von sensei » Mittwoch 16. September 2009, 12:12
Danke für diesen Beitrag. Natürlich geht es in diesem Forum nicht darum, die "innersten Geheimnisse" der Teeschulen, das "okuden" auszuplaudern. "Geheimnisse" gibt es außerhalb dieser geheimen Überlieferung genug.
Japanische Lehrer neigen nun einmal dazu, wenig bis überhaupt nicht zu erklären. Ihrer Auffassung nach kann man Tee nur durch nachahmen und Tun lerne.
Nun, in Japan mag das angehen. Dort ist man gewohnt, auf diese Weise zu lernen. Dort gibt es genügend Gelegenheiten, anderen beim Tee zuzuschauen. Aber wie, wenn man nicht gelernt hat zu "sehen"? Ich kenne genug Beispielt von Leuten, die lange Zeit bei japanischen Lehrern geübt haben und sogut wie nichts verstanden haben. Auch in Japan ändern sich die Zeiten und die Menschen lernen nicht mehr auf die alte Weise.
Aus dem Zen habe ich einmal ein Beispiel gehört:
Ein Roshi hat amüsiert erzäht, dass er einmal einen Mönch hatte, der sich immer das Sitzkissen falsch zurechtgelegt hat. Der Roshi hat sich gedacht: 'Der muss doch furchtbare Kreuzschmerzen bekommen! Ja sieht der denn nicht, dass ich mein Sitzkissen anders zurecht lege?' Nach 10 Jahren Training hat der Mönch aufgegeben mit der Überzeugung, dass der Zen nichts für ihn ist, weil er immer so schlimme Kreuzschmerzen bekam.
Wäre es nicht die Pflicht eines Lehrers, seinen Schüler auf solche Probleme aufmerksam zu machen?
Mein Lehrer, dem ich sehr viel verdanke, den ich aber auch immer mit Fragen gelöchert habe ("Ihr Deutschen seid komisch, ihr fragt immer 'Warum'") hat einmal einer Schülerin Unterricht erteilt und ich konnte zuschauen. Sie hatte eine furchtbar verkrampfte Haltung. Anschließend habe ich ihn gefragt, ob er das denn nicht gesehen hat. "Ja, furchtbar!" "Warum sagst du ihr denn das nicht?" "Ich habe es ihr schon einmal gesagt!" "Ja, nur einmal, vielleicht hat sie das damals nicht verstanden?" "Nein, wenn ich das noch einmal sage, dann ist das peinlich. Sie könnte den Eindruck haben, dass ich sie persönlich verletze!" Japaner haben immer Angst davor, dass jemand sein Gesicht verliert. Also den Lehrer nicht fragen, vielleicht weiß er keine Antwort. Den Schüler nicht korrigieren, sonst verliert er sein Gesicht.
Na dann mal weiter schönes Üben!
Natürlich kann man die "Geheimnisse" der Haltung und Atmung, des Rhythmus bei den Bewegungen usw. nur auf der persönlichen Ebene frei von Scheu und der Angst, den Anderen zu verletzen im Unterricht weitergeben. Natürlich muss auch der Schüler bereit sein, das was der Lehrer sagt anzunehmen. Manchmal tut es schon weh, wenn man lange einprogrammierte Fehlhaltungen aufgeben muss.
Andere Dinge sind eigentlich kein Geheimnis. Japanische Lehrer unterrichten zwar auch selten z.B., wann man welche Blumen verwenden kann. Sie machen einfach vor und der Schüler, der sehen kann, sieht. Einer meiner Lehrer hat wunderschöne Chabana gemacht. Ich habe gefragt, wie man das macht, aber keine Antwort bekommen. Also habe ich mich hingesetzt und geschaut, WIE er das macht und viel dabei gelernt Er hat wunderbares Kaiseki gekocht, aber mit einem einzigen Wort erklärt. Er fing an zu kochen. Die Reihenfolge der Zubereitungen hing davon ab, wie lange ein einzelnes Gericht braucht. Er hat also drei oder vier Gänge gleichzeitig bzw. durcheinander zubereitet. Wer die Rezepte nicht kannte, hat vollkommen den Überblick verloren. Aber wenn man wußte, WAS er da tut, so konnte man unheheuer viel lernen, indem man gesehen hat, WIE er das tat.
Außerdem kann ich in Japan massenweise Literatur kaufen und nachlesen. Und genau das können wir hier bei uns nicht. Es gibt kaum Literatur außerhalb Japans und wenn, dann voller Missverständnisse.
Vor allen Dingen hier soll die Teewegseite weiterhelfen.
Natürlich steckt da sehr viel Idealismus dahinter, eine solche Seite zu machen.
Ach, ich könnte den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzen und so interessante Dinge sehen. Aber was tut man? An der blöden Kiste sitzen und schreiben über den Teeweg. Man hat ja sonst nicht zu tun!
CHA ZEN - ICHI MI / Tee und Zen: EIN Geschmack