CHADŌ - DER TEEWEG

Jedes Jahr am 6. November wird im Zenshuji Tempel in Kyōto eine buddhistische Totenandacht - Kuyo für verbrauchte Chasen abgehalten das Chasen Kuyo 茶筅供養.
Einen, leider nicht sehr deutlichen Film über diese Zeremonie gibt es in Youtube zu sehen unter .
Die Chasen werden nach einer buddhistischen Totenzeremonie feierlich verbrannt und ihre Asche an einem Grabmal für Chasan vergraben. Im Film sieht man leider nur einen kleinen Teil der Zeremonie. Im Vordergrund sind Opfergaben für die "toten" Chasen aufgebaut, die als Nahrung für die Toten aufgebaut sind.

Chasen und auch andere Gebrauchsgegenstände wurden schon in alter Zeit in Japan als Lebewesen gesehen, denen man nach dem Ende ihrer "Lebenszeit" einen würdigen Abschied bereitet, so wie man das mit Menschen auch tut. Chasen, die ja in sorgfältiger Handarbeit hergestellt wurden, sind für die Zubereitung von Tee ein unverzichtbares Werkzeug. Alle anderen Gegenstände kann man durch andere Dinge ersetzen, aber der Chasen ist unentbehrlich. Kein Wunder also, dass er besonders beachtet wird.

Wie schön wäre es doch, wenn wir in unserer heutigen Wegwerfgesellschaft ähnlich andächtig mit den Gegenständen umgehen würden, die uns ein ganzes Wegstück auf unserem Leben begeleitet haben! Diese Idee haben die Japaner auch schon gehabt und deshalb gibt es Kuyo nicht nur für Chasen, sondern auch für gebrauchte BH oder Handy.

wirklich bemerkenswert! wird diese "bestattung" denn nur in diesem tempel abgehalten, oder wird das in japan generell so gemacht?

da kriegt man echt ein schlechtes gewissen, wenn man den ausrangierten chasen in den müll schmeisst! :oops:

Die Zeremonie gibt es auch in anderen Tempeln.
Hier sind Bilder vom Kenchōji in Kamakura:

Der Kenchōji wurde 1253 gegründet und gehörte als Haupttempel zu den Gosan Tempeln. Er hat ca. 500 Zweigtempel in ganz Japan. Ich gehe mal davon aus, dass dort überall die "Totenzeremonie für Chasen" statt findet.

Dieses Bild hier zeigt den Grabstein, den Chasen-tsuka 茶碗塚 für Chasen im Kenchōji:



Die Verbrennungszeremonie scheint im Kenchōji etwas schlichter zu sein. Man kann im Bild ein Feuerbecken am Fuße der Tempeltreppe erkennen, in dem die Chasen verbrannt werden.(Vielleicht sind deshalb so viele alte Tempel abgebrannt?!)

Dass dem Chasen eine "Seele" zugesprochen wird ist eigentlich nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, was das für ein wunderbares Ding ist. Mit keinem anderen Gerät kann man den Matcha besser schlagen als mit dem Chasen. Es gibt für ihn einfach keinen Ersatz! Und noch dazu hat er fast magische Eigenschaften:

Bambus ist ein Gras, also wässrig Yin. Der Chasen ist aus einem Stück Bambus geschnitten, seine Fäden zeigen in Wuchsrichtung. Wenn der Chasen also auf dem Boden steht, so steht er genau in Wuchsrichtung. Hier ein Bild eines Chasen im Stil der Mushakoji Senke:



Dieser Chasen, der noch sehr gerade geformt ist, dürfte dem Chasen, den Rikyū benutzt hat ziemlich nahe kommen. (Man kann die für Rikyū typische, unten leicht gewölbte und dann nach oben strebende Form ähnlich der Natsume oder den ursprünglichen Raku Chawan gut erkennen.)

Wird der Chasen benutzt, so wird er umgedreht, so dass die Fäden bzw. Spieße nach unten zeigen. Damit kehrt sich sein Yin Charakter um in Yang.
Die Teeschale aber als offene Form ist Yin. Wenn man den Tee schlägt, dann vereinigt man Yin und Yang zu einer Einheit und neues Leben entsteht. Und solch ein "Ding" mit dieser geradezu "magischen" Potenz soll nicht lebendig sein?