Das Lernen Naraitsutsu mitekoso narae narawasu ni yoshiashi iu ha roka narikeri
Fort und fort lernen durch sehen und lernen;
nicht lernen ist törichtes "gut oder schlecht" reden
ならひつつ 見て こそ 習へ 習はず に よし あし いふ は 愚か なりけり |
Naraitsutsu Mitekoso narae Narawasu ni Yoshiashi iu ha roka narikeri |
Lernen, unentwegt (und den WEG ergründen) Nur durch sehendes Ergründen Nicht lernen (und den WEG verfehlen): Gut oder schlecht reden Ist töricht! |
Im Sôjinboku, einer Sammlung früher Teeschriften die 1626 veröffentlicht wurde, sind im ersten Teil, dem Gyôyô 131 Regeln aufgezeichnet, die bei einer Teezusammenkunft von Gast und Gastgeber einzuhalten sind.
(Der Titel Sôjinboku ist abgeleitet aus der Form des Schriftzeichens für Cha, Tee : 茶. Der obere Teil des Schriftzeichens ist das Radikal für Gras - Sô, das mittlere Radikal wird als Mensch – Jin verstanden und das untere Radikal ist Holz, Moku, in der Zusammensetzung gelesen als Boku. )
Aber damit nicht genug. Gengensai, der Großmeister der Urasenke in der 11. Generation veröffentlichte 1856 ein Buch mit dem Titel „Hogobusuma“, in dem mehr als 850 Arten der Temae – der Formen der Teezubereitung und der verschiedenen Methoden verzeichnet sind.
In einer konfuzianisch geprägten Gesellschaft, wie etwa im alten China oder auch – mit Einschränkungen in Japan – ist das Lernen eines der höchsten Ideale. Der konfuzianische Beamte muss im Besitz des Wissens der gesamten Tradition sein. Er muss die Lieder, die Riten und die alten Überlieferungen kennen und das Wissen durch Prüfungen bestätigt haben. Auch die Samurai sehen in der späteren Zeit ihre Aufgabe im Dienst am Vaterland darin, unablässig zu lernen und sich das Wissen der Welt anzueignen und dann als Lehrer weiterzugeben.
Lehrer und Schüler sind dann aber nur die zwei Seiten desselben Spiels, des „Lern – Spiels“. Im Zhuangzi gibt es eine Geschichte über Konfutse, der als Urbild des Gelehrten dargestellt wird. Er erscheint hier geradezu wie sein westlicher Kollege, der „nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin, Und leider auch Theologie durchaus studiert (hat), mit heißem Bemühn“, und der nun „da steht, ein armer Tor, der „so klug als wie zuvor“ und seine Schüler „an der Nase herumzieht“. Er, der selbst das Wesentliche nicht gefunden hat, unterrichtet nun selbst seine Schüler. Verzweifelt klagt er nun, dass ihm all sein Wissen und Können nichts nutzt: „Aber ach! schon fühl ich, bei dem besten Willen, Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen. Aber warum muß der Strom so bald versiegen, Und wir wieder im Durste liegen?“
Konfutse sagt im Zhuangzi (14.5) von sich selber:
„Ich habe, so darf ich wohl behaupten, lange Zeit die sechs Klassiker studiert –das ‚Buch der Lieder’, das ‚Buch der Geschichte’, das ‚Buch der Riten’, das ‚Buch der Musik’, das ‚Buch der Wandlungen’, und die ‚Frühlings- und Herbst-Annalen’ und ich kenne mich sehr gut aus. Ich habe die Methoden der früheren Könige mit zweiundsiebzig Herrschern diskutiert …“
Aber niemand will ihm eine Anstellung geben und er selbst hat, wie er dem Meister Lao Tan gesteht, trotz all seines Lernens und trotz allen Wissens den WEG nicht verwirklicht.Als Konfutse 51 Jahre alt war, hatte er noch immer nicht den WEG vernommen. Er wanderte südwärts nach Pei, um Lao Tan (Altes Langohr) zu treffen. „Sieh da, Ihr seid gekommen“ sagte altes Langohr. „Ich habe gehört, mein Herr, dass Ihr ein ehrenwerter Mann aus dem Norden seid. Habt Ihr auch den WEG verwirklicht?“ „Ich habe ihn noch nicht verwirklicht!“ sagte Konfutse. „Wie habt ihr ihn denn gesucht?“ fragte Lao Tan. „Ich habe ihn in Regeln und Satzungen gesucht, aber nach fünf Jahren noch nicht verwirklicht.“ „Wie habt Ihr ihn dann gesucht?“ „Ich habe ihn in Yin und Yang gesucht, aber nach zwölf Jahren hatte ich ihn immer noch nicht verwirklicht.“ „So ist das“ sagte der alte Meister. „Ließe sich der Weg darbieten, so gäbe es niemanden, der ihn nicht seinem Herrscher darbieten würde. Ließe sich der WEG übermitteln, dann würde ihn jedermann seinen Brüdern übermitteln. Ließe sich der WEG weitergeben, so würde ihn jedermann seinen Nachfahren weitergeben. „
Konfutse hatte zunächst versucht, die Regeln und Satzungen zu erkennen, aber nach fünf Jahren musste er einsehen, dass er so den WEG niemals verwirklichen könnte. Ähnlich wird es auch sein, wenn man im Teeweg das Wesentliche in den Regeln sucht. Die Regeln sind nicht Selbstzweck, sie sind aus den Erfahrungen der Teemeister entstanden, die bei der Bewirtung der Gäste gewonnen worden sind. Das Wohl des Gastes und das Eins - werden beim Teilen einer Schale Tee formt die Regeln.
Konfutse versucht denn auch im nächsten Schritt, den Sinn der Regeln und Satzungen zu verstehen, indem er Yin und Yang nachforscht. Sein Versuch, Yin und Yang zu verstehen geht von der Oberfläche der Regeln in die Tiefe, den Grund, aus dem die Regeln und Satzungen entstehen. Aber auch hier konnte er, nun immerhin nach jetzt zwölfjähriger Suche, den WEG nicht verwirklichen.
Meister Kong ist aber immerhin auch ein Meister, darum sieht er nach dieser langen Suche klar, dass er keine Methode kennt, den Weg zu verwirklichen. Darum macht er sich auf und „wandert“ nach Süden. Er sucht jetzt den WEG, indem er aus seiner starren Haltung aufbricht und sich auf den Weg macht zu dem alten Meister Langohr.
Natürlich sind im Laufe eines Teelebens die vielen Formen zu „erlernen“ und zu bewältigen. Der Fortschritt wird sogar mit Kyôjo – den Teediplomen bestätigt. Wenn man alle Diplome erworben hat, könnte man sich im sicheren Besitz des Wissens zurücklehnen und sich als „Meister“ fühlen. Aber der Besitz all dieser Formen gewährleistet noch lange nicht, dass man auf dem WEG ist.
Nicht derjenige, der alle diese Formen beherrscht und sie, einmal erlernt, vielleicht gar noch aus Büchern angelesen hat, ist der wahre Teemensch. Im letzten Diplom der Urasenke heißt es: „Du hast nun alles gelernt, lerne jetzt mit Deinem Herzen weiter!“ In Wahrheit beginnt nun das eigentliche Lernen, das Lernen mit dem Herzen, das ein unaufhörliches Lernen ist, fort und fort, jeh und jeh.
So spricht auch Rikyû’s Gedicht nicht von „narai – lernen“, das irgendwann einmal abgeschlossen ist, sondern von naraitsutsu. Naraitsutsu ist ein Lernen, das fort und fort schreitet ohne jemals stehen zu bleiben. Vermutlich endet dieses „Lernen“ niemals. Das gesamte Leben ist narai, Lernen. Aber dieses Lernen hat eine andere Qualität als das intellektuelle Lernen von Regeln oder Formen.
Der alte Meister Langohr weiß, warum das Lernen des Meisters Kong – Konfutse nichts gefruchtet hat:
„Wenn im Inneren kein ‚Gastgeber’ (主 Shû) ist, ihn (den WEG) zu empfangen, wird er nicht verweilen, wenn außen keine Zeichen sind, ihn zu leiten, wird er nicht ‚gehen’. Wenn das, was aus dem Inneren hervor kommt außen nicht aufgenommen wird kann, der Weise es nicht (heraus)voran bringen. Wenn es im Inneren Niemanden gibt, der es aufnehmen könnte, dann wird der Weise es nicht anvertrauen.
Zhuangzi hat sicherlich nicht an den Teeweg gedacht, als er diese Zeilen geschrieben hat. Aber das Paar Gastgeber und Gast spielt nicht nur im Teeweg eine große Rolle.Die Kombination von Gast und Gastgeber erscheint bereits im Dao De Jing Kapitel 69, wo es heißt:
Ich mache nicht den Herrn ( Gastgeber) sondern bin Gast.
吾 不 敢 為 主 而 為 客.
Hoûnsai Daisôsho schreibt:
Wenn Sie dem Teeweg aus eigener innerer Überzeugung folgen, wird Ihre tägliche Übung nicht nur Übung bleiben. Dann wird Ihr Bemühen um einen bestimmten Ablauf in der Zubereitung des Tee oder das, was sie über den Bewegungsablauf als Gast lernen, ganz spontan in Ihrem Alltag zum Ausdruck kommen.
Mein Vorgänger Tantansai lehrte: "Übung und die eigentliche Zubereitung des Tee in einer Zusammenkunft müssen eins sein. Führt Euch vor Augen, was getan werdenmuss, und handelt entsprechend.
Sôshitsu Sen, der 15. Großmeister der Urasenke schreibt:
Chadô, der Tee – Weg muss durch die Bewegungen des eigenen Körpers, durch eigene Erfahrung erlernt werden. Er kann nicht erlernt werden, indem (nur) man andere beobachtet, ihnen zuhört und sie dann imitiert. Mein Vorgänger als Großmeister schärfte mir ein, dass der Tee-Weg einzig und allein durch die Bewegungen meines eigenen Körpers erlernt werden kann, durch das Sammeln von Erfahrungen, die in den Körper eingelagert werden. Letztendlich muss der Wunsch, den Tee-Weg zu erlernen, dem eigenen Herzen entspringen; andere können ihn uns nicht aufzwingen.
Die ständig wiederholten Bewegungen mit dem eigenen Körper, das Sitzen am Boden, der Einklang mit dem Atem, der Fluss der Bewegungen prägt sich tief im Körper ein und wird gespeichert. Solange eine Tenmae, eine Form nur mit dem Kopf gespeichert wird, stellt sich das Erlebnis der tiefen Stille und des Friedens im Herzen niemals ein. Jaku, die Stille ist eine Erfahrung, die nur mit dem ganzen Körper und dem ganzen Herzen erfahren werden kann, oder wie Dôgen sagt, indem man „Körper und Geist fallen lässt. Hat man diesen Zustand erreicht, so kommt es nicht mehr darauf an, „keine Fehler“ mehr zu machen.
Naraitsutsu Mitekoso narai |
Lernen (und den WEG ergründen) Nur durch sehendes Ergründen |
Aber „sehendes„ Lernen ist für den Anfänger, wenn überhaupt, nur bedingt möglich. Der Anfänger sieht nur die äußere Form. Später sieht man vielleicht einen Unterschied zwischen dem Anfänger und dem Könner, aber man kann kaum sagen, worin dieser Unterschied besteht. Es ist unmöglich für den Anfänger, etwa aus Videoaufnahmen zu lernen. Natürlich gibt es Schüler, die das versuchen. Aber nach einiger Zeit merken sie dann, dass sie nicht „sehen“ können. Irgendetwas macht der Meister im Video anders, aber was ist es? Wenn die Erfahrung mit dem eigenen Körper nicht vorhanden ist, kann man nicht erkennen, worin die Besonderheit dieser einen harmonisch fließenden Bewegung liegt. Nicht umsonst sagte Sôtan, das der Tee von Hand zum Auge, vom Mund zum Ohr, vor allem aber von Herz zu Herz übermittelt wird, ohne auch nur ein einziges Wort aufzuschreiben. Schriftliche Aufzeichnungen können vielleicht helfen, den komplizierten Ablauf zu erinnern, aber sie ersetzen niemals die eigene Erfahrung, die man mit Körper und Geist gemacht hat. Das Sehen ist kein Sehen nur mit den Augen sondern auch mit dem Herzen, dem Geist. Aber auch dann bleibt die Wahrnehmung unvollkommen, wie Meister Dôgen meint:
(Selbst) wenn wir mit Körper und Geist vereint eine Farbe sehen oder mit gesammeltem Körper und Geist eine Stimme vernehmen, so nehmen nehmen wir immer nur einen Teil wahr und wir verdunkeln den anderen. Dies ist niemals wie Etwas das ganz im Spiegel erscheint, niemals wie der Mond im Wasser.
Man sieht immer nur Teilaspekte des Ganzen, auch wenn man mit Körper und Geist vereint, also nicht nur mit den bloßen Augen sieht. Schaut man beim Üben des Teeweges auf die Hände, sieht man vielleicht nicht den Rücken, schaut man auf die Bewegung, sieht man vielleicht nicht die Atmung. Konzentriert man sich auf einzelne Aspekte einer ganzen Teeinladung, versteht man vielleicht nicht den Gesamtzusammenhang. Erst wenn man das Ganze gesehen hat, kann man vollständig sehen. Viele Zusammenhänge bei den komplizierten Abläufen versteht man auch erst, wenn man das Ganze kennt.Meister Dôgen vergleicht die Sicht auf das Ganze mit dem Tautropfen, in dem sich der Mond spiegelt:
Erwachen ist wie die Spiegelung des Mondes im Wasser. Der Mond wird nicht nass, das Wasser bleibt unberührt. Das Licht ist weit und groß, trotzdem spiegelt es sich in einer kleinen Pfütze. Der ganze Mond, ja der ganze Himmel finden im Tau am Gras oder auch nur in einem Tropfen Wasser Platz.
Um die Tiefe des Erwachens und die Höhe auszuloten, erforscht die Länge und Kürze dieses Augenblicks in Ozeanen und Bächen. Beobachtet die Weite und Enge des Himmels und des Mondes.
よし あし いふ は
愚か なりけり
Narawasu ni Yoshiashi iu ha
roka narikeri
Nicht lernen (und den WEG verfehlen):
Törichtes Gut oder Schlecht reden
"... Hier ist wirklich gut sein", sagte der Frosch zu einer Schildkröte vom Ostmeer.
"Will ich mal ausgehen, dann hüpfe ich auf dem Brunnenrand umher; dann komme ich zurück und ruhe mich in den Löchern aus, wo die Ziegeln aus der Brunnenwand herausgebrochen sind. Ich steige ins Wasser, bis es mir zu den Achselhöhlen reicht und es mein Kinn trägt. Wenn ich durch den Schlamm wate, bedeckt er meine Füße und meine Zehen sinken ein. Schaue ichmich um, dann sehe ich Krebse und Kaulquappen, doch keiner könnte es mit mir aufnehmen. Außerdem gehört das ganze Wasser in diesem Loch mir ganz allein und alle Freuden des zerfallenen Brunnen stehen mir zur Verfügung. Das ist wirklich das Größte. Warum schaut ihr nicht einmal herein, mein Herr, und überzeugt euch selbst."
Doch bevor die Schildkröte auch nur den linken Fuß ins Wasser gesetzt hatte, war sie mit dem rechten Knie schon stecken geblieben. . Nachdem sie sich wieder befreit hatte, zog sie sich ein wenig zurück und erzählte dem Frosch dann vom Meer.
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Alsder Frosch in dem zerfallenen Brunnen das hörte, erschrak er so sehr, dass er kaumnch wußte, wie ihm geschah.
Wer gewohnt ist, große Fische zu fangen Lacht über das Gebahren der Frösche. Sie wühlen im Schlamm, Gewichtig, eilig, immer geschäftig; Am Grunde des Brunnens Wähnen sie sich Ehrfurchtgebietend und groß. Bemitleidenswert! - Die Welt der Priester Ist nichts weiter Als ein Brunnenloch. |
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Bei allem Lernen darf man niemals das Ganze aus dem Auge verlieren, dem Verwirklichen des Weges.
Auch Meister Dôgen spricht vom "lernen". Im Kapitel Genjôkôan des Shôbôgenzô heißt es:
Den Buddhaweg ergründen (zu lernen) heißt sich selbst ergründen (zu lernen), sich selbst ergründen heißt, sich selbst vergessen
Dôgen verwendet hier das Verb narau -習, lernen. Das Lernen ist aber kein Erlernen von Regeln. Es geht nicht darum, zu lernen, in der richtigen Weise zu sitzen, zu liegen, zu essen, zu schlafen. Es geht darum, sich selbst zu „lernen“, das heißt aber, sich selbst zu vergessen. Dieses Lernen beinhaltet zwar das Studium der Schriften, es ist aber auch, vielleicht vor allem, die tägliche Praxis der Übungen.