwesenden getrunken. Auch von der Allgemeinheit wurde eine chinesische Temmoku-Schale , ein Lackständer, ein Teekessel und ein Bambusbesen zum Teeschlagen verwendet

Tee und Zen

Anfänge in China
 

Boddhidahrma
und Tee
 

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Bereits in der T'ang Zeit, deren religiöses Leben weitgehend unter der Herrschaft des Buddhismus stand, hatte sich die Sonderform des Ch'an (jap.: Zen) entwickelt. 
Der erste indische Patriarch des Zen, Bodhidharma (chin.: Ta-mo, jap.: Daruma), hatte im 6. Jhd. auf dem Berg Sung-shan den berühmten Shaolin - Tempel gegründet. 
Er soll dort, oberhalb des Tempels in einer Höhle, in strenger Meditation viele Jahre mit dem Gesicht zur Wand gesessen haben. Die Legende sagt, daß er dort solange meditierte, bis ihm Arme und Beine abfielen. Darum spielen Kinder in Japan heute noch mit einer kugeligen Holzpuppe, die den Daruma ohne Arme und Beine darstellt, die man aber nicht umwerfen kann, da sie sich immer wieder aufrichtet. 
Die strenge Meditationsmethode (Sanskrit: dhyâna, phonetisch wiedergegeben als Ch'an bzw. Zen) aus dem indischen Buddhismus nahm hier Einflüsse aus dem chinesischen Taoismus auf und die spezifischen Methoden des Ch'an entstanden und verbreiteten sich über ganz China. 
Der Tee spielte in den Ch'an-Klöstern als schläfrigkeitverscheuchendes Mittel eine zentrale Rolle. 
Eine Legende erzählt, daß Bodhidharma bei seinen langen Meditationen vor Müdigkeit die Augenlieder zu Boden fielen. Der Teestrauch, der sich hieraus entwickelte, half hinfort, die Müdigkeit zu  vertreiben.
Tee im Zen-Kloster
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Alte Mönchsregel
 
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Welche zentrale Rolle der Tee im Leben der Ch'an Klöster einnahm, ist aus den Mönchsregeln ch'ing-kuei (jap.: shingi) zu entnehmen, die jede Kleinigkeit des alltäglichen Lebens regelte. 
Sprechen, Schweigen, Bewegung und Ruhe und die alltäglichsten und elementaren Bedürfnisse vom Speisen zu sich nehmen bis hin zum Kleidung anlegen und Kot und Harn ausscheiden waren geregelt. 
Gerade die Verrichtungen der alltäglichen Lebenspraxis können im Ch'an und in der japanischen Spielform des Zen zum Ursprung und Auslöser der tiefsten religiösen Erfahrung werden und wurden deshalb als teil der religiösen Übungen betrachtet, die genauestens zu regeln waren.

Die "Mönchsregel des Po-Chang" (jap.: ko-shingi, alte Mönchsregel, entstanden um 800, also kaum 300 Jahre nach Bodhidharma) kannte kaum eine Verrichtung oder ein Ritual ohne Tee vom Eintritt ins Kloster, Vorbereitung des Novizen, Tee vor Beginn der strengen Meditationsperioden, Tee bei der Priesterweihe, über Teeriten bei der feierlichen Begehung der vier Jahreszeiten oder der Begehung von Gedenktagen wie Klostergründung, Kaisers Geburtstag bis hin zum Austritt aus dem Kloster.
Zwar ist aus diesen  Mönchregeln nicht zu ersehen, welche Art von Tee bereitet wurde, aber die hohe Bedeutung, die dem Tee im Tempelritual beigemessen wurde, kommt in der Grußformel des Teedankes zum Ausdruck: 

"Wir danken dafür, heute reichlich mit Tee bewirtet worden zu sein und können nicht umhin, unserer großen Freude darüber Ausdruck zu geben." 

(aus Kap. 16. Tee in der Abtswohnung zu Beginn der Meditationsübungen).

Tee in der Kamakura - Zeit

Fujiwara
 
 
 
 
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Das Interesse Japans am Teetrinken erwachte erst wieder in der Kamakura - Zeit. 

Die  politischen Wirren in China bewirkten einen Aubbruch der Bezihungen Japans zue chinesischen Kultur.
Auch in Japan war die höfische Kultur der Heian-Zeit mit dem Verlust des Einflusses der Fujiwara-Familie in eine Krise geraten. Heftige Kriege zwischen den mächtigen Sippen der Heike und der Genji um die Vorherrschaft am Hofe hatte die neue Gesellschaftsschicht des Schwertadels an die Macht gebracht und die Minamoto - Shogune regierten das Land, offiziell im Namen des Tennô aber völlig unabhängig, von dem ehemaligen kleinen Fischerdorf Kamakura aus.

In dieser Zeit erwachte in Japan - vor allem durch die Unterstützung des Schwertadels, der sich von der alten höfischen Kultur absetzen wollte -  erneut das Interesse an China.

Eisai
(1141 - 1292)
 
 
 
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Eisai (1141 - 1292), ein Tendai-Priester, brach vom Hiei-San auf um in China die neuen Methoden des Zen-Buddhismus zu studieren. Er brachte die Lehren des Rinzai - Zen (chin. Lin-Chi) nach Japan. und gründete auf Kyûshû mehrere Zen-Tempel. 
Zwar war er nicht der erste Vermittler des Zen in Japan, aber alle früheren Versuche, Zen zu verbreiten, scheiterten am Widerstand des Tendai-Buddhismus. Erst mit Unterstützung des Bakufu und nach der Gründung des Jufuku-ji in Kamakura gelang es Eisai, in der Haupstadt Kyoto den ersten Zen-Tempel, den Kennin-ji zu gründen.

Die Teesamen, die er von seinen Studien im Sung - zeitlichen China mitbrachte, baute er im Garten des Iwagami-bo auf dem Berg Seburi in der Provinz Hizen (heute aufgeteilt auf die Präfekturen Nagasaki und Sage) an. 

Einige von Eisais Teepflanzen gelangten später zu dem Priester Myoe (1173 - 1232) im Kozanji-Tempel in Tagano-o in Kyoto.  Diese Pflanzen gediehen prächtig und wurden in der gesamten Zentralprovinz verbreitet. 

Eisai brachte nicht nur die Teepflanze sondern auch die Sung-Methode der Teezubereitung sowie die entsprechenden Teegeräte nach Japan und machte sie hier populär.

hon cha:
der "wahre" Tee
Später wurde der Tee aus Tagano-o als honcha, der wahre oder originale Tee bezeichnet. Er war der geschätzteste und gesuchteste Tee bei den Teeinladungen der Nambokucho Periode  (1336 - 1392), die sich allergrößter Popularität erfreuten.
Teezeremonie
im Keninji
 
 
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Noch heute wird im Kennin-ji Tempel Tee nach einem alten Ritus serviert, den vielleicht noch auf Eisai aus China mitbrachte. 
Vier oder acht Ehrengästen, die jeweils von vier oder acht weiteren Gästen begleitet werden, werden chinesische Teeschalen (temmoku-chawan) auf lackierten Untersetzern (temmoku-dai) serviert. Der pulverisierte Tee (macha) befindet sich bereits in den Schalen. Der bedienende Mönche betritt den Raum mit einer Kanne heißen Wassers, auf dessen Tülle ein Teebesen (chasen) aufgesteckt ist. Mit der linken Hand wird jedem Gast einzeln heißes Wasser eingegossen und der Tee mit dem Chasen in der Linken schaumig geschlagen.
Eisai und der Shogun
 
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Kissa yojoki:
Das Buch vom Teetrinken
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Azuma kagami, die Chroniken des Kamakura Shogunates überliefern einen Zwischenfall, der zeigt, daß sich Eisai sehr dafür einsetzte, die Popularität des Tee zu fördern. 
Als der dritte Shogun Minamoto Sanetomo (1192 - 1219) an den Folgen eines heftigen Trinkgelages litt, empfahl ihm Eisai Tee zu trinken und er kurierte so den Shogun. 
Später nahm Sanetomo begeistert Eisais Werk "Preisungen der Wirkungen des Tee, später als Kissa yojoki -  Schrift vom Teetrinken und seiner Wirkung auf die Gesundheit" entgegen. Die Bedeutung des Tee als Medizin erscheint nicht nur im Titel, sondern auch in den ersten Zeilen des Werkes:

"Tee ist ein Elixier für gute Gesundheit und ein wunderbares Mittel, das Leben zu verlängern."

 Eisai stellt in seinem Werk den Tee als Heilpflanze und als das geheimnisvolle Elixier und Geheimnis des langen Lebens dar, nach dem taoistische Weise stets suchten.

Rinsai - Zen und Tee Unter Eisais Einfluß wurde bis zum Ende der Kamakura-Zeit Tee im wesentlichen vom Adel, hochrangigen Kriegern und von Zen-Mönchen der Rinsai-Schule getrunken. Dieser Einfluß des Rinzai-Zen auf die Entwicklung der Teezeremonie blieb auch später erhalten. 
Dôgen, der Begründer des Soto-Zen, der wie Eisai ebenfalls als Tendai-Priester vom Hiei-San nach China aufbrach, hat niemals ein größeres Interesse an Tee entwickelt.
Tee in Nara:
soziales Engagemant
 
 
 
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Aus dem Jahre 5 der Periode Koan (1282) wird eine große Teeversammlung überliefert, die im Saidaiji Tempels in der alten Hauptstadt Nara, abgehalten wurde. 
Diese Versammlung wurde als ochamori bekannt. Ochamori bedeutet wörtlich "großes Servieren von Tee". 

Während das Teetrinken bisher einen sozialen Zeitvertreib der gesellschaftlichen Oberschicht darstellte, bedeutet das Ochamori einen wesentlichen Schritt in der Entwicklung des Teegenusses als Tee-Weg sowie für die Entwicklungen der geistigen Dimensionen des Teeweges. 
Das Ochamori wurde abgehalten, nachdem der Priester Eison den Hachiman-Schrein besuchte. Hachiman, der Kriegsgott war zugleich der Schutzgott des Saidaiji-Tempels. Nachdem Eison dem Hachiman am Schrein Tee geopfert hatte, so wird berichtet, soll er der versammelten Menge Tee angeboten haben. 
Er benutzte dazu eine Teeschale von derartig gewaltigen Ausmaßen, daß eine Person allein sie nicht halten konnte.

Unabhängig davon, ob derartig riesige Utensilien tatsächlich benutzt wurden, wird im Gedenken an dieses Ochamori bis heute die Zeremonie alljährlich wiederholt. Diese Zeremonie ist  wegen der Verwendung ihrer riesigen Utensilien einmalig. 
Jedenfalls war diese Zeremonie von der Generosität Eisons geprägt, sie war kein Ereignis, das von den Teetrinkern selbst veranstaltet worden war.  Wahrscheinlich ist es aber, daß die Teilnehmer des Ochamori den Tee nicht wegen seiner erfrischenden Eigenschaften sondern wegen seiner gesundheitlichen Wirkung getrunken haben.

Tee in der Nambokucho und der Muromachi-Zeit.

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In der Kamakura-Zeit wurde Tee im wesentlichen von Rinzai-Zen Mönchen als Medizin und als Stimulantium bei der Meditation getrunken, um die Müdigkeit fernzuhalten.
Da die Mönche über hervorragende Kontakte zur Oberschicht verfügten und ihr z.T. auch selbst entstammten, verbreitete sich der Tee auch unter den Mächtigen des Landes und in der Kriegerklasse.
Tocha:
Teewettbewerbe
 
 
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In der Hand der Kriegerklasse veränderte sich die Natur des Zen-Teetrinkens vollständig.

Schon von altersher bestand in dieser Klasse die Sitte, Dinge miteinander zu vergleichen und nach ihrem Rang zu klassifizieren.
Verglichen wurden Bilder (e awase), Insekten (mushi awase), Blumen (hana awase), Muscheln (kai awase) und Hunde (token). 
Im ältesten Roman Japans, dem Genji monogatari gibt es eine berühmte Szene, in der Frauen miteinander verglichen und klassifiziert wurden. 
Nun kamen auch Teewettbewerbe mit Klassifizierungen - Tocha- hinzu. 

Diese Tocha entwickelten sich während der Nambokucho zu einem eleganten Amüsement mit genauen Regeln. Während des Tocha mußten verschiedene Teesorten nach ihren Regionen unterschieden und klassifiziert werden. 
Die Teilnehmer eines Tocha wurden auf ihre Fähigkeit hin geprüft, honcha von hicha unterscheiden zu können. Honcha war dabei der "ursprüngliche" oder "wahre" Tee, der in Tagano-o, später auch in Uji angebaut worden war. Tee aus allen anderen Anbaugebieten galt als geringerwertiger hicha

Es entwickelten sich die verschiedensten Formen des Tocha, die üblichste Form war aber das "zehn Schalen Tee", bei dem eine honcha Sorte mit drei hicha Sorten verglichen werden mußte, dieses aber in 10 verschiedenen Gruppierungen. Die erfolgreichsten Mitspieler erhielten kostbare Preise. In Extremfällen mußten bis zu 100 Schalen Tee bzw. 100 verschiedenen Teesorten  gekostet und nach honcha bzw. hicha unterschieden werden.

Beschreibung 
eines
Teewettbewerbes
 
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Das Taihei-ki, die Chronik des Großen Palastes, berichtet von einem derartigen Tocha. Gastgeber war der einflußreiche Sasaki Doyo (1295 - 1373). 
Nicht weniger als 700 Preise wurden vergeben, darunter Goldbrokat und Damast. Die Gäste saßen auf Tiger- und Leopardenfellen und hatten 70 verschieden Sorten von honcha und hicha zu klassifizieren.
Ein ähnliches Tocha wurde im Kissa orai, dem "Handbuch des Teetrinkens" beschrieben, welches dem Priester Gen´e oder Genne (1296-1350) zugeschrieben wurde.
Tee als teures Freizeitvergnügen der Samurai
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Während der Tee vor der Nambokucho-Epoche wegen seiner gesundheitlichen Wirkung getrunken wurde, war der Teegenuß nun zu einem gesellschaftlichen Ereignis und zu einem aufwendigen Vergnügen für eine reiche Oberschicht geworden.
Das Buch Yasaka jinja kiroku (Aufzeichnungen vom Yasaka-Schrein) vermittelt einen Eindruck von der außerordentlichen Popularität, den die Tocha zu der Zeit genossen. 
Es verzeichnet für das Halbjahr vom Juli bis zum Dezember des Jahres Koei 2 (1343) nicht weniger als 50 Tocha-Veranstaltungen, das bedeutet 1 Tocha jeden dritten Tag.
Dabei wurden jeweils pro Person dreißig, vierzig oder gar hundert Schalen Tee in wenigen Stunden getrunken. Zusammen mit den vielen wertvollen Preisen, die bei diesen Gelegenheiten vergeben wurden, wurde damit ein gewaltiges Vermögen für das Teetrinken ausgegeben. 
Außerdem war es die Regel, daß ein Tocha abgerundet wurde  mit Musik, Spielen und Tänzen und gefolgt wurden von Gelagen, bei denen große Mengen von Reiswein getrunken wurden. 
Diese Art des Freizeitvergnügens blühte unter den Buddhistischen Priester, dem Adel und den hochrangigen Kriegern bis in die Mitte der Muromachi-Periode.
Wandlung zum 
TEE - WEG:

Higashiyamakultur
und der 
Ginkakuji
 
 

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Aber nicht diese aufwendigen und exaltierten Vergnügungen der reichen Schichten war es, die den Teeweg förderten. Vielmehr entwickelte sich die heutige Teekultur aus der Bürgerschicht.
Bereits bei den Ochamori des Saidaiji-Tempels hatten die Massen des Bürgertums Anteil an der Teekultur. 
Es ist aber sicher, daß das Bürgertum nicht in der Lage war, eigenen Tee- oder Sakeeinladungen als Gastgeber zu organisieren. Dies änderte sich erst während der Kitayama-Kultur. 
Der dritte Ashikaga Shogun Yoshimitsu (1358-1408) hatte in den Nordbergen (Kitayama) Kyotos den Ginkakuji, den Goldenen Pavillon gebaut und damit einer neuen Epoche den Namen gegeben.

Unter seinem Enkel Ashikaga Yoshimasa, der in den Ostbergen Kyotos den Ginkakuji errichtete, entstanden wesentliche Aspekte der "neuen" Japanischen Kultur, die uns heute als die klassische Kultur gilt.

wird fortgesetzt
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Stand: Februar 1999  Text: Gerhardt Staufenbiel