NAMBŌROKU 南坊録
oder KISSA NAMPŌROKU 喫茶南方録
Inhalt des Nampōroku
Etwa 100 Jahre nach Rikyū's Tod taucht das Manuskript des Mönchs Nambō Sōkei, eines Zeitgenossen Rikyū's auf. Rikyū selbst hat keine Aufzeichnungen hinterlassen. Auch die Gedichte, die ihm zugeschrieben werden, stammen wohl nicht aus seiner Hand. Einige Forscher meinen, dass es keinerlei schriftlichen Zeugnisse von Rikyū's Hand - auch keine Briefe oder ähnliches - gibt.
Damit stellen die Aufzeichnungen des Mönchs Nambō eine Kostbarkeit dar.
Der Mönch Nambō schildert Begegnungen mit Rikyū im Shūūn-An, der Mönchsklause auf dem Gelände des Nanshū-Ji in der Stadt Sakai, der Heimatstadt Rikyū's. Nambō bittet Rikyū um Belehrung über den Teeweg und Rikyū erläutert seine Auffassung. Um zu gewährleisten, dass die Gedanken Rikyū's richtig wiedergegeben sind, hatte Nambō Rikyū selbst gebeten, die einzelnen Kapitel bzw. Bände des Werkes durch seine Unterschrift zu autorisieren. Lediglich die beiden letzten Bände sind nicht von Rikyū gegengezeichnet.
Das Buch ist in sieben Bände gegliedert.
1. Oboegaki (Denkschrift)
2. Kai (Teegesellschaften)
3. Tana (Schmuckgestell)
4. Shōin (formaler Empfangsraum)
5. Daisu (formales Schmuckgestell chinesischen Ursprungs)
6. Sumibiki (Durchgestrichenes)
7. Metsugo (Worte nach Rikyū's Tod)
Der sechste Band "Sumibiki" - "mit Tusche Durchgestrichen", ist mit folgender Begründung von Rikyū durchgestrichen:
"Band 6 habe ich wiederholt gelesen. Bis Band 5 habe ich alle mit Nachwort und Siegel versehen. In diesem Band aber wurde allzu eingehend die Geheimüberlieferung dargestellt, so dass ich meine Bedenken bei späterer, fremder Einsicht habe.
Eine Geheimlehre wird nur auf Grund ihrer Geheimhaltung respektiert. Deshalb sollte dieser Band unbedingt vernichtet werden. Es versteht sich wohl von selbst, dass ich derartiges nicht verfasse. Eher würde ich dies gern abschreiben und meinen Kindern vererben, aber dann ist es wohl auf jeden Fall um die Geheimhaltung geschehen.
Wie auch immer, Sie sollten es ins Feuer werfen.
5. Tag des 12. Monats
An den Mönch im Shūun-An
Sōeki (Rikyū)"
Hundert Jahre nach Rikyū's Tod erlebte die Teewelt eine Renaissance seiner Ideen. Rikyū war bis dahin wegen seines erzwungenen Seppuku fast in Vergessenheit geraten und überall blühten neue Teeschulen auf, die von den regionalen Daimyō, den Fürsten gegründet und gefördert wurden. Der Daimyō - Tee baute große gesellschaftliche Schranken zwischen den Teilnehmern einer Tee - Einladung auf. Es war von Grad des Hofranges abhängig, an welcher Art der Zeremonie man teilnehmen durfte, welche Geräte verwendet werden durften oder wie die Gäste, entsprechend ihres Hofranges behandelt werden mussten. Es gab separate Räume für die Samurai, die den Daimyō bewachen mussten, aber nicht selbst an der Zeremonie teilnehmen durften und getrennte Eingänge für die ranghöheren Teilnehmer einer Einladung.
Rikyū's Familie hatte in dieser Zeit große Schwierigkeiten zu überleben. Sen Sōtan, Rikyū's Enkel, weigerte sich, den prächtigen Daimyō - Tee zu pflegen. Er weigerte sich sogar, Einladungen zu Teeveranstaltungen der neuen Schulen anzunehmen. Er übte in einem winzigen Raum mit 2 Tatami (ca. 4 qm) mit den Mönchen und Rōshi's des Daitōkuji den alten Wabi-Tee Rikyū's.
Über den neuen Daimyō - Stil geriet Sōtan mit seinem ältesten Sohn, der als Teemeister in den Diensten eines Daimyō's stand, in eine heftige Auseinandersetzung. Ja er sorgte sogar dafür, dass dieser seine Anstellung bei dem Daimyō verlor. In relativ jungen Jahren starb dieser Sohn, ohne je wieder eine andere Anstellung als Teemeister gefunden zu haben. Sōtan zog die Armut vor, um nicht den alten Geist Rikyū's aufgeben zu müssen. Wegen seiner Armut und des von ihm gepflegten wabi - cha wurde er sogar "Bettler - Sōtan" genannt.
Hundert Jahre nach Rikyū's Tod erwachte allgemein wieder das Interesse am alten Teegeist, und die Entdeckung des Nambōroku war geradezu eine Sensation. Entweder tauchten zu diesem Zeitpunkt lange sorgsam gehütete Dokumente wieder auf und wurden der interessierten Öffentlichkeit präsentiert, oder es wurden aus mündlichen Überlieferungen heraus neue Aufzeichnungen angefertigt, die als Werk Rikyū's oder ihm nahe stehender Personen, in diesem Falle des Mönchs Nambō erklärt wurden.
Die Frage nach der historischen Authentizität des Textes mag bestehen, aber dennoch ist das Nambōroku die beste Quelle für das Denken Rikyū's bzw. für die Theorie des Teeweges, so wie sie von den Teemeistern der damaligen Zeit in der Tradition Rikyū's gesehen wurde
Der Text ist bis heute eine der wichtigsten Quellen für den Geist des wabi - Cha Rikyū's.
Der Titel
Kissa Nampōroku 喫茶南方録
Aufzeichnungen aus dem Süden über das Teetrinken
In der ältesten erhaltenen Handschrift lautete der volle Titel der Schrift noch:
Kissa nampōroku, "die Aufzeichnungen aus dem Süden über das Teetrinken ".
Dies ist sicherlich ein ehrerbietiger Anklang an den chinesischen Teeklassiker Ch'a Ching von Lu Yü, der mit den Worten beginnt: "Tee ist ein segenspendender Baum des Südens."
Der Zen-Meister Esai, der den Tee nach Japan brachte, schreibt in seinem Werk Kissa yōjō ki :
"Tee ist ein Wundermittel zur Erhaltung des Lebens und eine Kunstfertigkeit zu seiner Verlängerung. Berge und Täler, in denen der Tee gedeiht, sind heilig, und Menschen, die den Tee ernten, leben bis ins hohe Alter. Tee wird in Indien und China sehr geschätzt."
Die Herkunft aus dem Süden weist auf Indien, der Heimat Buddhas als Ursprungsland des Tee. Daher verknüpft das Kissa Nampōroku die Kunst des Teeweges stark mit dem Buddhismus, ja sieht ihn förmlich als buddhistischen Übungsweg. Tatsächlich zeigt der Text eine sehr buddhistische Ausprägung:
Man bringt Wasser herbei, sammelt Brennholz, erhitzt das Wasser, bereitet Tee und bringt ihn Buddha dar, reicht ihn den anderen und trinkt ihn auch selbst. Man arrangiert Blumen in einer Vase und entzündet Räucherwerk. Durch all dies versuchen wir, auf den Spuren der Taten Buddhas und der früheren Meister zu wandeln."
Bei anderen Gelegenheiten wird das selbe gesagt, allerdings ohne den Zusatz, der die Übung des "Wasser holen, Feuer anzünden, Tee schlagen und trinken" als Übung des Buddhismus deutet.
Wasser und Feuer bilden zusammen mit dem Tee eine Dreiheit, die immer wieder betont wird. Wasser und Feuer sind im Shintō wesentliche Elemente der Reinheit und der Reinigung, die im Nampōroku eine zentrale Stellung einnehmen. Die zentrale Betonung des Weges als buddhistische Übung ist hier darin begründet, dass der Text von einem buddhistischen Mönch verfasst oder ihm zugeschrieben worden ist. Auf jeden Fall wirkt er der geistigen Verflachung entgegen, der den Tee im Stil der Daimyō lediglich als gesellschaftliches Vergnügen auffasste und als eine hervorragende Gelegenheit ansah, seine kostbaren Tee - Utensilien zu zeigen.
Nambōroku 南坊録:
Die Aufzeichnungen aus der südlichen Mönchsklause
Ein späteres Manuskript trägt nicht mehr den vollen Titel 'Kissa Nampōroku'.
Die "Richtung aus dem Süden" - "Nam-po" 南方 wird umgeändert in "südliche Mönchsklause" - "Nam-ho" 南坊 (gesprochen Nambō) und das Werk heißt nun:
Nambōroku, 南坊 録
"Aufzeichnungen aus der südlichen Mönchsklause". Weil der Mönch Sōkei, der in der Klause Nambō lebte, seinen Namen nach eben dieser Klause geändert hatte, kann der Titel auch verstanden werden als "Die Aufzeichnungen des Mönchs Nambō".
Nambō - die 'Mönchsklause im Süden' und der Nanshū-ji
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Der Nanshūji in Sakai |
Der Name Nambō - 'südliche Mönchsklause' - nach dem der Mönch Sōkei in der Regel genannt wird, stammt von seinem Wohnsitz, einer winzigen Mönchsklause auf dem Gelände des Nanshūji in Sakai. Der Nanshūji war ein Subtempel des Daitōkuji in Kyōto.
Er wurde gegründet, weil sich die Bürger von Sakai, Heimatstadt Rikyū's, sehr stark für den Zen interessierten.
Zur Zeit Rikyū's war Sakai eine der Städte, die sich sehr lebhaft entwickelten. Die Stadtmenschen und Bürger Sakai's waren nicht nur Kaufleute, sondern ihr wachsendes Selbstbewusstsein prägte den neuen Stil der Kultur und insbesondere des Teeweges.
Ein Bürger Sakai's schrieb ein Verzeichnis über bekannte Teemenschen und ihre berühmten Teegeräte. In Sakai gab es nach dieser Aufzeichnung 180 Teemenschen, aber in der Hauptstadt Kyōto nur noch 60.
Die weltoffenen Bürger Sakais übten einen entscheidenden Einfluss auf die geistigen Inhalte des Teeweges aus. Sie hatten durch ihre Handelsbeziehungen gute Kontakte zu den Portugiesen und zu den jesuitischen Missionaren. Möglicherweise wurde hier die Idee der Gleichheit der Menschen - mindestens im Teeraum - geboren, einer Idee, die im Europa der Renaissance entstanden war. Aber die Bürger Sakais waren nicht nur den neuen Ideen aus dem Westen gegenüber aufgeschlossen. Sie waren es auch, die erhebliche Geldbeträge sammelten, um den zerfallenden Daitōkuji in Kyōto wieder zu restaurieren.
Alle uns bekannte Teemeister aus Sakai - auch Rikyū - hatten offenbar ein Zen-Training absolviert. Um ihren Übungen des Zen ungestört nachgehen zu können, wurde der Nanshū-ji 南宗寺 (südlicher Zweig - Tempel)als Subtempel des Daitōkuji gegründet.
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Die Teehütte Jisōan
im Nanshūji, Sakai |
Der Gründungs-Rōshi des Nanshūji war Dairin Sōtō 大林 宗套, der zunächst seit 1536 Abt des Daitōkuji war, von wo er 1556 als Rōshi in den Nanshūji wechselte. Viele Sakai Teeleute, unter anderem Takeno Jōō und Kitamuki Dōchin, erhielten von Dairin Sōtō die Zen-Namen. Kitamuki Dōchin erhielt den Zen - Namen Ikkan und Dairin Sōto den Namen Kōchin. Ob Sōeki, der buddhistische Name Rikyū's, von Dairin Sōtō stammt, ist unklar.
Sakai wurde damit zu einem Schmelztiegel, in dem die verschiedensten Richtungen, die Tradition des Zen, die Freiheitsideen des erstarkenden Bürgertums und die neuen Ideale Europas zusammenfanden.
Nambō und Ikkyū
Wie stark der alte Geist des Zen den Teeweg Rikyū's prägte, zeigt ein kleines Stück aus dem Nambō-roku. Nambō erzählt über den Gründer der Klause Shūun-An, deren anderer Name Nambō ist:
"Der Gründer des Shūun An, Giō, praktizierte zunächst Zen unter Meister Ikkyū. Nach einiger Zeit wurde ihre Beziehung sehr schwierig, aber durch die Vermittlung Dritter konnte er seine Zen-Praxis unter der Führung von Ikkyū fortsetzen. Bis dahin hatte er sich Shūun-An genannt, aber Ikkyū wollte, dass er seinen Namen ändern sollte und so nannte er sich selbst fortan Nambō. Später errichtete er sich eine Hütte, die Shūun An, Nambō oder auch Giō genannt wurde.
Da er mit Jōō sehr eng befreundet war, erfreuten sie sich sehr oft an gemeinsamen Gesprächen über den Teeweg. Als Mönch, der die Klause jetzt in der zweiten Generation bewohnt, nahm ich den Namen Nambō an, ein Einsiedler, der nichts anderes tut, als den Tee zu üben.
Wie lächerlich!"
Nach diesem Bericht war es offenbar zu Auseinadersetzungen zwischen Giō (1428-1494) und Ikkyū gekommen. Giō musste sich sogar selbst einen anderen Namen geben. Später verließ er den Daitōku-ji, um sich die Klause Nambō in Sakai zu bauen. Trotz aller Differenzen ist das Verhältnis zwischen Ikkyū und Giō sehr eng.
Einer der Schüler Giō's notierte in seinem Tagebuch, Giō sein ein Sohn des berühmten Ikkyū gewesen. Diese Nachricht kann nicht hoch genug gewertet werden, weil sie eine enge Verbindung zwischen dem Nambōroku, Rikyū's Praxis des Teeweges und dem großen Zenmeister Ikkyū des Daitōkuji herstellt. Mitten in Sakai, der Stadt der weltoffenen Kaufleute, die sich den neuen Einflüssen aus dem Westen öffneten, lebt der alte Geist Ikkyū's fort und Nambō, der Gesprächspartner Rikyū's ist eine Doppelung von Giō, dem Sohn Ikkyū's.
Sōeki - Sōkei
Bevor Nambō II den Namen seines Vorgängers annahm, trug er den Namen Sōkei, nun nennt er sich Nambō Sōkei 南方 宗啓. Entweder handelt es sich um einen Zufall, dass Nambō einen Namen trägt, der klanglich verwandt ist mit Sōeki, dem ersten buddhistischen Namen Rikyū's, oder der Mönch Nambō Sōkei ist bewusst als literarische Spiegelung gestaltet worden, als alter ego Rikyū's.
Rikyū's erster buddhistischer Name war Sōeki 宗易, also klanglich verwandt mit Sōkei 宗啓.
Auch der Keramiker Tanaka, der erste, der von Hidejoshi den Ehrennamen 'Raku' erhalten hatte, trägt den zu Tanaka Sōeki (Rikyū) gespiegelten buddhistischen Namen Sōkei. Tanaka Sōkei war sehr wahrscheinlich ein enger Verwandter Rikyū's, vermutlich sogar sein Sohn. Auf jeden Fall rückt der Name Sōkei den Verfasser in unmittelbare Nähe Rikyū's. Die Schrift enthält ja auch keine eigenen Gedanken Nambō's. Alles was er schreibt, sind Aufzeichnungen von Gesprächen mit Rikyū und Darstellungen von Rikyū's Gedanken.
Nicht nur, dass der Nambō Rikyū's quasi eine Doppelung von Giō, dem mutmaßlichen Sohn Ikkyū's ist, auch die Gespräche über den Tee, die Giō mit Jōō führt, werden in Nambō's Gesprächen mit Rikyū wieder lebendig, so dass Nambō als Hüter einer großen alten Tradition, ja sogar als eine Art lebender Spiegelung des Alten angesehen werden kann. Das Nambōroku stellt den informellen Tee der kleinen Teehütte in die unmittelbare Traditionslinie, die zu dem großen Zen-Meister Ikkyū zurückführt.
Wabi - Tee und Shōgun - Tee
Der informelle Tee der 'kleinen Hütte' und der Daisu - Stil
Der geänderte Titel der Schrift ist zugleich eine programmatische Aussage über das Wesen der Teekunst im "kleinen Teeraum", wie sie hier als vorbildlich propagiert wird. Es bindet diese Tee-Kunst in die Tradition ein, die auf den großen Zen-Meisters Ikkyū zurückgeht.
Das erste Kapitel der Schrift beginnt:
"Eines Tages, als Sōeki (Rikyū) im Shūun-an (Nambō) über chanoyu sprach, fragte ich ihn:
'Ihr betont immer, dass chanoyu seine Wurzeln im Stile des Daisu hat, dass aber der schlichte Tee des kleinen Teeraumes an geistiger Tiefe unübertroffen ist.'
Warum ist das so?"
Es geht in dieser Schrift um die geistige Tiefe des schlichten Tee im kleinen Raum, der dem komplizierten Tee des Daisu-Stils entgegengesetzt wird. Der Daisu Stil setzt einen großen Teeraum, möglichst im formalen und prächtigen Shoin-Raum voraus.
Aber auch die alten Adelsideale und die geheime Tradition des Tee, wie sie am Hofe des Ashikaga - Shōgun Yoshimasa gepflegt worden waren, waren in Sakai lebendig.
Tee im Stil des Daisu, des formalen Schmuckgestell chinesischen Ursprungs, wurde im Ginkakuji, der Residenz des Ashikaga - Shōgun Yoshimasa zur Vollkommenheit entwickelt. Das Daisu wurde nur im formalen Studierraum der obersten Adelsschicht, dem Shōin-Raum benutzt. Die Ausführung und die Teilnahme an solchen Zeremonien war nur den höchsten Hofrängen oder den Dōbōshū, den Kunstberatern, vorbehalten. Der Daisu-Stil durfte nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Shōgun weitergegeben werden. Der kleinste Raum, in dem die Daisu - Zeremonie durchgeführt werden kann, ist der Raum mit viereinhalb Matten.
Im "kleinen" Raum, der im Nampōroku angesprochen wird, ist der Platz für das Daisu weg geschnitten. Die eigentliche Teezubereitung findet auf einer kurzen 3/4 Tatami statt. Die Bezeichnung Daime 台目 für die gekürzte Tatami setzt sich zusammen aus dem ersten Teil von Daisu 台子 und Me 目. Es ist nicht nur ein bewusster Verzicht, den Daisu-Tee durchzuführen, die Raumkonstuktion ist so gewählt, dass dieser Stil überhaupt nicht mehr möglich ist, weil der Platz für das Daisu weg geschnitten ist.
Auch wenn Rikyū geradezu revolutionäre Anderungen vornimmt und das Wesen des Teeweges vollständig verändert, wird im Nambōroku ausdrücklich betont, dass er selbstverständlich den Daisu-Stil als Grundlage eines jeden Tee- Stiles beherrschte. Trotz aller Änderungen, die er vorgenommen hat, gipfelt die alte Tradition des Shōgun-Tee in Rikyu.
Rikyū's Lehrer
Im dritten Abschnitt berichtet Rikyū über seine Lehrer. Als seinen ersten Lehrer erwähnt er einen Eremiten namens Dōchin. Dieser Dōchin war mit einem Manne namens Kūkai 空海 - Meer der Leere - bekannt. Ob er diesen Namen bewusst in Anlehnung an Kūkai, den Gründer des Shingon-Buddhismus gewählt hatte, ist nicht bekannt. Kūkai war in seinen jungen Jahren als Page von Nōami am Hofe des Ashikaga Shōgun Yoshimasa tätig. Nōami's Einfluss auf die Entwicklung der Künste, auch des Tee im Daisu-Stil, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er hatte nicht nur bei dem Ashikage Yoshimasa, sondern bereits bei Ashikaga Yoshimitsu als Dōbōshū - Kunstberater - gedient. Er soll es auch gewesen sein, der Murata Jūko am Hof eingeführt, und ihn in die geheime Überlieferung des Daisu eingeweiht hatte.
Mit Kūkai, der sich jetzt im Alter nach Sakai zurückgezogen hatte, kommt also die gesamte geheime Tradition der Shōgune und des Daisu-Tee in die Bürgerstadt.
"Nōami hatte einen Pagen namens Ukyō. In der Blüte seiner Jahre wurde er von Nōami im Tee unterwiesen. Später, als er sich aus der Welt zurückgezogen hatte, lebte er in der Stadt Sakai unter dem Namen Kūkai. Dort lebte auch ein Eremit namens Dōchin. Sie trafen sich sehr häufig zu tiefen Gesprächen und so übermittelte ihm Kūkai den Teeweg bis in die letzten Details.
Dōchin war eng befreundet mit Jōō und so studierten beide gemeinsam den Tee.
Im Alte von 17 Jahren, als ich (Rikyū) noch Yoshirō genannt wurde, widmete ich mich mit ganzem Herzen dem Tee und studierte ihn bei Dōchin. Später wurde ich durch Dōchins Vermittlung Schüler von Jōō.
Den Tee des Daisu und des Shōin - Raumes lernte ich hauptsächlich von Dōchin. Der Stil des kleinen Raumes ist Vollkommen meine eigene Neuerung, wobei ich immer wieder Einzelheiten mit Jōō beraten habe."
Stolz heißt es, "der Stil des kleinenTeeraumes ist vollkommen meine (Rikyū's)Neuerung!"
Rikyū's Neuerungen im Teeweg wurden von den Zeitgenossen als völlig revolutionär empfunden. Sōji, ein Zeitgenosse Rikyū's, wie Rikyū ein Bürger Sakais und Teemeister bei Hideyoshi schreibt:
"Er machte die Berge zu Tälern und die Täler füllte er auf. Er machte den Norden zum Süden und den Süden zum Norden!"
Vielleicht gerade deshalb ist Rikyū im Nambōroku bemüht, seinen Teeweg, trotz aller Änderungen die er vorgenommen hatte, in der Tradition zu verankern.
Eine direkte Traditionslinie führt über seine Lehrer zur geheimen Überlieferung des Shōgun-Stils, die sich folgendermaßen darstellen lässt:
Traditionslinie Daisu - Stils der Ashikaga Shūgune:
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Nōami Dōbōshū bei Ashikaga Shōgun Yoshimasa |
Ukyō Page Nōami's;
später als Eremit in Sakai: Kūkai |
Dōchin Eremit und Teemensch in Sakai; Freund und Schüler Kūkai's; befreundet mit Jōō; erster Lehrer Rikyū's |
Take no Jōō zweiter Lehrer Rikyū's |
Sōeki (Sen no Rikyū) |
Über seinen Lehrer Dōchin führt die Linie der Tradition direkt zu Kūkai und zu Nōami. Rikyū ist damit im Besitz der geheimen Tradition des Shōgun - Tee und des Daisu Stiles. Aber auch sein neuer, bürgerlich geprägter Tee hat Wurzeln in der Tradition.
Sōeki erzählte: "Unter den Schülern Shukō's gab es zwei mit den Namen Sōchin und Sōgo. Unter der Leitung dieser beiden studierte und praktizierte Jōō den Tee."
Dieser kurze Satz ist deshalb so wichtig, weil durch die Person Takeno Jōō's eine zweite Traditionslinie direkt zu Rikyū führt. Begonnen hatte diese Tradition im demokratisch- bürgerlichen Tee Nara's, der alten Hauptstadt.
Die Lebensdaten von Jūshiya Sōchin 十四屋 宗陳 und Sōgo 宗悟 sind unbekannt. Aber sie praktizierten den Shimogyō - Stil, die Tradition des bürgerlichen Tee, den Murata Jūko als Synthese aus dem populären Tee, wie er in Nara gepflegt wurde und dem Stil der Ashikage Shōgune entwickelt hatte. Der Shimōgyō - Stil 下京, der Stil des unteren, bzw. südlichen Kyōto blühte vor allem südlich der Sanjō, der dritten Strasse. In diesem Viertel lebten Kaufleute, Künstler und andere Bürger, die im kulturellen Stadtleben immer wichtiger wurden. In der nördlichen Hauptstadt, um den Ginkakuji - dem Sitz der Ashikaga, wurde dagegen der reine Shōgun - Stil des Daisu und des formalen Shōin-Raumes gepflegt. Kurz gesagt ist der nördliche Tee der Tee des Adels und der südliche Shimogyō Tee der des Bürgertums, das sowohl ökonomisch als auch kulturell immer bedeutender und selbstbewusster wurde. Im nördlichen Tee wurden allein durch die Vorschrift der Geheimhaltung soziale Schranken aufgebaut, die vom Bürgertum nur in ganz besonderen Ausnahmefällen durchbrochen werden konnten. Nur Dōbōshū, die im unmittelbaren Dienst der Shōgune standen oder speziell ausgewählte Personen, wie etwa Murata Jūko konnten diese Schranken überwinden.
Sōchin und Sōgo aus dem südlichen Kyōto, die Schüler Murata Jūko's und Lehrer Takeno Jōō's vermittelten ihm freieren Stil, dem es nicht so sehr darauf an kam, prächtige Teegeräte von unschätzbarem Wert zu zeigen, obwohl sie sich diese Geräte durchaus hätten leisten können. Ihr Tee war geprägt von der Idee des Einsiedlerlebens in den Bergen, weitab vom geschäftigen Getriebe der Großstadt, so wie es etwas Kamo no Chōmei vorgelebt hatte. Sie waren aber viel zu sehr in das Leben der Großstadt eingebunden, um sich in die Berge zurückziehen zu können oder auch nur zu wollen. Sie errichteten ihre Teeklausen im Stil der Bergeinsiedeleien mitten in der Hauptstadt, um sich dort für gewisse Zeiten zurückzuziehen und zu sich zu finden.
yama nite mo
ukaramu toki no
kakurega ya
miyako no uchi no
matsu no shita io Toyohara no Muneaki
(1450 - 1524) |
Wenn selbst in den Bergen
meine Betrübnis nicht weicht,
ist mein Schlupfwinkel
inmitten der Hauptstadt
die Klause unter der Kiefer
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Murata Sōshu, ein Adoptivsohn Murata Jūko's war bekannt für seine Teeklause an der 4. Straße, der Shijō, heute das turbulente geschäftige Zentrum mit Kaufhäusern und eleganten Läden. Hinter einem Zugangstor öffnete sich eine Kiesfläche mit Trittsteinen und ausgesuchten Bäumen. Ein Besucher (Washinoo Takayasu, 1485 - 1533) schrieb damals:
"Murata Sōshu's Teeklause habe ich besichtigt, von der man ganz den Eindruck einer Bergeinsiedelei hat, die wahrhaft als verborgener Winkel inmitten der Stadt zu bezeichnen ist"
In vielfachen Verflechtungen treffen also letztendlich in Rikyū drei Strömungen zusammen, die ganz wesentlich den Teeweg geformt haben:
- Zen- Buddhismus (Ikkyū)
- Shōgun - Tee (Yoshimasa und Nōami)
- Tee des Bürgertums und der Kaufleute (Jūko und Jōō)
Eine Aufstellung der Lehrer Rikyū's und der Tradition, in der sie standen, sollen die Verhältnisse verdeutlichen:
Murata Jukō 村田 珠光
Herkunft: Nara (Bürgertum); Lehrer Ikkyū (Zen); Tee- Meister bei Ashikaga Yoshimasa (Shoin - Stil) |
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Ukyō (Kūkai) 右京
/ 空海
Page von Nōami, dem dōbōshū unter Yoshimasa und Yoshimitsu
als Einsiedler Kūkai lässt er sich im Alter in Sakai nieder; gibt den Shōgun - Tee an Dōchin und Jōō weiter
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Jūshiya Sōchin 十四屋 宗陳
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Sōgo 宗悟
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repräsentieren den südlichen Kyōto-Stil der Kaufleute und Bürger; Schüler Jūko's, Lehrer von Jōō |
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Kitamuki Dōchin 北向 道陳
(1504 - 1562) |
Takeno Jōo 武野 紹鴎
(1502 - 1555) 2. Lehrer Rikyū's mit ihm bespricht Rikyū die Entwicklung des kleinen Daime-Raumes |
befreundet mit Ukyō; Mitschüler: Jōō
Lehrer Rikyū's, vermittelt Rikyū an Jōō |
Sen no Rikyū Vollender des Wabi - Tee |
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