Dao De Jing Nr 1DAO - Ursprung von Himmel und Erde und die 10 000 DingeDAO - Himmel und Erde無名 天地 之 始 - MU MEI TEN CHI NO SHI
Das Dao ist leer und ohne Eigenschaften, aber Himmel und Erde entfalten sich in vielen Hinsichten und Eigenschaften.
Der Himmel ist hell und beständig. Aber er ist nicht "ewig" im Sinne der Unveränderlichkeit. Seine Beständigkeit ist von der Art, dass der Gang der Zeiten beständig ist. Seine Beständigkeit ist der gleichmäßige Rhythmus seines Ganges. Er ist es, dessen Bewegung die Zeit strukturiert. Die Zeit wird aber weniger vom Tageshimmel als vielmehr vom nächtlichen Himmel strukturiert. Der Wechsel von Tag und Nacht und der gleichmäßige Wechsel des Mondes mit seinem Rhythmus von 28 Tagen gibt die Zeit. Der Mond ist zugleich in einen größeren Rhythmus eingebunden. Am Ende von 12 Mondperioden steht er anders am nächtlichen Himmel im Bezug zu den Sternen, als am Beginn der Mondperioden. Erst nach 28 Jahren stimmen die Sterne und die Sonne in ihrem Gang wieder mit den Mondphasen zusammen.
Die Polarität von Erde und Himmel erzeugt automatisch die Dreiheit. Es ist der Mensch der auf der Erde unter dem Himmel sein Dasein lebt. Im Daoistischen Denken wird diese Dreiheit von Himmel, Mensch und Erde zu einem wesentlichen Prinzip. Der Mensch hat in dieser Dreiheit eine besondere Stellung. Er ist es, der das Gleichgewicht stören kann und auch ständig stört. Damit die Dreiheit nicht auseinander fällt und der Mensch etwa versucht, seine Gewalt auf die Erde auszuüben und den Himmel zu verändern, indem er sein will wie Gott und die Nacht zum Tag macht, bedarf es eines besonderen Menschen, der diese Drei zusammenhalten kann. Dieser besondere Mensch ist der König, der die drei Ebenen miteinander verbinden kann. Ist erst einmal die Dreiheit entstanden, so entwickeln sich die 10 000 Dinge in ihrer Vielfalt. Die 10 000 Dinge有名 萬物 之 母 - YU MEI MAN BUTSU NO BÔ Die 10 000 Dinge sind Alle Dinge. Dinge sind alles, was IST, nicht nur Felsen Bäume, Flüsse, das Meer, der Mensch die Tiere, sondern auch das Glück, das Begehren, das Leiden, das Herz, der Geist und der Körper. Das Schriftzeichen für 'Ding' ist zusammengesetzt aus dem Zeichen für einen Ochsen oder Wasserbüffel 牛 und dem Verneinungszeichen 勿. Der Ochse ist deutlich aus der Vogelperspektive zu erkennen. Man sieht den langestreckten Rücken und querstehend die Schulter- und Hüftgelenke. An der Vorderseite ist ein stilisiertes Horn zu sehen. Die "Dinge" sind offenbar das, was KEIN Ochse ist.Es ist aber nicht etwa so, daß Ochsen keine Dinge wären. Der weibliche Wasserbüffel ist das Bild für das Dao selbst. Laotse, der auf dem Büffel reitet, ist eins mit dem Ochen - dem Dao - geworden. Für die Menschen Ostasiens ist der Wasserbüffel vieleicht das wichtigste Haustier, das sie überall in ihrem Leben antreffen. Er nährt die Menschen mit seiner Milch und seinem Fleisch, er hilft bei der Arbeit und beim Reispflanzen. Er ist nahezu allgegenwärtig, wie das Dao selbst. In der japanischen Sprache gibt es zwei Lesungen für das Ding oder die Dinge: mono in der japanischen Lesung oder butsu in der sinojapanischen Lesung. Butsu ist gleichklingend mit der japanischen Lesung für Buddha - Butsu. Alles Seiende ist ein Ding. Jedes Ding gehört zum Dao, aber es IST nicht das Dao, das selbst kein Ding ist. Vielleicht zeigt das Schriftzeichen diesem Zusammenhang zwischen dem Dao und dem Ding.
Das Schriftzeichen für 10 000 zeigt einen Scorpion. Aus der Vogelperspektive ist der Panzer und die Zangen am Kopfende und der Schwanz zu sehen. Dieses Zeichen ist durchaus nicht angsteinflößend oder abstoßend. Vielmehr ist es sehr glückverheißend. In vielen Nomadenteppichen wird ein stilisierter Scorpion eingeknüpft, der offenbar das Böse abwehrt und somit Schutz gewährt. Der Scorpion ist eines der vielen apotropäischen Zeichen, die vor den bösen Dämonen oder Geistern schützen und damit indirekt Glück gewähren. |