五月 Gogatsu - Fünfter Monat
Chadô im Mai
Um den 6. Mai ist der erste Tag des Sommers, 立夏 - Rikka.
Nach dem alten Mondkalender beginnt der fünfte Monat Ende Mai, Anfang Juni. Mit der Einführung der westlichen Zeitrechnung wurde einfach die Monatszählung beibehalten, so dass viele Jahreszeiten-Worte nicht mehr vollkommen in die neue Zeit passen. Ende Mai, Anfang Juni - also ursprünglich im 5. Monat - beginnt in Japan die Regenzeit, die eine drückende Schwüle, starke Regenfälle und gleichzeitig hohe Temperaturen bringt. Dementsprechend verändert sich der Teeraum in seiner Stimmung ganz wesentlich gegenüber dem Winter. Die im Boden eingelassene Feuerstelle, der Ro wird geschlossen und durch die tragbare Feuerstelle, den Furo ausgetauscht. Als Duft für die Feuerstelle wird nicht mehr der schwere, aus verschiedenen Zutaten geknetete Duft (neriko) verwendet. Blättchen aus geschnittenem Sandelholz (byakudan) verbreiten einen sommerlich leichten Duft im Raum. Die Stimmung wird weiter und freier. Man bevorzugt jetzt eher größere und hellere Teeräume, da in den kleinen Teeräumen des Winters die Schwüle unerträglich drückend würde.
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In der Tokonoma hängt man jetzt Rollen mit sommerlichen Themen und die Teeblumen, 茶花 Chabana werden gern in sommerlichen Körben, nicht mehr in der strenger wirkenden Keramikvase präsentiert. Gräser und frische Wiesenblumen ersetzen jetzt die geschnittenen Zweige. |
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Tsubaki: Winter Chabana |
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Wiesenblumen: Sommer Chabana |
wa ga yado no
ike no fujinami
sakinikeri
yamahototogisu
itsu ka kinakamu
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Wogen von Glyzinienblüten
sind aufgegangen
beim Teich in meinem Garten:
wann denn kommt
der Bergkuckuck mit seinem Ruf? |
Kokin Wakashu |
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Die Blüten der wild wachsenden Glyzinien, der Fuji überziehen in Japan ganze Bergtäler mit blauen Wogen. Kamo no Chomei wird durch diese "violetten Wolken" an das "Reine Land" des Amida erinnert, auf das er sehnsüchtig wartet. Im Gedicht des Kokin Wakashu wird der Hototogisu, der Bergkuckuck sehnlich erwartet. Sein Ruf kommt aus den unbewohnten Bergen, von weit her und lockt in das Unbekannte und Neue. Dort wo er lebt, ist die Luft kühl und frisch. Hört man seinen Ruf, so wird die eigene Heimatlosigkeit und Unbehaustheit in der schwülen Welt des Alltages schmerzlich gegenwärtig und die Sehnsucht nach der eigentlichen Heimat wird immer stärker.
hototogisu
naku koe kikaba
wakarenishi
furusato sae zo
koishikarikeru
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Da ich
des Kuckucks Ruf vernehme
ergreift mich Sehnsucht
auch nach dem Ort,
den ich zurückgelassen. |
Kokin Wakashu |
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Andere Namen für den fünften Monat
- 皐月 Satsuki
wörtlich: Sumpf- oder Küstenmonat.
- 早苗月 Sanaetsuki
Monat des ersten Reispflanzens. Die Reisfelder werden geflutet und die neuen Setzlinge eingesetzt.
Im nächsten Monat werden die Stecklinge umgesetzt und überall ertönten dann früher die Lieder der Reispflanzer, die 田植歌 Taue Uta.
- 吹雪月 Fubukitsuki
Fubuki ist wörtlich der Schneesturm. Hier ist nicht der winterliche Sturm gemeint. Anfang des Monats werden die letzten Blüten von jedem Windhauch von den Zweigen geweht und sie tanzen wie Schneeflocken in der Luft. Das frische, grüne Moos ist bedeckt von den letzten Kirschblüten, die wie Schnee auf dem frischen Grün glänzen.
koma namete
iza mi ni yukamu
furosato wa
yuki to nomi koso
hana wa chirurame
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Besteigt die Pferde
kommt, wir wollen schauen gehen!
wie Schnee
fallen wohl die Blüten nun
in der alten Heimat. |
Kokin Wakashu |
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Jahreszeitenworte
- 夏の月 Natsu no Tsuki
Sommer - Mond. Der Mond spielt im 9. Monat eine unvergleichliche Rolle, da der Vollmond in diesem Monat zum letzten mal durch das Laub der Bäume scheint. Der Mond mit seinem kühlen Licht bringt im Sommer ein wenig das Gefühl der Frische. So kann man in den schwülen Nächten wieder freier atmen.
- 五月雨 Samidare
wörtlich: "Gogatsu ame" - "Regen des fünften Monats". In Japan gibt es eine reiche Fülle von gesonderten Bezeichnungen für Regen. Der Regen des fünften Monats, ursprünglich des Juni, ist von einer besonderen Qualität. Die Luft ist schwül und stickig und der Himmel öffnet alle Schleusen. Der Schweiß rinnt aus allen Poren und allmählich gibt es keinen trockenen Faden mehr am Körper. Nebel erfüllt die Luft und allmählich erschlaffen Körper und Geist - eine ideale Zeit für Geister und Gespenster, die vorwiegend unter dem 雨月 Ugetsu, dem Regenmond erscheinen. In dieser Zeit gilt es, wach und klar zu bleiben und ...
- 洗心 Sen Shin
das Herz zu reinigen.
- 清水 Shimizu
Reines, klares Wasser. Wasser dient nicht nur zur Reinigung. Bereits der Anblick von frischem, Klarem Wasser reinigt in der Schwüle des Sommers die Sinne und das Herz und erfrischt das Gemüt. Deshalb wird der Gartenpfad sorgfältig mit frischem Wasser gesprengt. Die Frische und Kühle empfängt den Gast auf seinem Weg in den Teeraum. Bei der Teezubereitung sollte das Wasser im Kaltwassergefäß möglichst kalt sein. Zwar kommt der Gast niemals mit diesem Wasser in Berührung, aber beim Reinigen der Teeschale klingt das kalte Wasser, das in die Schale gegossen wird, wie ein erfrischender Wasserfall in den Bergen. Der Gast hört die Kälte des Wasser und fühlt die Erfrischung, die von diesem Klang ausgeht. Bei besonders heißem und schwülen Wetter trägt der Gastgeber eine flache Sommerteeschale in den Raum, die mit klarem, kaltem Wasser gefüllt ist und in der das Chakin wie eine Eisscholle schwimmt. Nicht n ur der optische Eindruck erfrischt - auch der Klang des Wassers, das in das Kensui ausgegossen wird reinigt das Herz.
- 苔清水 Kokeshimizu
Zwischen frisch glänzendem Moos fließt klares, reines Wasser.
Das nasse Moos glänzt und funkelt wie ein Smaragd, dessen Feuer kühl und ernüchternd brennt wie das Feuer der Erleuchtung. Zwischen diesem Moos fließt reines, kühles Wasser: wie sollte da das Herz nicht rein und frei werden?
- 岩清水 Iwashimizu
Felsenwasser. Weit ab in den Bergen strömt zwischen Felsen frisches, klares Wasser. Manchmal springt es in Stufen von Fels zu Fels und zerstäubt beim Aufprall. Das Wasser scheint zu kochen, aber es vermittelt ein kühles, frisches Empfinden.
In vielen japanischen Gärten wird ein kleiner Wasserlauf von oben über einen Abbruch auf einen Felsen geleitet, der scheinbar wie ein Koi-Karpfen gegen den Strom schwimmt und versucht, über den Felsabbruch nach oben zu springen. Er strebt zurück zum Ursprung, in dem früher der Laich abgelegt worden ist und in dem er selbst geboren wurde. Wer zum Ursprung kommen will, muß mühsam zurück kehren an den "Ort" seiner Herkunft.
Das Geräusch des Wassers auf diesem Koi-Stein reinigt Ohr und Herz und gibt inmitten der schwülen Welt eine kühle Empfindung. Das Wasser spritzt zur Seite und glitzert wie Diamanten im Sonnenlicht.
- 水玉 Mizutama
Wasser - Edelstein
- 茶摘み Chatsumi
Teepflücken
Der fünfte Monat bringt für Teemenschen ein ganz besonderes Ereignis: der erste Tee wird gepflückt.
Nach den Frühlings Äquinoktien werden die Teeplantagen mit Stroh oder Reisig abgeschattet. Etwa 20 Tage entwickeln sich unter diesen Schattendächern die jungen Triebe, bis sie geerntet werden. Damit werden die jungen Triebe nicht nur vor Frost und Wind geschützt. Die Entwicklung von Chlorophyl und Tannin, die den Geschmack des Tee wesentlich bestimmen wird günstig beeinflusst. Diese Technik wurde in Uji, den traditionellen Teeplantagen schon seit dem 16. Jhd. angewendet, und bis heute weiter perfektioniert. Beim Teepflücken werden nur die jungen, frisch grünen Blätter geerntet. Danach wird der Teestrauch wieder stark zurückgeschnitten. Erst im nächsten Jahr gibt es eine neue Ernte.
Früher durfte der Tee nur während 21 Tagen vom Ende des fünften bis Anfang des sechsten Monats geerntet werden. Das alte Schriftzeichen für 21 昔 zeigt die Abzählung für 2 x 10 (zwei senkrechte Striche) plus eins (ein waagerechter Strich) oberhalb der Sonne, die für die Tage steht. Nur in den (guten?) alten Zeiten hielt man sich an diese strenge Regel der Teeernte. Darum hat das Schriftzeichen die bedeutung von " mukashi, früher, alte Zeiten. Japanische Märchen beginnen mit: "Mukashi mukashi ...", vor langer, langer Zeit.
- 新茶 Shin Cha
Der frisch geerntete Tee hat eine Fülle des Geschmack, die unvergleichlich ist. Allerdings ist der Gehalt an Teein sehr hoch. Ich selbst habe in der Teeplantage Koyamaen den frischen Tee probiert. Eigentlich konnte man nicht aufhören mit probieren, so köstlich hat der frische Tee geschmeckt. Nach drei bis vier Schalen fühlt man sich himmlisch leicht, verliert aber völlig den Bodenkontakt: man hat einen Teein-Rausch.
Bei der Lagerung baut sich der Teeingehalt etwas ab, leider geht auch der Reichtum des Geschmackes etwas verloren. Mit großer Spannung wartet man deshalb wieder auf den Shincha, den frischen Tee.
名物 Meibutsu: Namen für Teegeräte
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