DÔGEN ZENJI - Zenmeister und Philosoph

Biografie

Eihei Dōgen Kigen gilt als einer der eigenwilligsten und stärksten Denker, den Japan hervorgebracht hat, und wird von den Anhängern aller buddhistischen Schulen Japans verehrt. Er entstammt einer Familie, die dem Hofadel angehörte.

Sein Vater starb als er zwei Jahre alt war, der Tod der Mutter traf das siebenjährige Kind tief und vermittelte ihm eine erste tiefe Einsicht in die Vergänglichkeit. Das Versprechen, welches Dogen seiner Mutter in ihrer Sterbestunde gab - Mönch zu werden und für die Rettung aller Wesen zu wirken - festigten seinen Entschluß der Weltentsagung. Im Alter von 12 Jahren flieht Dogen in die Obhut von Ryokan Hogen, einem Verwandten mütterlicherseits, der sich in einem Tempel am Berg Hiei buddhistischen Studien und magischen Praktiken hingibt. Ryokan hilft ihm beim Eintritt in den Mönchsstand, schickt ihn aber zum Abt des Klosters Senkobo auf dem Hiei-Berg. Nach dem Tode des Abtes Ji´en kommt Dogen unter die Obhut Koen´s, des Oberhauptes der Tendai-Schule, der ihm 1213 die Mönchsweihe gibt. Er erhält den Mönchsnamen “Dogen” (Grund des Weges). Nach einer Zeit der Wanderungen und Besuche verschiedener Klöster trat Dogen 1217 in das Tempelkloster Kenninji ein und begab sich damit in die Schule von Myozen (1184-1225), dem Nachfolger von Eisai, wo er die Vermischung von Zen mit Tendai und Shingon kennenlernt. Myozen, in dem Dogen einen echten Meister fand, ließ seine Schüler nach der strengen Art der Rinzai-Schule üben. Sein tiefes religiöses Verlangen bleibt aber weiterhin unbefriedigt, immer stärker zieht es ihn nach China, dem Geburtsland des Zen.

Im Frühjahr 1223 reiste Dogen mit Myozen, der ähnlich interessiert an China war, zu einer Reise ins Reich der Mitte auf. Nach der Ankunft in einem mittelchinesichen Hafen verbleibt Dogen noch drei Monate auf dem Schiff. Die erste tiefere Annäherung mit dem chinesischen Zen erfährt Dogen durch den Küchenmeister des Tempelklosters auf dem A-yü-wang-Berg, der auf das Schiff kommt um japanische Pilze (jap. shiitake) zu kaufen. Der alte Mönch erklärt Dogen den Stellenwert der Zen-Übung in der Küche und den Wert der Praxis. Bei einem Besuch Dogen´s im Tempelkloster auf dem T´ien-t´ung, wo der alte Mönch mittlerweile wohnte, wird das Thema wieder aufgenommen und wird zu einer unauslöschlichen Erfahrung, die Dogen 14 Jahre später in seiner Schrift “Die Belehrung durch den Mönchskoch” (Tenzo no kyokun) beschreibt. Der alte Mönch hatte ihm gezeigt, daß die alltägliche Arbeit, die aus Erleuchtung fließt, religiöse Übung ist und jede Arbeit Zen-Übung sein kann - eine Erkenntnis, die Dogen sein Leben lang in vielen Formen ausgedrückt hat. Nach Verlassen des Schiffes ging Dogen in das Tempelkloster Chin-te-su auf dem T´ien- t´ung-Berg, welches unter der Leitung von Wu-chi Liao-p´ai stand. Die strenge Disziplin der Mönche bewundernd, übte er eifrig. Etwa um 1224 besucht er eine Reihe anderer Klöster und lernte verschiedene Schulen und Richtungen kennen. Nach einigen Monaten, als er zum T´ien-t´ung-Berg zurückkehren wollte, hört er vom Nachfolger Wu-chi´s, dem Meister Ju-ching (jap. Nyojo, 1163-1228). Dogen trifft Ju-ching am 1. Mai 1225 zum ersten Male und findet in ihm den “authentischen Lehrer” (jap. Shoshi). T´ien-t´ung Ju-ching war Dharma-Erbe von Tsu-an Chih-chien des Ts´ao-tung (jap. Soto). Als strenger, einfacher und anspruchsloser Asket verband er Strenge mit herzlicher Güte. Während der Zeit der Sommerübung stirbt sein japanischer Lehrer Myozen. Wenig später erfährt Dogen Erleuchtung. Nach der Anerkennung seiner Erleuchtung durch Ju-ching erhält Dogen von diesem das Siegel der Nachfolge im Patriarchat der Soto-Schule. Durch das Siegel der Nachfolge wurde der traditionsbewußte Dogen in die Traditionslinie hineingenommen, die sich über Hui-neng, die chinesischen und indischen Patriarchen auf Kasyapa und Shakyamuni zurückführt. Während des nachfolgenden Aufenthaltes auf dem T´ien-t´ung- Berg übergab Ju-ching Dogen ein Dokument, das die authentische Weitergabe des Nachfolgetitels an seinen Schüler Dogen, Mönch aus Japan, bestätigt. Dieser Akt gilt als Beginn der japanischen Soto-Schule.

Einige Zeit bleibt Dogen noch in China, um seine Erfahrung zu vertiefen. Ein Angebot Ju- ching´s als dessen Assistent zu bleiben, lehnt er ab und kehrt 1227 “mit leeren Händen” zurück. Außer den zwei von Ju-ching anvertrauten Gegenständen, dem Dharma-Gewand des Altmeisters Fu-jung Tao-k´ai, welches die Überlieferungslinie symbolisierte, und einem Porträt Ju-ching´s nahm Dogen nichts zur persönlichen Erinnerung mit. Sein Verlangen nach dem Dharma war gestillt. Nach der Rückkehr nach Japan, begab sich Dogen ins Kenninji in Kyoto, um seinen Gefährten Myozen zu bestatten. Er hatte keine Absicht ein neue buddhistische Schule zu gründen. Während seines Aufenthaltes im Kennenji schrieb er 1227 seine Anleitung zur Übung des Zazen, das Fukanzazengi. Seit dem Weggang Myozen´s hatten sich die Zustände im Kennenji dermaßen verschlechtert, daß sich Dogen 1230 in den kleinen Landtempel Anyoin zurückzog. Dort lehrte er seine Schüler Zazen und die Verwirklichung der Buddha-Natur durch stete Übung.. Der Tempel, nahe zur Hauptstadt Kyoto gelegen wurde bald ein Mittelpunkt für Zen-Übende. Dogen schrieb das erste Kapitel seines Hauptwerkes Shobogenzo (Schatzkammer des Auges des wahren Dharma). Drei Jahre später zieht Dogen aus der Enge des kleine Tempels Anyoin in das nahe gelegene Kannon-Doriin. Den dem Bodhisattva Kannon geweihten Tempel erweiterte er durch eine Mönchshalle (sodo), die 1236 eingeweiht wurde. Das Kannon-Doriin wurde in Koshiji umbenannt. Im nächsten Jahr kam die Dharma-Halle (hatto) hinzu, und etwas später der Anbau zur Mönchshalle. Viele begabte Schüler kamen zu Dogen, ebenso zahlreiche Laien, um unter seiner Führung ernsthaft Zen zu üben.

1234 schließt sich ihm Koun Ejo (1198-1280) an. Obwohl 2 Jahre älter als Dogen und eine ausgebildete Persönlichkeit aus der Bodhidharma-Schule, bat Ejo, überzeugt von Dogen´s Wesen und Wirken, um Aufnahme als Schüler. Später stießen u.a. noch Ekan, Tettsu Gikai, Gi´en und Giun hinzu. Dogen machte Ejo zu seinem ersten Schüler und zum Hauptmönch in der Mönchshalle. Zusammen mit ihm plante Dogen das hundertbändige Shobogenzo, welches er ohne die Hilfe Ejo´s nicht in diesem Umfang hätte verwirklichen können. Der Zustrom von Schülern und Anhängern erweckte zunehmend Neid und Feindseligkeit der Tendai-Mönche des Hiei-Berges. Das nahegelegene Kyoto entwickelte sich zu einem Zentrum der Rinzai-Schule. Im Jahre 1243 bricht Dogen, der rivalisierenden Atmosphäre überdrüssig, in die Provinz Echizen auf, wo er zuerst mit dem kleinen Landtempel Kippoji vorlieb nahm. Hatano Yoshishige, Laienanhänger und Freund Dogen´s, stellte ihm ein herrliches Grundstück für den Neubau eines Zen-Tempelklosters zur Verfügung. Schon im folgenden Jahr konnte das neue Kloster mit dem Namen Daibutsuji eröffnet werden; der endgültige Name Eiheiji (Tempel vom ewigen Frieden) ist für immer mit dem Andenken Dogen´s verknüpft, der in diesem Tempel seine würdige Gedächtnisstätte hat.

Das Eiheiji gilt als Krönung von Dogen´s Lebenswerk, der in der Tempelanlage das mönchische Ideal des Zusammenlebens in der Gemeinschaft zur Geltung brachte und sich um den Ausbau von Regeln und Ritual bemühte. Dogen´s Gesundheit gab ernsten Anlaß zur Besorgnis. Oft ans Zimmer gebunden, schrieb er die letzten Zeilen des Shobogenzo, welches nicht mehr die geplanten 100 Bücher erreichen sollte. Im August 1253 reist Dogen mit seinem Vertrauten Ejo nach Kyoto, um ärztliche Hilfe und sorgfältige Pflege zu erhalten, aber seine Krankheit, vermutlich eine Lungenkrankheit, war zu weit fortgeschritten. Dogen stirbt am 28. August 1253.

Kurz vor seinem Tode verfaßt er zwei japanische Lieder, in denen seine Seele lebt:

Asahi matsu
Kusa-ha no tsuyo no
hodo naki ni
isogi na tatte
so nobe no akikaze

Auf Blatt und Gräsern
harrend der Morgensonne
rasch hinschmelzend der Tau.
Eile nicht so, du Herbstwind,
der auf dem Feld sich erhebt!

Yo no naka wa
nan ni tatoen
mizutori no
hashi furu tsuyu ni
yadoru tsuki kage

Wem vergleich ich wohl
Welt und des Menschen Leben?
Dem Mondesschatten,
wenn er im Tautropf berührt
des Wasservogels Schnabel.

Nach:
Heinrich Dumoulin,
Geschichte des Zen-Buddhismus, Band II: Japan,
Francke Verlag Bern


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