von sensei » Mittwoch 3. Februar 2010, 09:38
caro hat schon recht: die Atmung spielt eine große Rolle im Teeweg.
Als ich mit dem Teeweg angefangen hatte, fragte ich meinen Lehrer Yoshinori Kawasaki nach der Atmung. Ich kam auf diese Frage, weil ich bei der Ausbildung von Yogalehrern mitgewirkt hatte und mir die Pranayama Übungen bekannt waren. Yoshinoris Antwort.
"Die Atmung ist im Teeweg sehr wichtig. Aber das wird niemals unterrichtet. Wenn man lange genug geübt hat, ergibt sich das von allein!"
Da bin ich mir nicht gar so sicher. Die richtige Atmung ergibt sich von allein? Vielleicht.
Eigentlich ist es auch nicht nur die Atmung, sondern die Atmung in Verbindung mit der Bewegung. Tee hat deshalb mehr Verbindungen zum T'aiChi odhe Chogon als zu Pranayama. Pranayama ist die Zügelung des Atems in ruhiger, unbewegter Sitzhaltung. T'aiChi oder Chigong ist eine Meditation in Bewegung. Werden die Bewegungen zusammen mit der Atmung ausgeführt, so bringen sie das Ki oder chinesisch eben Chi zum Fließen. Insofern hatte Yoshinori Recht: durch intensives Üben der Bewegungsabläufe wird sich irgendwann einmal die richtige Atmung einstellen.
Die meisten Anfänger machen den Fehler, dass sie vor lauter Konzentration auf die Abläufe vergessen zu atmen. Atmung und Bewegung laufen nicht synchron, sondern oft sogar gegeneinander. Da wird kein Ki geweckt.
Von einer japanischen Lehrerin habe ich einmal die Meinung gehört, man solle so atmen wie in der Zen-Meditation: ganz langsam ausatmen und nach einer Pause relativ schnell einatmen. Sie sagte noch, dass die Zen-Meister gaaaanz langsam atmen können und so solle man auch im Tee atmen.
Das ist schlichtweg Unsinn. Meditation in ruhiger Sitzposition und Meditation in Bewegung sind zwei paar Schuhe. Wenn ich mich beim Tee vorbeuge, um etwa die Natsume zu nehmen und dabei EIN-atme, weil das mein langer Atemzyklus eben gerade so ergibt, so ist das un-physiologisch und Un-Sinn - statt das Ki zum Fließen zu bringen wird es gewaltsam gestoppt.
Wenn ich Shakuhachi spiele, dann trifft diese Anweisung sicher zu. Ganz langsam und kontrolliert ausatmen: nur so kann ich den Ton der Shakuhachi formen. Aber auch dabei wird nicht einfach die Luft abgelassen - dann kommt kein Ton. Das ist dann schon eher fast ein Pranayama, eine Zügelung des Atems. Aber der Körper ist beim Spielen vollkommen still und die Sitzposition ruhig und fest. Unser Shakuhachi Lehrer hat uns beim Spielen jede Bewegung des Körpers ausgetrieben. Wir sitzen wie ein Berg. Shakuhachi ist Zen-Atmung in Ruhe, Tee ist Zen-Atmung in Bewegung!
Von eben dieser Lehrerin wurde ich einmal ziemlich gewaltsam in meiner Sitzposition und Atmung korrigiert. Die Folge war, dass ich überhaupt nicht mehr richtig atmen konnte.Nach einigen Wochen hatte ich das Gefühl, mein Ki kommt nur noch bis oben im Brustraum und ich spürte, wie mein Herz immer enger wurde. Ich fühlte, dass ich vermutlich einen Herzinfarkt bekommen könnte, wenn ich nicht wieder aus diesem Atempanzer herausfinden würde. Falsches Atmen das erzwungenen Regeln folgt kann zerstören.
Man hört oft, man müsse mit dem HARA atmen und dann wird die Bauchdecke ganz wild einwärts und auswärts bewegt. Das ist keine Hara-Atmung. Wenn wir Tee machen, können wir auch nicht mit dem Hara, also dem Unterbauch atmen, weil der durch unsere Sitzposition eingeklemmt ist. Wir atmen mit den Hüften und mit dem Becken. Wir müssen hinten im Iliosakralgelenk die Atmung spüren.
Aber bitte: Ohne erfahrenen Lehrer keine Experimente mit der Atmung.
Eigentlich ist alles ganz natürlich. Wenn wir vollkommen entspannt sind - das heißt nicht, dass wir wie ein Waschlappen herumsitzen sollen - dann kommt die Atmung ganz natürlich. Wir sind dann eher wie ein geschmeidiger Tiger, der sich völlig entspannt streckt. Aber man spürt seine ungeheure Kraft, die in ihm steckt. Unser Sitz muss fest sein wie ein Berg, der die Bewegungen trägt. Alle Bewegung kommt dann aus dem Iliosakralgelenk. Dann haben wir eine "gespannte" Kraft wie ein Bogen oder eine Leier. Nur so sind wir in der Lage, den Pfeil abzuschießen.
Noch ein kleiner Nachtrag:
Beim Tee niemals die Hände benutzen, dann kommt Ki von ganz allein!
CHA ZEN - ICHI MI / Tee und Zen: EIN Geschmack