DAS FUKUSA

Fukusa: Yohosabaki
Yōhosabaki - Prüfen der vier Richtungen
Von den aus Stoff hergestellten Tee-Utensilien nimmt das Fukusa ene besondere Stellung ein. Sowohl der Gast als auch der Gastgeber tragen ein seidenes Fukusa bei sich. Der Gastgeber trägt das Fukusa eingehängt in den Obi seines Kimono, der Gast im Futokoro, der Brusttasche des Kimono.
Der Gastgeber benutzt zum Reinigen der Teegeräte, insbesondere der Teebehälter und des Teelöffels ein seidenes Tuch, das Fukusa. Die Seide ist so gewebt, daß das Tuch eine große Spannkraft aufweist und sich beim Falten voll in die Hand schmiegt. Das Tuch liegt doppelseitig und ist aus einem Stück hergestellt, das an einer Seite gefaltet und an den anderen drei Seiten genäht wird. Es ist fast quadratisch, aber eine Seite ist ein klein wenig länger als die andere, so daß ein leichtes Rechteck entsteht.

Farbe

Die Farbe des Fukusa hängt davon ab, ob der Gastgeber ein Mann oder eine Frau ist. Herren benutzen immer ein Fukusa von tief dunkel violetter Farbe (murasaki), Damen ein hell rotes, höchsten ein orangerotes Fukusa. Damen dürfen bei weniger formalen Gelegenheiten Farben wählen, die zu ihrem Kimono passen, das Fukusa darf auf seiner Innenseite, die normalerweise nicht sichtbar ist, ein dezentes Muster tragen.

Die beiden Farben - violett und rot - sind schon in China heilige Farben. Das dunkle Violett steht für Yin - den Schatten, das Dunkle, Kühle, Feuchte, die Nordseite des Flusses, das Erdhafte, das Weiblich. Das helle Rot steht für Yang - Feuer, Licht, das Trockene, die Südseite des Berges, das Männliche. Die Grundidee ist es, daß Yin und Yang, das Männliche und das Weibliche immer ausgeglichen sein sollten. Nur dann sind die Dinge und ist der Mensch im harmonischen Gleichgewicht.
Männer tragen daher zum Ausgleich ihrer vorherrschenden Yang-Energie die dunkle, weibliche Farbe, Damen die helle, männliche.

YÔHÔSABAKI - Zentrieren und reinigen

Die quadratische Form des Fukusa steht für die Ganzheit des Kosmos mit seinen vier Seiten. Die Vier Ecken des Fukusa gehören zu den Shi -Tennô, den vier Himmelskönigen, die als Schutzgestalten die Himmelsrichtungen behüten. Bei der Zubereitung des formalen Koicha, des dicken Tee, werden die vier Richtungen "geprüft", bevor das Fukusa so gefaltet wird, daß damit die Chaire, der Behälter für den dicken Tee gereinigt wird. Bei diesem "Prüfen", Yô Hô Sabaki, werden die Ecken einzeln zunächst prüfend aufeinander zu bewegt, dann wird das Fukusa weitergedreht, um die nächsten Ecken zu prüfen.

Buddha wurde einmal von einem jungen Mann gefragt, wie er seine morgendlichen Gebete in der rechten Weise vollziehen solle.

Buddha sagt nichts anderes, als daß sich der junge Mann in seinem Gebet Reinigen der Chaire in tiefer Dankbarkeit für alles was ist in das Zentrum des Kosmos begibt. Er ist dort aber nicht das egoistische Zentrum: die Dankbarkeit gegen alles ist verbunden mit demütiger Freude für all die Gaben, die er bekommt und die sein Leben reich beschenken. In einer ähnlichen Haltung der demütigen Dankbarkeit sind die Indianer bei der Geburt eines Kindes auf einen Hügel gestiegen und haben das Kind allen Wesen im Himmel, in der Luft, auf der Erde und unter der Erde vorgestellt, gebeten es in ihrer Mitte aufzunehmen und zu schützen.

Das "Prüfen" des Fukusa im Yô Hô Sabaki ist kein sich untertan machen und kontrollieren. Es ist ein Zentrieren des eigenen Selbst, das sich aber völlig vergißt. Wesentlich ist dabei, daß die Atmung ruhig fließt und so die innere Empfindung mit der äußeren Form in vollkommene Übereinstimmung bringt. Yôhôsabaki reinigt das eigene Herz, bevor die Chaire gereinigt wird. Solange man beim Teeweg lediglich eine "Technik" übt, ohne den inneren Sinn unmittelbar zu erleben, bleibt das Üben lediglich eine formale und leere Hülse.

Nach dem Öffnen des Fukusa und dem "Prüfen" der Vier werden die Ecken zusammengefaltet: Himmel, Erde. Götter und Menschen werden innig in Eins gefaltet um damit die Geräte zu reinigen.

Reinigen der Natsume
Reinigen der Natsume: Phase 1 Reinigen der Natsume: Phase 2 Reinigen der Natsume: Phase 3

Unvollkommenheit

Das Fukusa ist nicht völlig quadratisch. Eine Seite ist etwas langer als die andere, so daß ein leichtes Rechteck entsteht. Das Fukusa wird hergestellt, indem ein langer Seidenstreifen zusammengefaltet wird. Die drei anderen Seiten werden vernäht, so daß eine Seite entsteht, die aus der vollkommenen Symmetrie herausfällt. Diese leichte Asymmetrie ist charakteristisch für jede vom Zen beeinflußte Kunstform. Während in Europa die Symmetrie als die perfekte Form gilt, wird in der Zen-Kunst die Asymmetrie bevorzugt.
Symmetrie und Perfektion ist in seiner Vollkommenheit starr und unbeweglich. Wer sich auf dem WEG, dem Dô befindet, ist unterwegs zur Vollkommenheit. Sie ist aber, solange der Mensch lebt, niemals erreichbar. Alles Vollkommene ist tot und starr. Wer sich auf dem Weg befindet und meint, er sei vollkommen, der entwickelt sich nicht mehr.
"Der ursprüngliche Zweck des Teeweges ist im Kern die Annahme der Unvollkommenheit." Wer die Unvollkommenheit alles Seienden annehmen kann, verliert die Angst und die Unzufriedenheit. Er kann die Dinge so akzeptieren, wie sie sind.
Wenn wir versuchen, alles perfekt zu ordnen, so stellt sich leicht Angst und Unzufriedenheit ein. Die Natur ist nicht geordnet oder perfekt. Die Ordnung und Genauigkeit der Teezeremonien wird immer wieder durch die Nicht-Ordnung und die Nicht-Perfektion durchbrochen. Krankheit und Tod, Alter und Gebrechlichkeit durchbrechen auf ganz wesentliche Weise die Perfektion des Lebens. Wenn es uns gelingt, diese "Störungen" der Perfektion anzunehmen, könnte es gelingen, das Leben angstfrei und gelassen zu leben.

Es ist sehr leicht, in perfekten Teeräumen und mit "richtigem" Teegerät den Teeweg zu üben. Allzu leicht aber erstarrt die Übung und wird zu einem reinen Formalismus. Wir haben gerade im Westen, wo keine perfekten Übungsvoraussetzungen gegeben sind, die Möglichkeit, aus dem ursprünglichen Geist des Teeweges zu üben und uns in Harmonie, Hochachtung und Reinheit zu üben, die in der Stille und freudigen Gelassenheit mündet.


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